Parlament gedachte „Provisorischer Nationalversammlung“

Mit einer Festsitzung haben Österreichs Parlamentarierinnen und Parlamentarier gestern des ersten Zusammentretens der „Provisorischen Nationalversammlung“ vor genau 100 Jahren und damit der entscheidenden Schritte zur Republiksgründung gedacht.

Die Zeithistorikerin Barbara Stelzl-Marx erinnerte an die Ereignisse des 21. Oktober 1918. Die deutschen Abgeordneten des Reichstags, 208 Männer, traten damals im Niederösterreichischen Landhaus in Wien zusammen. Sie seien sich der historischen Bedeutung dieses Moments durchaus bewusst gewesen: „Auf der Tagesordnung stand nichts Geringeres als die Gründung eines neuen Staates.“

Demokratie als „zerbrechliches Gut“

„Wenn wir uns heute in diesen Minuten an die Tage der Entscheidung 1918 zurückerinnern, wird eines deutlich: Die Demokratie ist ein zerbrechliches Gut, das es nach wie vor permanent zu schützen gilt.“ Von einer Verantwortung, die es weiterzuschreiben gelte, sprach auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP).

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)
APA/Herbert Pfarrhofer

Die Reden der Klubspitzen fielen entsprechend ihrer politischen Verankerung aus. ÖVP-Klubobmann August Wöginger lobte den Mut der Politiker vor 100 Jahren, anstehende Probleme anzugehen und gemeinsame Lösungen zu finden. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner beklagte, dass in der Ersten Republik den Menschen und dem politischen Gegner zu wenig zugehört worden sei.

Walter Rosenkranz (FPÖ) erinnerte daran, dass im Niederösterreichischen Landhaus auch die bürgerliche Revolution im März 1848 ihren Anfang genommen hatte. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger äußerte ihre Sorge um die offene Gesellschaft. Alfred Noll (Liste Pilz) sagte, die Menschen hätten 1918 die Zuversicht gehabt, „dass Änderungen nicht nur notwendig, sondern auch möglich sind“.