Gasflamme einer Ölraffinerie neben einer iranischen Flagge
Reuters/Raheb Homavandi
Iran

„Härteste“ US-Sanktionen in Kraft

Seit 6.00 Uhr MEZ sind die laut US-Außenminister Mike Pompeo „härtesten Sanktionen aller Zeiten“ der USA gegen den Iran in Kraft. Trotz internationaler Proteste werden die Strafmaßnahmen nun durchgesetzt. Sie sollen vor allem die Ölindustrie, den Banken- und Finanzsektor sowie die Transportbranche mit den wichtigen Häfen treffen.

Die USA wollen damit den Iran zwingen, das Atomabkommen von 2015 neu zu verhandeln und schärferen Auflagen zuzustimmen. Außerdem soll die Führung in Teheran Zugeständnisse in der Außenpolitik machen. Der Iran wirft der US-Regierung vor, das Land wirtschaftlich in die Knie zwingen und so einen Regierungswechsel herbeiführen zu wollen.

Ab jetzt will Washington alle Unternehmen hart bestrafen, die sich den einseitig verhängten Sanktionen nicht beugen. Besonders abschreckend soll dabei wirken, dass solche Unternehmen keinen Zugang mehr zum US-Finanzsystem haben werden und damit auch keine Geschäfte in US-Dollar abwickeln können.

Ausnahmen für Griechenland und Italien

Für einige Staaten kündigte Washington jedoch eine Ausnahmeregelung an. Die USA würden Importe iranischen Öls durch Italien, Griechenland, die Türkei, China, Indien, Japan, Südkorea und Taiwan zunächst nicht bestrafen, sagte Pompeo am Montag. Die USA würden ihre Anstrengungen aber fortsetzen, alle Nationen dazu zu bringen, Ölimporte aus dem Iran auf null zurückzufahren.

Zuvor wurde bereits über Ausnahmen für einige Länder spekuliert – für die EU wurde das jedoch nicht erwartet. Südkorea bestätigte schon vor Washington, dass es eine Ausnahmeregelung erzielen konnte. Das asiatische Land zählt zu den größten Importeuren iranischen Öls und befürchtet, dass ein Importstopp die gesamte südkoreanische Wirtschaft stark in Mitleidenschaft ziehen könnte. Die US-Sanktionsregeln lassen Ausnahmen für eine Dauer von bis zu 180 Tagen zu.

Pompeo verweist auf geringere Exporte

Pompeo verwies darauf, dass der Iran bereits jetzt eine Million Barrel Rohöl pro Tag (ein Barrel entspricht in etwa 159 Litern) weniger exportiere. Diese Menge werde weiter sinken. 2018 führte der Iran pro Tag rund 3,8 Millionen Barrel aus. Ölexporte sind die wichtigste Einnahmequelle des Landes.

Demonstration in Teheran gegen die US-Sanktionen
APA/AFP/Atta Kenare
Am Sonntag gab es zahlreiche Proteste gegen die neuen US-Sanktionen

Um zumindest einen Teil der Wirtschaftsbeziehungen zum Iran aufrechtzuerhalten, arbeiten EU-Staaten an einer Zweckgesellschaft, die die Bezahlung von Iran-Geschäften ermöglichen soll, wenn sich private Banken wegen drohender US-Strafen verweigern. Die Zweckgesellschaft könnte zum Beispiel Tauschgeschäfte ermöglichen, bei denen kein Geld fließt. Wann sie ihre Arbeit aufnehmen kann, ist noch unklar. Aus EU-Kreisen hieß es, es gebe schwierige technische, rechtliche und auch politische Fragen zu klären. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici bekräftigte im französischen Radio, dass die Europäische Union mit den Sanktionen nicht einverstanden sei.

Iran will sich über Sanktionen hinwegsetzen

Der Iran kündigte unterdessen an, sich über die neuen Sanktionen hinwegsetzen zu wollen. „Amerika wollte die Ölverkäufe des Iran auf null kürzen“, sagte Präsident Hassan Rouhani am Montag während eines Treffens mit Wirtschaftsexperten, das vom Staatsfernsehen übertragen wurde. „Aber wir werden unser Öl weiter verkaufen, … die Sanktionen brechen.“

Der Iran werde die „illegalen und ungerechten Sanktionen mit Stolz umgehen, weil sie gegen internationale Regeln verstoßen“, sagte Rouhani in der Fernsehansprache. Er sprach von einem „Wirtschaftskrieg“ gegen sein Land. Über US-Präsident Donald Trump sagte Rouhani, noch nie sei jemand im Weißen Haus gesessen, der „ein solcher Gegner von Gesetzen und internationalen Übereinkommen“ sei. Gleichzeitig zeigte er sich prinzipiell gesprächsbereit: „Wenn Sie sich an die internationalen Verpflichtungen ihres Landes halten, haben wir mit Gesprächen kein Problem“, sagte er laut der Nachrichtenagentur IRNA.

Der oberste Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, sagte, die Sanktionen der vergangenen Jahrzehnte hätten den Iran nur unabhängiger und selbstständiger gemacht. In Teheran wirft man den USA vor, es in Wirklichkeit auf einen Sturz der islamischen Regierung abgesehen zu haben. Die US-Regierung bestreitet, einen „Regimewechsel“ im Sinne zu haben, und spricht stattdessen davon, dass sie einen „Wechsel im Verhalten“ der iranischen Führung durchsetzen wolle. Am Sonntag gab es im Iran Massendemonstrationen gegen die Strafmaßnahmen.

Israel dankt für neue Sanktionen

Der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman dankte Trump unterdessen für die neuen Wirtschaftssanktionen. „Präsident Trumps mutige Entscheidung ist der Umbruch, auf den der Nahe Osten gewartet hat“, sagte Lieberman am Montag. „Mit einem einzelnen Schritt versetzen die Vereinigten Staaten der iranischen Verankerung in Syrien, dem Libanon, Gaza, dem Irak und Jemen einen entscheidenden Schlag.“

Scharfer Kurs seit Ende des Atomabkommens

Trump hatte am 8. Mai eines seiner zentralen Wahlversprechen wahr gemacht, indem er den internationalen Atomvertrag im Alleingang aufkündigte – auf Kosten einer schweren Belastung der Beziehungen zu den europäischen Verbündeten.

Das Atomabkommen, zu dessen Mitunterzeichnern China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland gehören, gilt als eines der wichtigsten, wenngleich auch umstrittensten internationalen Abkommen. Darin verpflichtet sich die internationale Gemeinschaft, auf Sanktionen gegen die Islamische Republik zu verzichten. Im Gegenzug soll der Iran unter anderem weitgehend die Anreicherung von Uran unterlassen, sodass die Herstellung von waffenfähigem Nuklearmaterial ausgeschlossen ist.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat dem Iran bisher stets bescheinigt, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Dagegen begründete Trump den Ausstieg unter anderem damit, dass das vom Iran abgegebene Versprechen, nicht weiter an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten, eine Lüge sei. So soll der Iran an der Entwicklung einer ballistischen Rakete gearbeitet haben, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden könnte. Weitere Vorwürfe lauten, dass der Iran im Nahen Osten eine Politik der Destabilisierung verfolge und der größte Finanzier von Terrorismus sei.