Bus des Verdächtigen
AP
US-Paketbombenserie

Verdächtigem drohen 48 Jahre Haft

Dem Verdächtigem, der im Fall der Paketbombenserie in den USA am Freitag verhaftet worden ist, drohen mindestens 48 Jahre Haft. Ihm werden offiziell fünf Vergehen zur Last gelegt, wie Justizminister Jeff Sessions am Freitag in Washington mitteilte. Fingerabdrücke auf einem Kuvert haben laut Angaben die Behörden zum Verdächtigen geführt.

Der 56-jährige Mann aus Florida muss sich unter anderem wegen der „illegalen Versendung von Sprengstoffen“ und „Drohungen gegen frühere Präsidenten“ verantworten, so Sessions. Sessions hatte zunächst gesagt, dem Mann drohten bei einem Schuldspruch 58 Jahre Haft. Sein Büro korrigierte die Zahl später auf 48 Jahre. Weitere Anklagepunkte könnten folgen, die Ermittlungen würden am Anfang stehen, hieß es. Die US-Justizbehörden gehen davon aus, dass es sich bei dem in Florida festgenommenen Mann um den Täter handelt. Er wurde von den US-Behörden als Cesar Sayoc identifiziert.

Insgesamt wurden laut Angaben mindestens 13 Paketbomben abgefangen, die alle keine Attrappen waren, wie betont wurde. Sie bestanden aus PVC-Rohren, Uhren, Batterien und einem explosiven Material. Die Umschläge waren unter anderem an den früheren US-Präsidenten Barack Obama und an die frühere Außenministerin Hillary Clinton versandt worden. Die Fingerabdrücke wurden auf einem Paket an die demokratische Politikerin Maxine Waters entdeckt.

Bus des Verdächtigen
Reuters
Der Bus des Verdächtigen ist mit zahlreichen politischen Aufklebern übersät

Auch weitere dezidierte Gegner von US-Präsident Donald Trump sind Adressaten der von den US-Behörden abgefangenen Pakete, darunter der Trump-kritische Schauspieler Robert De Niro und der Milliardär und Spender für die oppositionellen Demokraten, George Soros. Erst am Freitag tauchten weitere verdächtige Pakete auf, nach weiteren möglichen Sendungen werde noch gesucht, hieß es von den US-Behörden. Laut Anklageschrift sollen in den Paketen auch Bilder der jeweiligen Empfänger mit einem roten Kreuz auf dem Gesicht gefunden worden sein.

Lieferwagen mit politischen Aufklebern

Sayoc soll laut US-Medien eine längere kriminelle Vergangenheit haben. Außerdem soll er Verbindungen nach New York besitzen, heißt es in den Medienberichten, die sich auf eine Einsatzkraft der Exekutive berufen. Der Mann soll weiters eingeschriebenes Mitglied der Republikaner und unter anderem wegen einer Bombendrohung festgenommen worden sein. Ein früherer Anwalt beschreibt ihn gegenüber der Nachrichtenagentur AP als impulsiv.

Fahndungsfoto des Verdächtigen
AFP
Cesar Sayoc wird von den US-Behörden als Verdächtiger geführt

Im US-Fernsehen wurden Bilder gezeigt, in denen ein weißer Lieferwagen vom FBI abtransportiert wird. Auf dem Wagen sind mehrere Aufkleber angebracht, die unter anderem den Kopf von Ex-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton im Fadenkreuz sowie die Porträts von Trump und Vizepräsident Mike Pence zeigen. In dem Bus soll der Verdächtige gelebt haben, nachdem ihn seine Eltern vor die Tür gesetzt hatten.

Aktiv in Sozialen Netzwerken

Laut US-Medien soll sich der Verdächtige in den Sozialen Netzwerken stark für Trump und gegen die US-Demokraten ausgesprochen haben. Er soll auch Verschwörungstheorien gegen den Milliardär George Soros weiterverbreitet haben. Offizielle Angaben gibt es bisher allerdings noch nicht, die Untersuchungen würden noch laufen, hieß es. Sayoc soll am Montag dem Richter vorgeführt werden.

Zu den möglichen Motiven des Mannes wollten Sessions und FBI-Direktor Christopher Wray noch keine Aussagen machen. Dafür sei es noch „zu früh“, so der FBI-Chef. Die US-Behörden würden aber derartige Taten nicht tolerieren, so Sessions weiter, gerade im politischen Bereich. Bei der Pressekonferenz wurde auch ausdrücklich die Zusammenarbeit aller beteiligten Stellen der US-Behörden betont.

