Innenminister Herbert Kickl (FPÖ)
ORF.at/Peter Pfeiffer
U-Ausschuss

BVT-Hausdurchsuchung für Kickl „diskret“

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hat am Dienstag die Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) als „diskret“ bezeichnet. Im U-Ausschuss sagte der Ressortchef, dass Medien erst spät darüber berichtet haben. Das sei ein Zeichen, dass die Hausdurchsuchung Ende Februar im Staatsschutz gut gelaufen sei. Die Berichterstattung danach sei „überzogen“ gewesen.

Aber noch vor Beginn der Befragung hatte sich die Vorsitzende Doris Bures (SPÖ) an die Vertreter und Vertreterinnen der Medien gewandt. Sie entschuldigte sich wegen der rechtsextremen Security, die in den vergangenen Tagen für Aufsehen gesorgt hat. „Ich kann Ihnen versichern, dass heute nur sicherheitsgeprüfte Wachbeamte anwesend sind“, erklärte Bures. Sie bedauert den Vorfall, es seien aber bereits alle „notwendigen Schritte“ eingeleitet worden, um diesen zu prüfen. Der Security-Mitarbeiter, der als Vertrauter des verurteilten Neonazis Gottfried Küssel gilt, hatte unter anderem Dienst im BVT-U-Ausschuss versehen.

Nach der Entschuldigung vonseiten Bures’ musste Innenminister Kickl dem Ausschuss Rede und Antwort stehen. Er selbst sei am 26. Februar über eine Einsatzbesprechung am nächsten Tag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) informiert worden. Erst dort habe er über die Razzia im BVT sowie an vier Privatadressen erfahren. Die Entscheidung über die Hausdurchsuchung sei allerdings eine der Staatsanwaltschaft, stellte Kickl klar. Die Entscheidungen, nach was und wo genau gesucht werden soll, gehören auch dazu.

„Kein Verschulden“ des Innenressorts

Überhaupt, so Kickl, müsse man sich die „Zeitleiste“ ansehen und wann die Hausdurchsuchung zu einem Problem geworden ist. Es habe ja einige Zeit gedauert, bis die ersten Medien darüber berichtet hatten. Kickl habe kein Interesse daran gehabt, dass „diese Sache“ weitere Kreise zieht, um das BVT vor Misskredit zu schützen. Dass er oder ein Mitarbeiter seines Kabinetts im Hintergrund die Fäden der Razzia gezogen hätten, wies er zurück. „Es ist kein Verschulden, das mein Haus betrifft oder jemanden in meinem Haus betrifft, der hier irgendwie involviert war“, so der Innenminister.

Einen Schaden für das BVT nach der Hausdurchsuchung sieht Kickl nicht. Ein Ausschluss aus der „Berner Gruppe“ internationaler Geheim- und Nachrichtendienste sei nie zur Debatte gestanden. Vielmehr habe man ihm immer mitgeteilt, dass ein Ausschluss nie im Raum gestanden sei. Wegen der „überzogenen medialen Berichterstattung“ mussten BVT-Vertreter vertrauensvoll den Partnern gegenübertreten. „Ich habe mich dann bemüht, dem auf den Grund zu gehen“, sagte Kickl. Vom BVT-Chef Peter Gridling und dessen Vize, Dominik Fasching, habe er gehört, dass die Berichterstattung für Irritationen gesorgt habe.

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ)
ORF.at/Peter Pfeiffer
Vor seiner Befragung im U-Ausschuss richtete Innenminister Kickl ein paar Worte an die Medienvertreter

Das Konvolut mit teils haltlosen Vorwürfen gegen BVT-Beamte, das erst zu den WKStA-Ermittlungen geführt hat, habe er im Sommer 2017 erhalten. Wie er dazu gekommen sei, wisse er aber nicht mehr, sagte Kickl. Es sei ihm aber klar gewesen, dass es wohl im Zusammenhang mit seiner damaligen Funktion als FPÖ-Wahlkampfleiter stand, dass das Konvolut den Weg zu ihm gefunden hat. Er habe darin den Versuch gesehen, „einen Anstoß in Richtung Dirty Campaigning“ zu geben. Später, als Innenminister, habe ihm dann sein Generalsekretär Peter Goldgruber das Konvolut vorgelegt.

„War in Entscheidung nicht involviert“

Kickl habe zu Goldgruber gesagt, dass dieser das 39 Seiten dicke anonyme Konvolut prüfen und – falls notwendig – weitere Schritte einleiten soll. Dass der Innenminister Goldgruber den Auftrag erteilt habe, im Ressort „aufzuräumen“, sei nicht der Fall gewesen. Kickl habe nach eigenen Angaben auf eine korrekt rechtliche Vorgehensweise bestanden. Der Begriff „aufräumen“ stammt aus dem Tagebuch der fallführenden Staatsanwältin Ursula Schmudermayer, die bereits zweimal im U-Ausschuss befragt wurde. Ein drittes Mal folgt am Mittwoch.

