Union Jack und EU-Flagge
APA/AFP/Emmanuel Dunand
London bestätigt

Entwurf für „Brexit“-Deal steht

Die „Brexit“-Unterhändler Großbritanniens und der EU haben sich auf den Text eines Austrittsabkommens geeinigt. Das bestätigte die britische Regierung am Dienstag. Am Mittwoch will London über das Abkommen abstimmen. Ein EU-Diplomat warnte jedoch, die Verhandlungen seien noch nicht abgeschlossen.

Am Mittwoch um 15.00 Uhr würden die EU-Botschafterinnen und –Botschafter der verbleibenden 27 EU-Länder über den derzeitigen Stand der „Brexit“-Verhandlungen informiert, hieß es aus Ratskreisen gegenüber ORF.at. „Die Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich über ein Austrittsabkommen laufen noch und sind nicht abgeschlossen“, teilte ein Sprecher des irischen Außenministers Simon Coveney mit. Zuvor hatten britische und irische Medien berichtet, dass Unterhändler der EU und Brüssel nach monatelangen Verhandlungen auch in der heiklen Nordirland-Frage eine Einigung erzielen konnten.

Es soll Insidern zufolge eine Absicherung geben, die die Rückkehr von Kontrollen an der Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland nach dem „Brexit“ vermeiden soll. Der Punkt würde Großbritannien zusammen mit Nordirland vorübergehend in einer Zollunion mit der EU halten – und Nordirland im EU-Binnenmarkt.

Scharfe Kritik von „Brexit“-Hardlinern

Premierministerin Theresa May lud ihre Minister am Dienstagabend zu Einzelgesprächen in den Regierungssitz ein, um ihnen Einblick in das mehrere hundert Seiten umfassende Entwurfsdokument zu geben. Die eigentliche Hürde für ein „Brexit“-Abkommen dürfte aber im Parlament in London liegen. Abgeordnete der nordirischen DUP und aus Mays Konservativer Partei drohten damit, den Deal durchfallen zu lassen, sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Die DUP sträubt sich gegen jegliche Sonderbehandlung Nordirlands. Die „Brexit“-Hardliner bei den Konservativen fordern, dass der Backstop nur für eine begrenzte Zeit gelten darf.

Primosch (ORF) über die „Brexit“-Einigung

London bestätigt, dass es zu einem Durchbruch bei den „Brexit“-Gesprächen zwischen der EU und Großbritannien gekommen ist. Korrespondentin Cornelia Primosch spricht über die Details des Entwurfs.

Noch am Dienstag musste die Regierung im Parlament klein beigeben, um eine Abstimmungsniederlage zu verhindern. Die Labour-Opposition forderte die Veröffentlichung eines Rechtsgutachtens zu dem geplanten „Brexit“-Abkommen, die nordirisch-protestantische DUP unterstützte diese Forderung. Mays Minderheitsregierung ist auf die Stimmen der DUP angewiesen. Sie kündigte an, das Gutachten zumindest teilweise zugänglich zu machen.

Sondergipfel im November?

Eine Einigung muss spätestens im Dezember stehen, um die Ratifizierung durch die Parlamente auf beiden Seiten rechtzeitig vor dem „Brexit“-Datum zu ermöglichen. Ein für November geplanter EU-Sondergipfel zum Abschluss der Verhandlungen wurde deshalb bis auf Weiteres verschoben.

Der britische Vizeregierungschef David Lidington sagte dem Sender BBC am Dienstag, dass eine Einigung bis Mittwochabend „noch möglich, aber nicht sicher“ sei. Bis dahin müsste nach Angaben britischer Vertreter das Abkommen stehen, damit Brüssel noch einen Sondergipfel für diesen Monat einberufen könnte. Ansonsten werde der Abschluss bis Mitte Dezember verzögert. May bliebe dann nur wenig Zeit, um die Vereinbarung bis zum 29. März durchs Unterhaus zu bekommen.

EU erhöhte mit Notfallplan Druck

Zuvor hatte Brüssel London mit einem veröffentlichten „Brexit“-Notfallplan weiter unter Druck gesetzt. Dieser enthielt eine Reihe an Maßnahmen – mitunter zu Visafragen, dem Luftverkehr und Zöllen –, sollten die Verhandlungen mit Großbritannien scheitern. Finanzdienstleistungen, Hygiene- und Pflanzenvorschriften, die Übermittlung personenbezogener Daten und die Klimapolitik nannte die EU-Kommission als weitere Gebiete im Notfallplan.

„Wir arbeiten sehr hart daran, eine Vereinbarung mit dem Vereinigten Königreich zu erzielen“, sagte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans in Straßburg. „Wir machen Fortschritte, aber wir sind noch nicht am Ziel.“ Es sei die Pflicht der EU, sich „auf alle Ergebnisse“ der „Brexit“-Verhandlungen vorzubereiten.