Protestschild einer Demonstrantin zeigt die Silhoutte eines U-Boots
AP/Esteban Felix
Argentinien

Verschollenes U-Boot entdeckt

Das schwerste Unglück der argentinischen Seefahrt steht womöglich kurz vor der Aufklärung: Seit einem Jahr fehlte von der „ARA San Juan“ jede Spur – jetzt hat eine Suchmannschaft das U-Boot der argentinischen Marine in den eisigen Tiefen des Südatlantiks entdeckt. Das Schiff sei von der privaten Firma Ocean Infinity rund 460 Kilometer von der Küste entfernt geortet worden, teilte die Marine mit.

Das Schiff sei in einer Tiefe von 907 Metern entdeckt worden, sagte der Kommandant der Marinebasis Mar del Plata am Samstag vor Angehörigen der Seeleute. „Die Hülle ist noch in einem Stück, sie ist total deformiert und implodiert, aber ohne nennenswerte Risse“, erklärte Kapitän Gabriel Attis. Abgerissene Teile des U-Boots seien in einem Radius von 70 Metern um das Wrack gefunden worden.

Die „ARA San Juan“ war am 15. November 2017 mit 44 Seeleuten an Bord auf der Fahrt von Ushuaia im äußersten Süden Argentiniens nach Mar del Plata verschwunden. Zuvor hatte es technische Probleme an Bord gegeben. Zudem wurde in der Nähe der letzten bekannten Position des U-Boots eine Explosion registriert.

Archivbild des U-Boots ARA San Juan
AP/Argentina Navy/Argentina Navy
Die „ARA San Juan“ auf einem Archivbild – das Aufnahmedatum ist unbekannt

„Teil der Wunde wird sich schließen“

„Ab heute wird sich ein Teil der Wunde schließen“, sagte Isabel Polo, die Schwester eines Seemanns, am Samstag im TV. Jorge Villarreal, der Vater eines weiteren Besatzungsmitglieds, sagte: „Jetzt wissen wir, wo unsere Kinder sind. Wir wollen ihnen den Abschied bereiten, den sie verdienen. So können wir Frieden finden.“

Die „ARA San Juan“ war gegen illegale Fischerei am Außenrand der Wirtschaftszone Argentiniens im Südatlantik im Einsatz gewesen. Die Grenze der Wirtschaftszone verläuft am Kontinentalsockel entlang, bei dem die Meerestiefe von 200 auf bis zu 3.000 Meter abfällt. Das Wrack sei nun vor dem Golf von San Jorge und südlich von Mar del Plata entdeckt worden, wie die Zeitung „La Nacion“ berichtete.

Kritik an der Regierung

Dort war bisher bei der Suche nichts gefunden worden. Allerdings hatten die Angehörigen der vermissten Seeleute darauf gedrängt, an dieser Stelle noch einmal zu suchen. „Ich fühle Erleichterung, aber auch Trauer und Unsicherheit“, sagte Luisa Rodriguez, die Mutter eines Besatzungsmitglieds, am Samstag. „Wir fühlen uns alleingelassen von der Regierung, vom Präsidenten, von (Verteidigungs-)Minister (Oscar Raul) Aguad.“

Suche stand kurz vor Abbruch

Nach einer wochenlangen erfolglosen Suche der Streitkräfte nach dem Unglück im vergangenen Jahr hatte die Regierung zuletzt das Unternehmen Ocean Infinity engagiert, um die Suche fortzusetzen. Die US-Firma war bereits kurz davor, die Suche abzubrechen, weil die vertraglich festgelegten 60 Einsatztage beinahe ausgeschöpft waren. Für den Fund des U-Boots soll Ocean Infinity nun 7,5 Millionen US-Dollar (6,5 Mio. Euro) erhalten.

Die „ARA San Juan“ mit einer Kiellänge von 65 Metern wurde im Auftrag der argentinischen Kriegsmarine von den damals dem Thyssen-Konzern gehörenden Nordseewerken in Deutschland gebaut und 1985 in Dienst gestellt. Das U-Boot mit einem dieselelektrischen Antrieb war für Tauchfahrten bis 300 Meter Tiefe ausgelegt. Offenbar war es an Bord zu einer Explosion gekommen und das Schiff darauf gesunken.

Versprechen an erstem Jahrestag

Noch am Donnerstag hatte der argentinische Präsident Mauricio Macri am ersten Jahrestag des Verschwindens des U-Boots versprochen: „Wir werden nicht aufgeben. Wir werden weitersuchen, bis wir es finden.“

Trauer am Jahrestag

Die Zeremonie zum Jahrestag des Unglücks war von der Trauer der Angehörigen beherrscht. Auch nach der Ortung des Wracks ist die Bergung der Leichen ungewiss.

Die Familien der Seeleute litten im vergangenen Jahr vor allem unter der Ungewissheit über den Verbleib ihrer Angehörigen. Nach der Entdeckung des Wracks schwanken sie nun zwischen Erleichterung, Trauer und Wut. „Ich will wissen, was passiert ist“, sagte Oscar Vallejos, der Vater eines der Soldaten, im Fernsehsender C5N. „Sie wussten schon, wo sie sind, und haben gewartet, bis ein Jahr vergangen ist. Ich habe meine Zweifel. Welch ein Zufall.“

Bergung der Leichen ungewiss

Ob das U-Boot und die Leichen der Seeleute aus 900 Metern Tiefe geborgen werden können, ist noch unklar. „Wir glauben, dass es sehr schwierig ist“, zitierte die Zeitung „Clarin“ aus Kreisen des Verteidigungsministeriums.

Die Familien aber wollen ihre Angehörigen beerdigen und fordern eine umfassende Aufklärung des Unglücks. „Wir wollen, dass das U-Boot an die Oberfläche geholt wird. Wir wollen die Wahrheit wissen, und die Justiz soll klären, wer dafür bezahlen muss“, sagte Juan Aramayo, der Vater eines weiteren Besatzungsmitglieds.