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ)
ORF.at/Peter Pfeiffer
Im U-Ausschuss verzichtete der Ressortchef auf sein Recht, eine Stellungnahme abzugeben

Die Frage, ob Kickl gewusst habe, dass Udo Lett, ein Mitarbeiter von Goldgruber, Druck auf die Staatsanwaltschaft Richtung Razzia gemacht habe, verneinte er. Der FPÖ-Politiker halte nichts von dem Begriff „Ermittlungsdruck“, der von ÖVP-Justizminister Josef Moser Ende August geprägt wurde. „Die Staatswanwaltschaft ist Herrin des Verfahrens“, so Kickl, der davon ausgeht, dass seine Mitarbeiter tun, was gesetzlich notwendig sei. Dass der Einsatzleiter der Hausdurchsuchung (Oberst Wolfgang Preiszler, Anm.) auch als Gemeinderat der FPÖ in Niederösterreich tätig ist, habe er nicht gewusst. Kickl: „Ich war gar nicht in diese Entscheidung involviert.“

Informiert wurde der Innenminister auch darüber, dass die Belastungszeugin Ursula-Ria P. mit ihm über den Verfassungsschutz sprechen wolle. Kickl bestätigte, dass das Gespräch in den FPÖ-Klubräumlichkeiten in der Reichsratsstraße hinter dem Parlament stattgefunden hat. Das Treffen mit P., die von der WKStA am 21. Februar 2018 einvernommen wurde, habe er aber nach wenigen Minuten wieder verlassen und einen „Termin mit der Partei vorgezogen“. P. habe unter anderem über sexuelle Belästigung im BVT gesprochen. So sei es auch im Konvolut gestanden, so Kickl.

Frage nach den verdeckten Ermittlern

Der Innenminister musste sich auch zu einem Widerspruch zwischen Goldgruber und Gridling äußern. Es geht um das Extremismusreferat im BVT, das auch von der Razzia Ende Februar betroffen war. Einen Monat vor der Hausdurchsuchung, am 29. Jänner, empfing Goldgruber im Vorfeld einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats (Thema: NS-Liederbuch/Germania/Udo Landbauer) den BVT-Chef in seinem Büro. Dort soll Goldgruber laut Gridling Auskünfte über verdeckte Ermittler im Bereich Rechtsextremismus begehrt haben. Goldgruber verneinte.

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ)
ORF.at/Peter Pfeiffer
Am Dienstag werden Innenminister Kickl und die Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis, befragt

Kickl zitierte Inhalte aus dem Sicherheitsrat, der am 30. Jänner getagt hatte. Da sei es darum gegangen, welche Burschenschaften 2017 Gegenstand einer Ermittlung waren und gegen welche Personen ermittelt wurde. Weitere Fragen seien gewesen, welche Vereinsauflösungen es im Zusammenhang mit Burschenschaften gab und wo im Rechtsextremismusbereich verdeckte Ermittler eingesetzt wurden. „Aber nicht wer“, betonte Kickl. Nach Namen sei nicht gefragt worden.

Tatsächlich gibt es in dieser Frage einige Auffassungsunterschiede und Raum für Interpretation. Gridling und Goldgruber wurden von den Mandataren und Mandatarinnen mehrmals gefragt, welche Fragen genau gestellt wurden. Der Generalsekretär konnte sich nicht erinnern, sagte aber, dass er nicht ausschließen könne, dass eine Frage so verstanden worden sei. Gridling sagte allerdings in seiner Befragung, dass Goldgruber die Frage „Wo sind im Bereich Rechtsextremismus verdeckte Ermittler eingesetzt?“ mündlich gestellt habe. Später bejahte Gridling, dass auch nach Namen gefragt wurde.

Verantwortung für parlamentarische Anfragen

Dass es zwischen den Anfragebeantwortungen vom Innenministerium und einigen Zeugenaussagen im U-Ausschuss Widersprüche gibt, war auch Thema bei der Befragung. So gab Kickl an, dass Mitarbeiter seines Ressorts keinen Kontakt zum Belastungszeugen Christian M. hatten. M. selbst bestätigte: „Wenn Sie die Information über die Zeugenladung als Kontaktaufnahme sehen, ist es eine Kontaktaufnahme“, sonst nicht. Im U-Ausschuss sagte Kickl, dass er selbst nicht dabei gewesen sei. „Wie stellen Sie sich das vor? Ich habe Hunderte Anfragen zu beantworten.“

Dieses Thema rief auch Vorsitzende Bures auf den Plan. Kickl könne natürlich bei der Anfragebeantwortung auf seine Mitarbeiter zurückgreifen, aber laut Gesetz obliegt dem Ressortchef die politische Verantwortung für die korrekte Beantwortung. Als Kickl auf Bures reagieren wollte, sagte die Vorsitzende nur: „Das war keine Frage an Sie, sondern eine Feststellung!“ Der Innenminister stellte allerdings bei der nächsten Frage klar, dass es nicht möglich sei, überall anwesend zu sein. Dafür habe er schließlich auch Mitarbeiter.

Werner Amon
ORF.at/Peter Pfeiffer
Nun doch: ÖVP-Fraktionschef Werner Amon nahm sich zuerst aus dem Spiel, stellte aber dann doch eine Frage

Am Ende kam es aber doch noch zu einer Überraschung. ÖVP-Fraktionschef Werner Amon stellte doch eine Frage an Kickl. Die Frage lautete: „Haben Sie sich im Zuge der gesamten BVT-Angelegenheit immer ausreichend informiert gefühlt von Ihren Mitarbeitern?“ Der Innenminister habe nach eigenen Angaben alle „relevanten Informationen“ erhalten. Amon hatte zuvor mitgeteilt, dass er sich bei der Befragung von Kickl „aus dem Spiel genommen“ habe. Er setzte nun aber doch den Schlusspunkt.