Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis
Reuters/Alik Keplicz
Migrationspakt

Auch Tschechien denkt an Rückzug

Einen Tag nach dem Rückzieher Österreichs beim geplanten Migrationspakt der UNO wendet sich auch der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis gegen das Abkommen. „Mir gefällt dieser Pakt nicht“, sagte er am Donnerstag vor Abgeordneten.

„Niemand außer uns darf entscheiden, wer bei uns lebt und arbeitet“, sagte der Gründer der populistischen Partei ANO laut dem Portal Idnes.cz im Abgeordnetenhaus in Prag. Er werde seinem Koalitionspartner, der sozialdemokratischen CSSD, vorschlagen, sich der Haltung Österreichs und Ungarns anzuschließen, so Babis.

Allerdings zeichnet sich in der Sache ein Streit mit dem Bündnispartner ab. Innenminister Jan Hamacek von der CSSD hatte den Pakt im September im Parlament verteidigt und dabei betont, dass es sich um eine politische Absichtserklärung und nicht um einen einklagbaren Vertrag handle. Babis sagte, er wolle die Angelegenheit mit Hamacek und dessen Parteikollegen und Außenminister Tomas Petricek besprechen. Die tschechische Minderheitsregierung aus ANO und CSSD ist seit Juni an der Macht und wird von den Kommunisten (KSCM) geduldet.

Ungarn und Österreich nicht dabei

Der rechtlich nicht verbindliche „Globale Pakt für Migration“ soll bei einem UNO-Gipfeltreffen am 10. und 11. Dezember in der marokkanischen Stadt Marrakesch unterzeichnet werden. Die rechtspopulistische Regierung in Ungarn kündigte allerdings bereits an, nicht an der Zeremonie teilzunehmen.

Das 34 Seiten starke Dokument soll dazu beitragen, Flucht und Migration besser zu organisieren. Im Juli hatten es alle 193 UNO-Mitgliedsstaaten mit Ausnahme der USA gebilligt. Die Vereinigten Staaten hatten schon 2017 ihre Unterstützung für den Pakt aufgegeben. Bedenken hatten unter anderem auch Polen, Italien, Japan und Australien geäußert.

Die österreichische Regierung ließ am Mittwoch verlautbaren, den Migrationspakt nicht zu unterzeichnen und auch keinen Vertreter nach Marrakesch zu entsenden. Es drohe eine „Vermischung der Suche nach Schutz mit Arbeitsmigration“, gab Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als Grund an.

„Presse“ und „Standard“ kommentieren Nein

„Innenpolitisch ergibt das Nein zum Migrationspakt für Kurz vielleicht taktischen Sinn. Er hätte jedoch aus Staatsraison dem Druck der FPÖ standhalten müssen“, kommentierte die „Presse“ das Nein zum Pakt, denn außenpolitisch erweise die Regierung Österreich keinen guten Dienst, wenn sie sich an die Seite von Orban und Trump stelle. Die Regierung setze den Ruf der Republik als verlässlicher Partner aufs Spiel, wenn sie aus einer Vereinbarung aussteigt, die österreichische Diplomaten namens der EU selbst federführend mitverhandelt haben, so die „Presse“ weiter.

„Der Standard“ schrieb, die Absage habe den politischen Diskurs in Österreich selbst zugespitzt. „Kurz, der bekanntlich einmal Integrationsstaatssekretär war und ganz anders redete“, habe Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Innenminister Herbert Kickl (beide FPÖ) nicht widersprochen, die als Begründung angaben, Österreich sei kein Einwanderungsland. „Damit ist die zentrale Botschaft der FPÖ endgültig im Mainstream angekommen.“

Prag hofft auf „Marshallplan für Afrika“

Tschechien stand mit seiner harten Haltung in der Flüchtlingspolitik schon bisher auf der Linie der Visegrad-Gruppe. Dazu zählen auch Polen, Ungarn und Slowakei. Diese vier Staaten lehnen unter anderem ein System fixer Quoten bei der Verteilung von Asylbewerbern innerhalb der Europäischen Union ab. Ein solcher Plan war daher im Frühjahr verworfen worden.

Babis wiederholte am Donnerstag den klaren Standpunkt seiner Regierung. „Wir werden keine illegalen Migranten akzeptieren, das bleibt aufrecht“, sagte er. Babis hoffe, das Problem der illegalen Migration durch einen „Marshallplan für Afrika“ in den Griff bekommen zu können. Viele Flüchtlinge würden aus ökonomischen Gründen ihre afrikanischen Heimatländer verlassen, erklärte er.

Berlin will gegen Stimmungsmache vorgehen

Das deutsche Außenministerium kündigte unterdessen an, gegen Stimmungsmache gegen den Migrationspakt vorgehen zu wollen. Es gebe Versuche, durch „irreführende Informationen“ die öffentliche Meinung gegen das Abkommen zu mobilisieren, hieß es laut den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Freitag-Ausgaben) aus dem Auswärtigen Amt. Künftig solle Falschmeldungen entgegentreten werden, wie sie unter anderem von der AfD verbreitet würden.

So widerspricht das Auswärtige Amt der Darstellung der AfD, mit einem Beitritt zu dem Abkommen nehme die deutsche Regierung „eine Beschleunigung und Vervielfachung der Zuwanderung in Kauf“. Vorhersagen, wonach sich durch den Migrationspakt die Zuwanderung in bestimmte Länder erhöhen werde, seien „vollkommen unseriös und entsprechen auch nicht der Zielrichtung des Paktes“, hieß es dazu laut RND-Zeitungen im Auswärtigen Amt.