Hauptverband kritisiert Kassenreform

Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger hegt schwere Bedenken gegen die von der ÖVP-FPÖ-Regierung geplante Kassenreform. In einer heute veröffentlichten 62-seitigen Begutachtungsstellungnahme werden die Umwandlung zum Dachverband, das Rotationsprinzip beim Vorsitz und der Entzug von Geldmitteln kritisiert, und es wird auf „verfassungsrechtlich bedenkliche Bestimmungen“ verwiesen.

In der Vorbemerkung zur Stellungnahme, der auch sämtliche Anmerkungen der einzelnen Versicherungsträger beigefügt sind, wird die soziale Sicherheit als verlässlichste Grundlage der Demokratie bezeichnet. „Alle Veränderungen müssen am Nutzen für die Versicherten gemessen werden“, mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf werde das aber nicht erreicht.

„Risikofaktor für die Gesundheit“

Wörtlich heißt es: „Die Reduktion der dem öffentlichen Gesundheitswesen zur Verfügung stehenden Geldmittel, die Reduktion der Aufgaben des Dachverbandes, die Dezimierung der Anzahl der hochqualifizierten und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die ständig wechselnde Leitung des Dachverbands durch das Rotationsprinzip führen zu einer maßgeblichen Schwächung des Gesamtsystems der sozialen Sicherheit. Die vorgesehene übermäßige Staatsaufsicht ist ein verfassungswidriger Eingriff in die Selbstverwaltung.“

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) in Tirol bezeichnete die Reformpläne als „Mogelpackung“ und „Risikofaktor für die Gesundheit“. Verlierer und Verliererinnen der „Zwangsfusion“ seien die Versicherten der Gebietskrankenkassen.

Kärnten will Verhandlungen von Bund

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) befürchtet massive Nachteile durch die geplante Kassenreform für Kärnten. Laut einer Aussendung des Landespressediensts von heute verlangt er Verhandlungen im Rahmen des Konsultationsmechanismus des Finanzausgleichs. Nun müsse der Bund mit Kärnten in jedem Fall weitere Verhandlungen vor einer geplanten Neustrukturierung führen.

„Durch die beabsichtigte Neuorganisation der Sozialversicherung in Österreich würden nicht nur dem Land Kärnten millionenschwere Verluste entstehen“, meinte Kaiser. „Es steht vor allem zu befürchten, dass diese als Reform getarnte Umverteilung von Arbeitnehmern hin zu Arbeitgebern letzten Endes mit schmerzhaften Verschlechterungen in der Gesundheitsversorgung für kleinere und mittlere Einkommen einhergeht.“ Einer Privatisierung der Gesundheitsversorgung werde Tür und Tor geöffnet.

Kaiser sorgt sich unter anderem um jene 218 Millionen Euro jährlich, die durch den Ausgleich unter den Kassen nach Kärnten fließen. Das hohe Niveau der Krankenversorgung sei möglicherweise nicht mehr aufrechtzuerhalten. Durch das Wegfallen des Ausgleichsfonds seien etwa Drogen- und Suchtambulanzen gefährdet. Kaiser kritisierte auch geplante Änderungen in den Verwaltungsgremien und eine Verschiebung von Mitteln zu Privatkliniken.

Unterstützung von ÖVP Burgenland

Unterstützung für die Kassenreform kommt hingegen aus der ÖVP Burgenland, die dazu für die kommende Landtagssitzung einen Dringlichkeitsantrag ankündigte: „Ich glaube, dass es jetzt der Zeitpunkt ist, wo auch aus den Ländern eine Unterstützung für diese wichtige Reform, für dieses wichtige Reformvorhaben kommen muss, damit hier ein klares Signal auch aus den Ländern gesendet wird“, sagte ÖVP-Burgenland-Chef Thomas Steiner.