Israels Premier Netanjahu
Reuters/Abir Sultan
Netanjahu unter Druck

Israels Premier sagt Wien-Besuch ab

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat seinen geplanten Wien-Besuch für kommende Woche anlässlich einer hochrangigen EU-Konferenz gegen Antisemitismus wegen der innenpolitischen Turbulenzen in Israel abgesagt. Das berichteten israelische Medien am Donnerstagabend unter Berufung auf einen Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem.

In Wien wurden diese Berichte noch nicht bestätigt. Netanjahus Besuch wäre der erste eines israelischen Regierungschefs in Wien seit dem Jahr 1997 gewesen. Nach dem Rücktritt von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman kämpft Netanjahu aber um den Bestand seiner fragilen Regierungskoalition. Am Donnerstag verschärfte sich die Krise, weil der Chef der Siedlerpartei, Naftali Bennett, Anspruch auf den wichtigen Kabinettsposten erhob.

Lieberman, Vorsitzender der ultranationalistischen Partei Israel Beitenu, war aus Protest gegen den von Netanjahu mit der radikalislamischen Hamas eingegangenen Waffenstillstand im Gazastreifen zurückgetreten. Israelischen Medienberichten zufolge könnte dieser Waffenstillstand durch Vermittlung des österreichischen Unternehmers Martin Schlaff zustande gekommen sein. Der „persönliche Freund“ Liebermans habe „eigene Vorschläge“ eingebracht, um die Waffenruhe zu erzielen, berichtete der zweite israelische Fernsehkanal am Donnerstagabend.

„Kapitulation vor Terror“

Lieberman sagte am Mittwoch vor Medien, die Waffenruhe sei eine „Kapitulation vor dem Terror“. Lieberman rief die anderen Fraktionen in der Regierung dazu auf, möglichst rasch Neuwahlen abzuhalten. Regulär steht die nächste Wahl erst in einem Jahr an. Ein Vertreter von Netanjahus Likud-Partei lehnte das jedoch ab.

Es gebe „keine Verpflichtung zu Wahlen in dieser für die Sicherheit sensiblen Zeit“, sagte der Regierungsvertreter. Seinen Angaben zufolge übernimmt Netanjahu vorübergehend die Amtsgeschäfte des Verteidigungsministers. Seit 2015 hat er bereits das Amt des Außenministers inne.

Hamas feierte Rücktritt als „Sieg“

Die Hamas feierte unterdessen Liebermans Rücktritt. In einer Stellungnahme sprach die Organisation am Mittwoch von einem „Sieg“. Die von Lieberman kritisierte Waffenruhe hatten die militanten Palästinenserorganisationen im Gazastreifen zuerst nach schwerem gegenseitigen Beschuss am Dienstagabend einseitig verkündet. Nach israelischen Medienberichten wies die Regierung nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts die Armee an, sich ebenfalls an die Waffenruhe zu halten. „Unsere Feinde haben um eine Waffenruhe gebettelt“, kommentierte Netanjahu die Feuerpause am Mittwoch.

Lieberman kritisiert Regierung als zu „lasch“

Lieberman kritisierte die Linie der Regierung in der Palästinenserfrage als zu „lasch“. Zu der Waffenruhe im Gazastreifen sagte er: „Wir kaufen uns Ruhe für eine kurze Zeit und schaden dabei der nationalen Sicherheit.“ Der israelische Wähler müsse nun entscheiden, „was die richtige Linie ist“. Die stellvertretende israelische Außenministerin Zipi Hotoveli sagte zu Liebermans Rücktritt: „Niemand ist traurig, dass er zurückgetreten ist. Die am weitesten rechts stehende Regierung kann auch ohne ihn funktionieren.“

Antisemitismuskonferenz in Wien

Netanjahu wurde erst vergangene Woche als Gast in Wien von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigt. Neben der Teilnahme an der Antisemitismuskonferenz waren auch bilaterale Gespräche geplant. An der Konferenz werden hochrangige Vertreter von jüdischen Gemeinden weltweit und Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft teilnehmen.

Ein Treffen mit der FPÖ wurde ausgeschlossen: „Selbstverständlich“ werde Netanjahu keine FPÖ-Vertreter treffen. Das berichtete der „Standard“ (Freitag-Ausgabe) in Bezug auf ein Schreiben der Israelitischen Kultusgemeinde (IGK) in Wien. Auch gegenüber FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl wäre die „No-Contact-Policy“ aufrecht geblieben.