Bundeskanzler Sebastian Kurz
APA/AFP/Ben Stansall
Kurz

Italiens Budget auch „Gefahr für andere“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Freitag vor Beginn des EU-Asien-Gipfels erneut die Budgetfrage in Italien angesprochen und das Nachbarland hart kritisiert. „Die EU ist eine Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft, die funktioniert, weil es gemeinsame Regeln gibt, an die sich alle halten müssen“, so der Bundeskanzler in Brüssel.

„Wenn man diese Regeln bricht (…), dann bedeutet das, dass Italien sich selbst gefährdet, aber natürlich auch darüber hinaus andere mit gefährdet“, so Kurz weiter. „Wir sind als Europäische Union nicht gewillt, dieses Risiko, diese Schulden für Italien zu übernehmen.“ Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) schlug ähnliche Töne an. „Wir brauchen hier Disziplin und Konsequenz“, so Löger am Freitag. Die EU-Kommission müsse der Regierung in Rom eine eindeutige Antwort geben.

Die EU-Kommission hatte in einem Brief Rom scharf kritisiert. Die für die Einhaltung von EU-Regeln zuständige Behörde beklagt darin schwere Verstöße gegen die Regeln der Euro-Zone. Die Pläne zur Neuverschuldung seien eine „noch nie da gewesene“ Abweichung von den Kriterien des Stabilitätspaktes, schrieben die zuständigen EU-Kommissare.

Der italienische Premier Giuseppe Conte mit Bundeskanzler Sebastian Kurz
Europäische Union/Enzo Zucchi
Kurz und Conte (l.): Italiens Budgetideen stellen laut dem Kanzler eine Gefahr für ganz Europa dar

Streit über Doppelpass

Österreich und Italien liegen derweil über Kreuz mit angedachten Doppelpässen für Südtiroler und Südtirolerinnen. Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bekräftigte diese Woche, dass die Bundesregierung die im Regierungsprogramm vorgesehene Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler umsetzen werde. Auch wenn es „keinen großen Jubel“ gebe, werde man das „im Einvernehmen mit Italien“ realisieren, sagte Strache am Montag bei einer Pressekonferenz der Südtiroler Freiheitlichen in Bozen. Am Sonntag ist in Südtirol eine Regionalwahl.

Die italienische Regierung steht dem österreichischen Doppelpassvorhaben ablehnend gegenüber. Zuletzt meldete sich etwa Innenminister Matteo Salvini diesbezüglich zu Wort. Österreich entscheide, wer die Staatsbürgerschaft bekomme – wie Italien ja auch Kroatien und Slowenien nicht gefragt habe, als es den Italienern dort seine Staatsbürgerschaft gegeben habe, sagte indes Strache.

Italien: Kein Grund für Änderungen

Italien steuert im Haushaltsstreit mit der EU-Kommission auf Konfrontationskurs. Ministerpräsident Giuseppe Conte sagte am Freitag in Brüssel, er sehe keinen Grund, Änderungen an dem Budget für 2019 vorzunehmen. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici erklärte, er wolle die Spannungen mit Italien abbauen und suche trotz der Meinungsverschiedenheiten einen konstruktiven Dialog.

Italien bekam neue Frist

Die EU-Kommission hatte Italien eine Frist bis Montag eingeräumt, um auf die Bedenken zu antworten. Konkret geht es um die geplante Neuverschuldung. Im Budgetvoranschlag, den die aus der rechtspopulistischen Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung bestehende Regierungskoalition nach Brüssel geschickt hat, ist sie dreimal so hoch wie von der EU erlaubt. Dahinter liegt das Problem der italienischen Gesamtverschuldung, die 131 Prozent der Wirtschaftsleistung beträgt. Für die Aufnahme neuer Kredite muss das Land hohe Zinsen zahlen. In den Ländern der Euro-Zone ist dieser Wert nur in Griechenland höher.

Schluss mit Flexibilität

Deutliche Worte fand EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani von der oppositionellen Forza Italia: Das Budget sei „kein gutes“. Es gebe „keine Investitionen, keine Unterstützung für Klein- und Mittelbetriebe, keine Infrastruktur. Nur Staatsbeihilfen. Als italienischer Politiker bin ich dagegen“, so Tajani.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte auf dem EU-Gipfel in Brüssel, man sei „nicht von vornherein negativ gegen Italien eingestellt. Es gibt vier oder fünf oder sechs Länder, wo wir uns an die Regierungen wenden und noch um Zusatzinformationen ersuchen“, so der Luxemburger. Italien habe in den vergangenen Jahren wieder und wieder die Instrumente des europäischen Stabilitätspakts genutzt.

EU-Gipfel: Ärger über Italien

In der EU wird der Ärger über Italien größer. Die neue Regierung in Rom widersetzt sich allen Budgetvorgaben aus Brüssel, die Kommission spricht von einer „beispiellosen Abweichung“ von den Haushaltsregeln.

Nun ist laut Juncker Schluss mit der Flexibilität: „Wir wollen nicht noch weiter flexibel bei existierenden Flexibilitäten werden. Italien hat in den letzten drei Jahren 30 Mrd. Euro mehr ausgegeben, ohne dass es Sanktionen gegeben hat. Wir waren sehr freundlich und positiv bei den italienischen Ausgaben.“

„Je mehr Zeit vergeht, desto schöner finde ich es“

Italiens Premier Conte zeigte sich unbeeindruckt. „Wir wussten, dass dieser Haushalt, den wir für die (…) Bedürfnisse der italienischen Bürger gemacht haben, nicht mit den Erwartungen der EU-Kommission übereinstimmt.“ Aber „je mehr Zeit vergeht, desto schöner finde ich unser Budget“, sagte er. Grund zur Sorge sieht er offenbar nicht: „Die EU wird wahrscheinlich ebenfalls Briefe an Spanien, Frankreich und Portugal senden“, so Conte am Donnerstag. Zugleich kündigte er für Samstag ein Treffen der italienischen Regierung zum Budget und zu Steuerfragen an.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker
AP/Olivier Matthys
Juncker: „Italien hat in den letzten drei Jahren 30 Mrd. Euro mehr ausgegeben, ohne dass es Sanktionen gegeben hat“

Was das Budget betrifft, scheint es nicht nur zwischen Rom und Brüssel, sondern auch regierungsintern Erklärungsbedarf zu geben. Nach heftiger Kritik an einer Amnestie für Steuersünder wies die regierende Fünf-Sterne-Bewegung jede Verantwortung von sich. Das Steuerpaket sei Staatspräsident Sergio Mattarella in einer „manipulierten“ Version vorlegt worden, sagte Vizepremier Luigi di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung.

Ein zahnloser Tiger

Letzten Endes könne Italien seinen umstrittenen Budgetentwurf auch ohne Zustimmung der EU-Kommission umsetzen, berichtet Katharina Wagner. Ein Defizitverfahren wäre eher ein „zahnloser Tiger“.

Der Regierungsentwurf beinhaltet eine Amnestie für Steuersünder, die ihr Kapital ins Ausland gebracht haben, ohne es zu versteuern. Dieser Steueramnestie habe seine Fünf-Sterne-Bewegung nie zugestimmt, sie sei nicht im Haushaltsentwurf enthalten gewesen, den der Ministerrat verabschiedet hatte, sagte Di Maio. Der Koalitionspartner Lega wies die Manipulationsvorwürfe zurück. „Wir sind loyale Personen und manipulieren keine Steuerpakete.“