Köchin beim Trennen von Dotter und Eiweis
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Strafen für Unternehmen?

Debatte über Arbeitszeitgesetz neu entfacht

Seit 1. September gilt das neue Arbeitszeitgesetz, das unter anderem den Zwölfstundentag ermöglicht. Nach den ersten Berichten über Unternehmen, die ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unter Druck setzen und sogar kündigen, ist die Debatte neu entfacht. Die ÖVP-FPÖ-Koalition überlegt, das Gesetz nachzuschärfen und droht Unternehmen („schwarze Schafe“) mit Sanktionen.

Das geht aus einem Bericht der „Wiener Zeitung“ (Wochenendausgabe) hervor. ÖVP-Klubchef August Wöginger kündigte gegenüber der Zeitung ein verschärftes Vorgehen gegen jene Betriebe an, die gegen das neue Arbeitszeitgesetz verstoßen. Damit sollen „schwarze Schafe“ abgeschreckt werden. „Man muss über Verschärfungen bei den Strafbestimmungen nachdenken, damit man jene trifft, die das Gesetz nicht einhalten“, wird Wöginger im Zeitungsbericht zitiert. Details sind allerdings offen.

Im Sozialministerium von Beate Hartinger-Klein (FPÖ) gab man sich gegenüber der „Wiener Zeitung“ zu konkreten Maßnahmen für Nachjustierungen noch vorsichtig. „Es gibt diverse Möglichkeiten, die in Überprüfung sind.“ Ein Missbrauch werde aber nicht toleriert, hieß es. Für die SPÖ sei es zwar zu begrüßen, wenn etwas, das nicht funktioniere, repariert werde. Aber: „Das Arbeitszeitgesetz gehört auf Augenhöhe mit den Arbeitnehmervertretern neu verhandelt“, forderte SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch.

SPÖ fordert Neuverhandlungen

„Die Arbeitswelt funktioniert anders, als manche im Parlament glauben", sagte er etwa in Richtung des ÖVP-Klubobmanns Wöginger. Der SPÖ-Sozialsprecher sah sich in der früheren Kritik bestätigt, „dass das Recht auf Ablehnung nichts wert ist“. Bei den Überlegungen zu einer Nachschärfung handle es sich bisher auch lediglich um eine Ankündigung, kritisierte der Sozialdemokrat die Volkspartei und die Freiheitlichen. „Es liegt nichts am Tisch. Zu dem ist es zu wenig, zu sagen, wir wollen etwas korrigieren, was sich gar nicht korrigieren lässt“, sagte Muchitsch.

Die Arbeiterkammer (AK) hatte diese Woche den Fall einer 56-jährigen Hilfsköchin in Wien aufgedeckt, die unter Druck gesetzt und gekündigt worden sein soll. Daraufhin drohte Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Unternehmern mit Sanktionen, wenn sie sich bei der Umsetzung der neuen Arbeitszeitregeln und der Anwendung des Zwölfstundentags nicht an das von der Regierung versprochene Recht auf Freiwilligkeit halten. Konkret heißt es im Gesetz, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen „ohne Angabe von Gründen“ die elfte und zwölfte Stunde ablehnen können. Dieser Passus wurde wegen einer „Scheinfreiwilligkeit“ vor Beschluss des Gesetzes heftig kritisiert.

Vertrag: „Bis zu 60 Stunden leisten zu wollen“

Die „Salzburger Nachrichten“ (Wochenendausgabe) berichteten von einem neuem Fall. Ein großes Hotel im Salzburger Bergland hat einem Bewerber einen Dienstvertrag vorgelegt, in dem es wörtlich heißt: „Der Arbeitnehmer erklärt seine ausdrückliche und freiwillige Bereitschaft, bei Vorliegen erhöhten Arbeitsbedarfs eine Tagesarbeitszeit von bis zu zwölf Stunden und eine Wochenarbeitszeit bis zu 60 Stunden leisten zu wollen.“

Das zeige, wie diese Freiwilligkeit in der Praxis gelebt werde, ärgert sich der Salzburger AK-Präsident Peter Eder über dieses neue Beispiel. Diese zeigt auch noch mehr Brisanz, so die „Salzburger Nachrichten“, sieht der Vertrag doch neben einem Grundgehalt von monatlich 1.620 Euro brutto eine All-in-Pauschale von gerade einmal 32,62 Euro im Monat vor, mit der „Ansprüche, welcher Art auch immer“, abgedeckt seien.

Grafik zeigt die Aufschlüsselung der Arbeitszeitregelung
APA/ORF.at

Für Muchtisch beinhaltet das Arbeitszeitgesetz, wie es derzeit existiere, drei Fouls: Weder sei die Viertagewoche gekommen, noch gebe es mehr Freizeit, und zudem sei die Freiwilligkeit bei der elften und zwölften Stunde „nichts wert in der Praxis“. Im Einvernehmen hingegen hätten Zwölfstundentage schon vor der Gesetzesnovelle funktioniert: Mit Zustimmung von Betriebsrat und Dienstnehmern, wenn dringende Aufträge abzuarbeiten waren, so Muchitsch. „Auf diesem Wege wurde das Arbeits- und Sozialgericht nie beschäftigt.“