Zug der ÖBB im Hauptbahnhof Wien
ORF.at/Christian Öser
Bahn-KV-Streit

Neues Angebot soll Streik noch abwenden

Am Tag vor dem angekündigten Warnstreik bei ÖBB und Westbahn versuchen alle Seiten in Stellungnahmen, ihre Position abzusichern und zu verteidigen. Die ÖBB-Führung sprach sogar davon, ein Streik ließe sich noch abwenden. Erreicht werden soll dieses Ziel mit einem „verbesserten Angebot“ – ob sich die Gewerkschaftseite mit diesem zufrieden gibt, wird sich in laufenden Gesprächen klären.

Die Aufnahme neuer Gespräche wurde am Sonntag dem ORF-Radio zunächst vonseiten der ÖBB bestätigt. Konkret habe es sich anfangs um Sondierungen einer Sozialpartner-Expertenrunde gehandelt – für den Abend sei dann noch ein Vier-Augen-Gespräch zwischen dem Chef der Gewerkschaft Vida, Roman Hebenstreit, und dem Arbeitgeber-Chefverhandler Thomas Scheiber auf der Agenda gestanden.

Ein Streikabsage könne sich zeitlich noch ausgehen, wie Scheiber gegenüber dem Ö1-Abendjounal sagte – zunächst gehe es aber darum, überhaupt einen inhaltlichen Rahmen für eine mögliche weitere Verhandlungsrunde abzustecken. Von Gewerkschaftsseite wurde festgehalten, das die Arbeitgeberseite den Streik jedenfalls nicht alleine absagen könne – notwendig sei vielmehr ein annehmbares Verhandlungsergebnis und zwar noch vor dem geplanten Streikbeginn um 12.00 Uhr.

Offenbar auf lange Verhandlungsnacht eingestellt

Schauplatz der Gespräche ist erneut die Zentrale der Wirtschaftskammer in Wien-Wieden. Dort fanden bereits die bisher acht Verhandlungsrunden zum Kollektivvertrag der rund 40.000 Eisenbahner statt. Die Arbeitgeber wollen den Streik unbedingt verhindern. Die ÖBB befürchten im schlimmsten Fall österreicheite Zugausfälle. Beide Seiten hatten zuletzt betont, auch kurzfristig verhandlungsbereit zu sein.

Ob sich eine Einigung bis Montag noch ausgeht, bleibt dennoch fraglich. Dem Vernehmen nach seien beide Verhandlungsparteien auf eine lange Nacht eingestellt. Gleichzeitig laufen laut vida die Streikvorbereitungen „weiter wie gehabt“.

„Substanziell verbessertes Angebot“

Beim Versuch den von der Gewerkschaft für Montag geplanten Bahnstreik abzuwenden, setzen die Arbeitgeber alles auf eine Karte. Chefverhandler Scheiber kündigte am Sonntagabend ein „substanziell verbessertes Angebot“ an. Erklärtes Ziel sei, „die morgige Beeinträchtigung für unsere Kunden zu verhindern“. Das Angebot werde auch schriftlich überreicht, damit es keinen Interpretationsspielraum geben kann, „und dann hoffen wir auf konstruktive, lösungsorientierte und zielführende Gespräche“.

ÖBB kritisierten Gewerkschaft

Vor den neuerlichen Gesprächen hatten sich alle Seiten nochmals in Position gebracht. Die ÖBB betonten, das Streikrecht keinesfalls infrage zu stellen, kritisieren aber, dass Mitarbeiter und Fahrgäste in die Auseinandersetzung hineingezogen würden. „Darüber hinaus finden wir es unverantwortlich, dass wir nach wie vor keine konkreten Informationen erhalten und somit tausende Fahrgäste nicht rechtzeitig im Detail über Zugausfälle und Alternativen informieren können“, übte ÖBB-Kommunikationschef Sven Pusswald Kritik an der Gewerkschaft vida. Gerade in sicherheitsrelevanten Bereichen sei es wichtig zu wissen, wer sich am Streik beteiligt.

Die vida schrieb am Wochenende indes einen offenen Brief an den Westbahn-Gesellschafter Hans-Peter Haselsteiner. Anlass ist das Rundmail der Westbahn-Geschäftsführung mit der Aufforderung an die Mitarbeiter, dem Streikaufruf nicht Folge zu leisten. Vida-Chef Hebenstreit forderte Haselsteiner auf, dazu Stellung zu nehmen. „Derartig Widerwärtiges schafft ein Klima voll von Angst und Schrecken. Das muss nicht sein, und dafür standen Sie nie“, heißt es in dem Schreiben.

Verwirrung um Westbahn bei Warnstreik

Unklar ist jedenfalls noch, ob der Warnstreik auch auf den Zugsverkehr bei der Westbahn Folgen haben wird. Die Gewerkschaft vida teilte am Samstag mit, dass sich der Westbahn-Betriebsrat dem Warnstreik angeschlossen habe. Doch die Westbahn-Führung betonte, dass die Züge unterwegs sein würden – mehr dazu in wien.ORF.at.

Züge von Westbahn und ÖBB
ORF.at/Christian Öser
Der Kollektivvertrag gilt für beide Bahnbetreiber

Auch S-Bahn betroffen

Kommt es nicht in letzter Minute zu einer Einigung und der Warnstreik wird noch abgeblasen, müssen sich auch S-Bahn-Fahrgäste am Montag auf Probleme einstellen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Abzuwarten bleibt jedenfalls, ob es am Montag zu einem Verkehrschaos kommen wird. Die Staus im Pendlerverkehr könnten stärker sein, falls einige Bahnpendler sicherheitshalber zum Auto wechseln sollten. Wird tatsächlich gestreikt, werde es nach Angaben aus der Ö3-Verkehrsredaktion auch nach Beendigung der Arbeitsniederlung noch länger dauern, bis sich der gesamte Bahnverkehr wieder normalisiert – egal, ob im Nah- und im Fernverkehr.

Schneefall zum Wochenstart

Zum Wochenstart sind Regen und Schneefall bis in tiefe Lage prognostiziert. Am meisten wird es von Salzburg ostwärts regnen und schneien. Im Mühl- und Waldviertel kann es schon von der Früh weg schneien, sonst sinkt die Schneefallgrenze im Tagesverlauf auf 1.200 bis 500 Meter. Am Abend kann es im gesamten Bereich von Salzburg bis Wien winterlich werden. Nur wenig Regen und Chancen auf ein bisschen Sonne gibt es im Westen, und auch im Süden wird der Regen am Nachmittag deutlich weniger – mehr dazu in wetter.ORF.at.

Acht Verhandlungsrunden

Bahngewerkschaft und Arbeitgeber haben inzwischen acht Verhandlungsrunden für einen neuen Kollektivvertrag ohne Einigung hinter sich gebracht. Die Arbeitgeber bieten nach eigener Berechnung drei Prozent mehr Lohn, die Arbeitnehmer sehen eine deutlich geringere Steigerung, nur knapp über der Inflationsrate, unter anderem weil es seit dem Auslaufen des alten KV im Juni eine mehrmonatige Lücke gibt.

Hebenstreit nennt das Angebot der Arbeitgeber „unwürdig“. Konkrete eigene Forderungen nennt die Gewerkschaft nicht, die Arbeitgeber sagen aber, dass die Summe aller Forderungen zu einer Mehrbelastung von zehn Prozent führen würde.