Gewalt gegen Frauen und Mädchen steigt

Die Zahl der Anzeigen wegen Gewalt gegen Frauen in Österreich steigt. Im Vorjahr waren 77 Frauen oder Mädchen Opfer eines Mordes oder Mordversuchs, 32 Frauen wurden heuer bereits ermordet. Mit diesen Zahlen liegt Österreich europaweit an der Spitze. Auch die Anzeigen wegen Vergewaltigung und wegen sexuellen Missbrauchs stiegen im Vorjahr auf knapp 1.300.

Ein großer Teil der Fälle ereignet sich innerhalb der Familie. Laut Volksanwältin Gertrude Brinek wurden im vergangenen Jahr fast 19.000 Menschen Opfer familiärer Gewalt.

„Wenig Wissen“ in der Bevölkerung

„Zahlreiche aktuelle Studien belegen einerseits die schwerwiegenden Folgen für das Leben der von Gewalt Betroffenen, zeigen aber andererseits auch auf, wie wenig Wissen es in der Bevölkerung zu Gewalt an Frauen und Kindern gibt“, sagte Brinek gestern bei einer Pressekonferenz in Wien.

Nur jede fünfte Frau weiß laut einer aktuellen Studie, an welche Einrichtungen sie sich im Fall einer Gewalttat wenden könne. Aus diesem Grund seien Bewusstseins- und Aufklärungskampagnen notwendig.

Kritik an mangelnder Umsetzung der Gesetze

Laut Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, gibt es in Österreich zwar gute Gesetze, jedoch müssen diese auch „im Sinne des Opferschutzes angewandt werden“, sagte sie.

Zudem würden Kinder im Nachhinein viel zu wenig berücksichtigt werden, schon gar nicht, wenn sie nicht direkt von der Gewalt betroffen waren. Sie brauchten eine bessere Unterstützung und sollten einbezogen werden, wenn es um ihre Zukunft und die ihrer Eltern gehe.

Mehr Präventionsmaßnahmen gefordert

Um das Thema für jeden fassbar zu machen, veranstaltet Andrea Berzlanovich, Professorin vom Institut für Gerichtsmedizin, ab 26. November eine Ringvorlesung mit dem Titel „Eine von fünf“. Zu Wort kommen Vortragende aus verschiedenen Berufsfeldern. Damit möchte Berzlanovich eine breite Öffentlichkeit zum Nachdenken und Handeln anregen.

Damit die Gewalt in Zukunft abnimmt, forderten alle drei Frauen, dass die Präventionsmaßnahmen im gesamten Bildungssystem, in Vereinen und auch in Bezirken und Gemeinden verstärkt werden. Zudem soll es mehr Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche geben, und Einrichtungen zum Opferschutz und zur Beratung von Männern sollen enger zusammenarbeiten.

Wichtig sei es aber auch, dass Gesundheitsfachkräfte gewaltbedingte Verletzungen und Beschwerden als solche erkennen, diese sensibel ansprechen, gut dokumentieren und den Betroffenen weiterführende Einrichtungen vermitteln.