Polen hebt Zwangsruhestand von Richtern auf

Polens Regierung folgt einer Anordnung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und hebt umstrittene Zwangspensionierungen oberster Richter zunächst wieder auf. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) legte heute im Warschauer Parlament einen entsprechenden Gesetzesentwurf vor, der den rechtlichen Status zwangspensionierter Richter ändern und ihnen den Dienst wieder erlauben soll.

Allerdings waren die betroffenen Juristen bereits nach dem EuGH-Beschluss am 19. Oktober wieder zur Arbeit zurückgekehrt. Damals ordnete der EuGH in Luxemburg einstweilig an, umstrittene Zwangspensionierungen sofort zu stoppen und rückgängig zu machen.

Pensionsantrittsalter gesenkt

Hintergrund war ein umstrittenes Gesetz, mit dem Polens Nationalkonservative das Pensionsantrittsalter oberster Richterinnen und Richter von 70 auf 65 Jahre herabgesenkt und dadurch Kritikerkreisen zufolge mehr als 20 missliebige Juristen in den Ruhestand geschickt hatten. Darunter befand sich auch die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Malgorzata Gersdorf. Die EU-Kommission sah die Unabhängigkeit der Justiz bedroht und klagte gegen das Gesetz.

Laut PiS-Regierung kommt Polen mit neuen Gesetzesänderungen dem EuGH-Beschluss nach. Zu den geplanten Maßnahmen hatte Warschau bereits zu Wochenbeginn einen Bericht in Brüssel vorgelegt. Er hob die Sorge der Kommission jedoch nicht auf.

Brüssel bleibt besorgt

Vizepräsident Frans Timmermans warnte gestern vor "einer „Beschleunigung der Umsetzung der umstrittenen Pensionierungsregelung“ und forderte Warschau auf, schnellstens den Kurs zu ändern und mit Brüssel ins Gespräch zu kommen. Die Kommission kritisiert seit 2016 den Umbau der polnischen Justiz und leitete 2017 ein Rechtsstaatsverfahren ein, was als schärfste Waffe gegen Regelverstöße von Mitgliedsstaaten gilt.