Syrische Flüchtlingskinder
APA/AFP/Omar Haj Kadour
Flüchtlingsdeal mit Türkei

EU-Prüfer mahnen Transparenz ein

Für die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen hat die Türkei bisher drei Milliarden Euro von der EU erhalten. Im humanitären Bereich kommt das Geld laut einem am Dienstag veröffentlichten Bericht des Europäischen Rechnungshofes bei den Geflüchteten an. Die Wege dorthin könnten aber transparenter und effizienter sein, mahnt die Behörde.

Im Fokus der Prüferinnen und Prüfer stand unter anderem das größte humanitäre Programm, das die EU bisher auf die Beine gestellt hat – das Emergency Social Safety Net (ESSN), von dem aktuell 1,3 Millionen Flüchtlinge profitieren. Mit einer Zahlkarte können sie Dinge des täglichen Lebens anschaffen oder das Geld bei der Bank abheben. Pro Monat stehen ihnen umgerechnet rund 30 Euro zur Verfügung. Die Kosten für dieses Projekt schlagen mit etwa einer Milliarde Euro zu Buche.

Das Geld sei bei den Menschen angekommen, das wisse man von Untersuchungen in der Türkei, so die Dänin Bettina Jakobson vom EU-Rechnungshof. Eine lückenlose Überprüfung des Projekts durch ihre Behörde sei aber nicht möglich gewesen. Der Grund: Die Registrierung von Flüchtlingen, die Anspruch auf die ESSN-Karte haben, obliegt dem türkischen Ministerium für Familien und soziale Angelegenheiten. Bisher verweigert die Behörde die Weitergabe dieser detaillierten Informationen an die EU-Kommission und den Rechnungshof – aus Datenschutzgründen, wie es heißt.

Prüfung „von der Wiege bis ins Grab“

Das Abkommen zwischen der EU und der Türkei trat 2016 in Kraft. Die Türkei verpflichtete sich, Flüchtlinge von der Weiterreise in die EU abzuhalten. Im Gegenzug erhält das Land von der EU und den Mitgliedsstaaten insgesamt sechs Milliarden Euro für die Unterbringung der Menschen. Die Hälfte dieser Summe wurde bereits für die Jahre 2016 und 2017 gewährt. Der Großteil der geförderten Projekte wird von Hilfsorganisationen an Ort und Stelle umgesetzt.

Flüchtlingslager in der Türkei
Reuters/Umit Bektas
Vier Millionen Flüchtlinge – die meisten von ihnen aus Syrien – leben derzeit in der Türkei

Im Juni diesen Jahres gaben die EU-Staats- und Regierungsspitzen die zweite Tranche frei. Das Zeitfenster für die Kommission, einen verstärkten Datenaustausch sicherzustellen, sei deshalb günstig, so Jakobson. Denn: Auch wenn die Gelder ankommen, müsse man aus Behördensicht eine „Warnung“ ausschicken, sagt die Prüferin. Man wolle „von der Wiege bis zum Grab prüfen“. Sprich: Von der Registrierung der Leistungsberechtigten bis hin zu den monatlichen Zahlungen.

Luft nach oben sieht der Europäische Rechnungshof auch in Sachen Effizienz. In ihrem Bericht weisen die Prüferinnen und Prüfer auf die hohen Verwaltungskosten für das ESSN hin. Es hätten sich keine Hinweise gefunden, dass diese Kosten angemessen seien, heißt es dazu im Bericht. Bei großen Projekten sollte man stets die Verwaltungsgebühren im Blick behalten, sagt Jakobson. So ließe sich sicherstellen, dass der Großteil des Geldes auch wirklich an die Flüchtlinge gehe.

Infrastrukturausbau nötig

Gefördert wurden auch Projekte im Gesundheits- und Bildungsbereich. In Letzterem werden in der Türkei in den kommenden Jahren Milliardeninvestitionen notwendig. Unter den vier Millionen Geflüchteten, die derzeit in der Türkei leben – der Großteil von ihnen stammt aus Syrien – sind nach Schätzungen der türkischen NGO Support to Life 1,5 Millionen Kinder im schulpflichtigen Alter. Das mache den Bau von 1.000 neuen Schulen nötig.

Weitere EU-Mittel hätten laut Rechnungshof in den Ausbau der kommunalen Wasserversorgung und Abwassersysteme fließen sollen. Laut Bericht spießt es sich in diesem Bereich allerdings an unterschiedlichen Zielsetzungen zwischen der EU-Kommission und den türkischen Behörden.