Kölner Geiselnehmer wollte Brandanschlag verüben

Bei der Geiselnahme auf dem Kölner Hauptbahnhof ist die Stadt am Montag offenbar einem Brandschlag von größerer Zerstörungskraft entgangen. Hätte der inzwischen als Täter identifizierte 55-jährige Syrer seinen Gesamtbestand an Benzin und Gaskartuschen zur Explosion gebracht, wäre bei dem Gewaltverbrechen ein „weitaus größerer Schaden“ entstanden, sagte Kölns Kripochef Klaus-Stephan Becker gestern vor Journalisten.

Wie die Kölner Polizei in der Nacht auf Nachfrage bestätigte, übernahm mittlerweile der Generalbundesanwalt in Karlsruhe die Ermittlungen zu dem Fall. Zuvor hatte bereits der Südwestrundfunk (SWR) unter Berufung auf eine Sprecherin der Behörde berichtet, dass diese die Ermittlungen wegen der besonderen Bedeutung des Falles übernommen habe.

„Immenser Schaden“

Die Ermittler bestätigten zugleich Berichte, wonach an den Gaskartuschen teilweise Stahlkugeln angebracht waren. Bei einer Explosion hätten diese Kartuschen einen „immensen Schaden“ angerichtet, sagte Becker.

Zugleich wurde bekannt, dass die Bundesanwaltschaft in Kürze die Ermittlungen in dem Kölner Fall an sich ziehen dürfte. Es sei damit zu rechnen, „dass wir dieses Verfahren aller Voraussicht nach übernehmen werden“, sagte Markus Schmitt von der obersten Anklagebehörde in Köln. Das würde bedeuten, dass die Ermittler einem Anfangsverdacht auf einen terroristischen Hintergrund der Tat nachgehen.

Menschen liefen in Panik weg

Einen Tag nach der Tat zeigte die Kölner Polizei vor Journalisten einen Videomitschnitt aus dem Schnellrestaurant im Kölner Hauptbahnhof, in dem der Täter gestern Mittag den Brandanschlag begangen hatte. Auf den Bildern sind Menschen zu sehen, die in Panik vor einem großen Feuerball fliehen.

Nach dem Anschlag hatte der Täter einen Großteil des Brandbeschleunigers und der Gaskartuschen in dem Restaurant zurückgelassen und war aus zunächst ungeklärten Gründen in eine benachbarte Apotheke geflohen. Als er dort später eine weibliche Geisel mit einem Feuerzeug anzuzünden drohte, stürmten SEK-Beamte die Apotheke und schossen den Angreifer nieder.

Geiselnehmer im Koma – aber nicht in Lebensgefahr

Nach einer Notoperation befand sich der Mann gestern nicht mehr in Lebensgefahr. Er lag aber im Koma und war für die Ermittler nicht ansprechbar. Bei dem Anschlag und der Geiselnahme wurden ein 14-jähriges Mädchen und die Geisel verletzt. Während die Geisel heute das Krankenhaus verlassen konnte, musste sich die 14-Jährige einer weiteren Operation unterziehen.

Nach Angaben des Kölner Kripochefs ist unterdessen zweifelsfrei erwiesen, dass es sich bei dem Täter um jenen 55-Jährigen handelt, dessen Ausweisdokument am Tatort in der Apotheke gefunden wurde. Der Mann lebt demzufolge seit März 2015 in Deutschland, die meiste Zeit in Köln. Der Mann habe eine Aufenthaltserlaubnis bis Juni 2021.

„Kriminalpolizeilich umfangreich in Erscheinung getreten“

Der Mann sei in der Vergangenheit „kriminalpolizeilich umfangreich in Erscheinung getreten“, sagte Becker. In insgesamt 13 Fällen sei es um Drogen, Diebstahl, Bedrohung, Betrug und Hausfriedensbruch gegangen. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung seien arabische Schriftzeichen mit muslimischem Bezug gefunden worden. Es gebe dabei aber keinen konkreten islamistischen Bezug, insbesondere nicht zur Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).