Weitere Pakete am Freitag entdeckt

Zu Mittag (Ortszeit) nahm Trump kurz zu der Festnahme Stellung. Er sei „erfreut“, berichten zu können, dass die Exekutive einen Verdächtigen festnehmen konnte. Diese „terrorisierenden Taten“ („terrorizing acts“) seien verabscheuungswürdig und hätten keinen Platz in den USA, so Trump weiter. Er beschwor die Einheit des Landes: „Amerikaner müssen sich vereinigen“, man müsse der „Welt zeigen, dass wir zusammenhalten“.

Gleichzeitig wurde bekannt, dass weitere verdächtige Paketstücke gefunden wurden, unter anderem an die demokratische Senatorin Kamala Harris gerichtet. Eine weitere verdächtige Sendung war an Cory Booker, ebenfalls Senator der Demokraten, adressiert. Abgefangen wurde es nach Angaben des FBI im Bundesstaat Florida. Das Paket sehe ähnlich aus wie die vorherigen verdächtigen Poststücke, hieß es vonseiten der Behörden. Ein weiteres Paket ging laut CNN an den Milliardär Tom Steyer. Am Donnerstag wurde ein Paket an den US-Schauspieler Robert De Niro, zwei an den demokratischen Ex-US-Vizepräsidenten Joe Biden abgefangen.

Einsatzkräfte in New York
APA/AFP/Getty Images/Drew Angerer
Am Freitag mussten die Einsatzkräfte erneut in New York ausrücken

Postzentrum in Florida untersucht

Vor der Festnahme wurde in Florida bereits ein Verteilzentrum durchsucht. Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen bestätigte gegenüber dem Sender Fox, dass einige Päckchen in Florida aufgegeben wurden. In Kreisen der Ermittler hieß es am Donnerstag, die Baupläne für die Sprengsätze stammten aus dem Internet. Mehrere trügen als Absender die Adresse des Büros der demokratischen Abgeordneten Debbie Wasserman Schultz in Florida. Sie war bis 2016 auch Vorsitzende des Democratic National Committee, der nationalen Organisation der Demokraten.

Polizei durchsucht Postzentrum
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Die Polizei durchsucht das Postzentrum nahe Miami

Trump greift Medien an

Auch angesichts der Bombenserie sieht Trump keinen Anlass dafür, seine Rhetorik zu ändern. Er habe seinen Ton bereits abgemildert, sagte er am Freitag auf eine Frage einer Journalistin. Wenn überhaupt, habe er einen Grund dazu, seine Rhetorik noch zu verschärfen, weil die Medien ihn und die Republikaner unfair behandelten. Trump hatte am Mittwoch zunächst sanftere Töne angeschlagen und zum Zusammenhalt aufgerufen, am Donnerstag gab er liberalen Medien eine Mitschuld an den Bomben. Sie vergifteten die Stimmung im Land, schrieb er auf Twitter.

Gefragt, ob es ihn störe, dass der Verdächtige ein Anhänger von ihm sei, sagte der Präsident: „Überhaupt nicht.“ Er verglich die Taten mit dem Attentat auf den republikanischen Kongressabgeordneten Steve Scalise, der im vergangenen Jahr von einem Anhänger des linken Senators Bernie Sanders auf einem Baseballfeld angeschossen und lebensgefährlich verletzt wurde.

Kritiker sahen sich zuletzt in ihren Vorwürfen an den Präsidenten bestätigt, mit seiner Rhetorik die Spaltung der Gesellschaft voranzutreiben. Zumal mit Blick auf einen bevorstehenden Schlüsseltermin: In den USA finden am 6. November Kongresswahlen (Midterms) statt, bei denen unter anderem das 435-köpfige Repräsentantenhaus neu gewählt wird. Trump twitterte zuletzt, der „‚Bomben‘-Kram“ schade dem Wahlkampf der Republikaner.

De Niro ruft zum Wählen auf

US-Schauspieler De Niro rief unterdessen alle Amerikanerinnen und Amerikaner auf, bei den kommenden Kongresswahlen wählen zu gehen. „Es gibt etwas Mächtigeres als Bomben, und das ist deine Wahlstimme“, sagte De Niro. „Die Menschen müssen wählen gehen. Ich danke Gott dafür, dass niemand verletzt wurde, und ich danke den mutigen und findigen Ermittlern dafür, dass sie uns beschützen“, sagte De Niro.