Studenten reden miteinander
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Studentenheimgesetz neu

Bezahlbares Wohnen mit Hindernissen

Ein neues Studentenheimgesetz soll mehr Rechte für Studierende in Sachen bezahlbares Wohnen bringen. Die dafür nötige Novelle will ÖVP-Wissenschaftsminister Heinz Faßmann am Mittwoch im Ministerrat vorstellen. Die ÖH zeigte sich dazu „vorsichtig optimistisch“, kritisierte aber unter anderem, dass es auch künftig keine Heimförderung für Studierendenheime geben wird.

Das geltende Studentenheimgesetz (StudHG) stammt aus dem Jahr 1986 und wurde zuletzt im Jahr 1999 erneuert. Aufräumen will man darum vor allem mit dem veralteten Rechtedschungel, in dem sich Studierendenheime zum Teil befinden, erklärten neben Faßmann auch Hannah Lutz, Bundesvorsitzende der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH), und der Generalsekretär der Akademikerhilfe, Bernhard Tschrepitsch, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Konkret sollen künftig alle Studierendenheime dem StudHG unterstehen – sowohl gemeinnützige wie etwa jene der Akademikerhilfe als auch gewerbliche Studierendenheime, die immer stärker auf den Markt drängen. Denn den Bedarf an Wohnraum für Studierende haben auch längst große Investoren entdeckt, wie eine Recherche von ORF.at kürzlich ergab. „All-in-Miete“ ab 650 Euro pro Monat ist dabei das Minimum, wohingegen Einzelzimmer in gemeinnützigen Heimen schon ab etwa 400 Euro verfügbar sind – bei rechtzeitiger Voranmeldung.

Keine Gesetzeslücken mehr

Wichtig sei die rechtliche Vereinheitlichung der Heime deshalb, da es derzeit durch eine Gesetzeslücke möglich sei, dass Heimbetreiber sich nicht an das StudHG halten müssen und ihre Häuser etwa dem Mietrechtsgesetz unterstellen oder sich im schlimmsten Fall an gar kein Gesetz halten, sagte Lutz. Immer wieder habe die ÖH tätig werden müssen, da manche Heimträger die Situation von Studierenden ausgenützt hätten.

So habe ein Betreiber beispielsweise behauptet, sein Haus sei ein Studierendenwohnheim, de facto sei es aber ein normales Wohnhaus gewesen, das nicht die Kriterien eines Studierendenheims erfüllt habe, erzählte die ÖH-Vertreterin aus ihrer Arbeit. Spekulanten soll nun der Garaus gemacht werden. „Sich nicht an Gesetze zu halten, ist nicht mehr möglich“, zeigte sich Lutz erfreut.

Bernhard Tschrepitsch, Generalsekretär der Akademikerhilfe, Hannah Lutz, VSStÖ-Bundesvorsitzende der ÖH, und Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) bei der Pressekonferenz
Harald Schlossko
Tschrepitsch (l.), Lutz (M.) und Faßmann wollen mit der Novelle eine bessere Rechtssicherheit für Studierende schaffen

Zudem sieht das StudHG einen Mindestschutz für Studierende vor – auch für außerordentliche Studierende und jene von Privatuniversitäten. Verträge sollen künftig eine Erleichterung bei Kautionen sowie bei Kündigungen bringen. Vertragsauflösungen wegen Bagatellgründen sollen nicht mehr vorkommen. „Einmal zu laut und zu lange Party gefeiert“ reiche nicht mehr für eine Kündigung aus dem Heim, sagte Faßmann. Umgekehrt soll die Vertragsdauer flexibler gestaltet werden können, um Studierenden auch unter dem Jahr Ausstiegsmöglichkeiten einzuräumen – etwa wenn sie für einige Zeit ins Ausland gehen.

ÖH fordert mehr als „ein Lippenbekenntnis“

Für die ÖH bedeutet die Neuerung zumindest einen kleinen Schritt in die richtige Richtung, weg von einem einst „zahnlosen“ Gesetz, so Lutz, wenn auch ein großer Brocken ungelöst bleibe: Denn auch mit dem neuen StudHG soll es keine Heimförderung für Betreiber mehr geben. Schon seit 2011 zahlt der Bund keine Förderung mehr an Trägergesellschaften.

Die Abschaffung der Förderung bedauerte auch Tschrepitsch von der Akademikerhilfe. „Wenn wir keine Förderung erwarten können, müssen in den Heimpreisen Rücklagen abgebildet werden“, sagte er. „Deshalb mussten die Preise angehoben werden.“ Das schlug sich zuletzt auch in den Zahlen der Studierenden-Sozialerhebung von 2009 bis 2015 nieder. In diesem Zeitraum stiegen die durchschnittlichen Wohnkosten in einem österreichischen Wohnheim um 26 Prozent. Deshalb forderte Lutz von der Regierung, dass „die Förderung des leistbaren Wohnraums nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt“.

„Haben zu wenig gebaut – auch für Studierende“

„Studentisches Wohnen ist in Zeiten eines angespannten Wohnungsmarktes nicht einfach“, so Faßmann. Ob das Gesetz jedoch wirklich mehr bezahlbare Wohnungen für Studierende zur Folge haben wird, lasse sich durch die Novellierung des StudHG nicht prognostizieren, so Tschrepitsch auf ORF.at-Nachfrage. „Wir sind bemüht, die vorhandene Basis zu erneuern“, sagte er.

Allgemein, ergänzte Faßmann, soll es jedoch schon mehr geförderten Wohnbau in Österreich geben. „Es tut sich was in dem Bereich“, sagte der Wissenschaftsminister, der das Hinterherhinken des Wohnbaus mit dem „Marktphänomen“ wachsender Städte und einer wachsenden Anzahl von Studierenden erklärte. „Wir haben zu wenig gebaut – auch für Studierende“, räumte der Minister ein.

SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl vermisst unterdessen Mittel für den Neubau von gemeinnützigen Heimen, wie sie in einer Aussendung am Dienstag bekanntgab. „Durch die fehlenden Plätze in gemeinnützigen Heimen drängen Wohnungssuchende auf den privaten Markt, was dort wieder die Preise anheizt. Wissenschaftsminister Faßmann ist gefordert, Mittel freizugeben, damit endlich wieder neue Plätze geschaffen werden“, hieß es in der Aussendung.

Nur zehn Prozent wohnen in Studierendenheimen

Etwa 80 Prozent der rund 370.000 Studierenden wohnen laut Studierenden-Sozialerhebung nicht im Elternhaus, doch nur ca. zehn Prozent leben in einem Wohnheim – Tendenz sinkend. Ein überwiegender Teil der Studierenden wohnt in Wohngemeinschaften, Einzelhaushalten oder in einem Haushalt mit dem Partner oder der Partnerin.

Im europäischen Vergleich ist das durchaus ungewöhnlich. In skandinavischen Ländern etwa leben nahezu 40 Prozent der Studierenden in Wohnheimen. Laut ÖH geben Studierende in Österreich rund ein Drittel ihres Budgets fürs Wohnen aus. Derzeit gibt es laut Schätzungen ca. 43.000 Studierendenheimplätze in knapp 300 Heimen in Österreich.