Israel verschiebt Abriss von Beduinendorf

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Pläne zum umstrittenen Abriss eines Beduinendorfs im Westjordanland eingefroren. „Die Absicht ist es, den Verhandlungen und den Angeboten, die wir von verschiedenen Institutionen, auch in den vergangenen Tagen bekommen haben, eine Chance zu geben“, erklärte Netanjahus Büro heute. Israels Oberster Gerichtshof hatte trotz internationaler Kritik im September grünes Licht für den Abriss der Siedlung Chan al-Ahmar gegeben.

Das Dorf liegt in einem strategisch bedeutsamen Gebiet östlich von Jerusalem. In der Nähe befinden sich israelische Siedlungen sowie eine wichtige Straße zum Toten Meer. Das Dorf hat rund 200 Einwohnerinnen und Einwohner. Die meisten von ihnen leben in ärmlichen Unterkünften aus Wellblech und Holz. Israel argumentiert, das Dorf sei illegal errichtet worden und hatte die Bewohner und Bewohnerinnen zur Räumung ihrer Häuser aufgefordert.

Acht europäische Staaten, darunter fünf Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats, hatten Israel zur Abkehr von den Abrissplänen aufgefordert. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Schweden, Belgien, Polen und die Niederlande warnten in einer gemeinsamen Erklärung, die Zerstörung von Chan al-Ahmar „würde die Realisierbarkeit der Zweistaatenlösung ernsthaft gefährden“.

Israel will Grenzposten zum Gazastreifen öffnen

Vier Tage nach der Schließung kündigte Israel indes die erneute Öffnung der beiden Grenzposten zum Gazastreifen an. Die Übergänge Erez für Personen und Kerem Shalom für Waren seien ab Sonntag wieder geöffnet, teilte das Büro des israelischen Verteidigungsministers Avigdor Lieberman mit.

Lieberman begründete den Schritt mit einem „Rückgang der Gewalt im Gazastreifen“ während des Wochenendes. Überdies habe die in dem Küstenstreifen regierende radikalislamische Hamas am Freitag bei erneuten Protesten an der israelischen Grenze mäßigend auf die Demonstranten eingewirkt. Über die ebenfalls unterbrochene Lieferung von Treibstoff aus Katar werde in einigen Tagen entschieden.

Grenzsperre am Mittwoch verhängt

Israel hatte die Grenzsperre am Mittwoch verhängt, nachdem aus dem Gazastreifen eine Rakete auf die Stadt Beer Scheva im Süden des Landes abgefeuert worden war. Die Hamas hatte den Raketenbeschuss aus ihrem Gebiet jedoch verurteilt. Bei Palästinenserprotesten am Freitag waren Vertreter der Hamas zu sehen, die Demonstranten von Angriffen auf den Grenzzaun abhielten. Seit Ende März kommt es an der Grenze immer wieder zu Protesten und blutigen Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Armee. Mehr als 200 Demonstranten und ein israelischer Soldat wurden dabei getötet.

Israel hat vor Jahren eine Blockade gegen den Gazastreifen verhängt und begründet das mit der Notwendigkeit, die Hamas am Erwerb von Waffen und anderen militärischen Gütern zu hindern. Der einzige andere Grenzübergang des Gazastreifens für den Warenverkehr ist in Rafah an der Grenze zu Ägypten. In den vergangenen Jahren war dieser Übergang meist geschlossen, seit Mitte Mai ist er aber weitgehend wieder offen.