Ukrainian Soldat an Bord eines Militärschiffes in Maripol
APA/AFP/Sega Volskii
Warnung vor Krieg

Kiew und Moskau weiter auf Eskalationskurs

Im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland ist keine Entspannung in Sicht. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko warnte gar vor einem „großangelegten Krieg“. Inzwischen stellte auch US-Präsident Donald Trump ein lange geplantes Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin am Rande des G-20-Gipfels in Frage.

Auch drei Tage nach der Verhaftung mehrerer ukrainischer Seeleute durch Russland deutet kaum etwas auf eine schnelle Deeskalation hin. Der ukrainische Staatschef verschärfte am Dienstagabend noch einmal den Ton. In einem Fernsehinterview warnte Poroschenko vor der Gefahr eines russischen Einmarschs in sein Land. „Die Zahl der Einheiten, die entlang unserer ganzen Grenze stationiert wurden, ist um einiges gestiegen“, sagte er mit Blick auf das angeblich vorrückende russische Militär. „Dem Land droht ein großangelegter Krieg mit der Russischen Föderation“, so der Präsident. Genaue Angaben zur Zahl der russischen Soldaten blieb er aber schuldig.

Die russische Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Konstantin Kossatschow, Chef des Außenausschusses im russischen Föderationsrat, entgegnete, sein Land habe einen Krieg gegen die Ukraine nie als Perspektive betrachtet. Er nannte Poroschenko aber einen „Präsidenten des Krieges“, wie die Agentur Interfax berichtete. Am Mittwoch vermeldete Interfax zudem, dass Russland weitere Boden-Luft-Raketensysteme auf der Krim stationieren werde. Laut dem russischen Verteidigungsministerium sollen die Raketen bis Jahresende einsatzbereit sein.

Kriegsrecht: Gesetz unterzeichnet

Die Ukraine hatte als Reaktion auf das russische Vorgehen im Meer vor der Halbinsel Krim beschlossen, erstmals das Kriegsrecht anzuwenden – etwa in den Grenzregionen zu Russland. Das entsprechende Gesetz hat Poroschenko am Mittwoch unterzeichnet. Durch das Kriegsrecht erhält das Militär Sondervollmachten.

Der ukrainische Präsident Viktor Poroschenko im Parlament
Reuters/Valentyn Ogirenko
Poroschenko drehte an der verbalen Eskalationsschraube

Ausgelöst hatte die jüngste Krise die Verhaftung mehrerer ukrainischer Seeleute durch Russland. Am Sonntag hatte die russische Küstenwache Patrouillenbooten der ukrainischen Marine die Durchfahrt in der Meerenge von Kertsch vor der annektierten Halbinsel Krim verweigert. Die drei ukrainischen Schiffe wurden aufgebracht. Dabei fielen auch Schüsse. 24 Matrosen wurden festgesetzt. Gegen zwölf von ihnen wurde inzwischen eine zweimonatige Untersuchungshaft verhängt – darunter auch drei verletzte Seeleute, die noch im Krankenhaus behandelt werden. Ihnen wird illegaler Grenzübertritt vorgeworfen. Bei einem Prozess in Russland drohen ihnen bis zu sechs Jahre Haft.

Trump überlegt Absage von Putin-Treffen

US-Präsident Donald Trump zog angesichts der Krise in der Region die Absage eines Treffens mit Kreml-Chef Wladimir Putin beim G-20-Gipfel in Buenos Aires in Erwägung. Allerdings erwarte er erst einen Bericht seines Nationalen Sicherheitsteams zur Lage. „Ich mag diese Aggression nicht“, sagte Trump der „Washington Post“. Eine offizielle Reaktion aus Moskau dazu gab es zunächst nicht. Das Treffen der beiden Präsidenten ist am Rande des G-20-Gipfels am Freitag oder Samstag vorgesehen. Aus Moskau hieß es allerdings am Mittwoch, das Treffen sei bestätigt worden und werde vorbereitet.

US-Präsident Donald Trump
AP/Alex Brandon
Trump

Die NATO-Staaten forderten Russland im Konflikt mit der Ukraine noch einmal offiziell zu Zurückhaltung auf. „Es gibt keinerlei Rechtfertigung für Russlands Einsatz von militärischer Gewalt gegen ukrainische Schiffe und Marinepersonal“, hieß es in einer am Dienstag verabschiedeten Erklärung des Nordatlantikrates.

Die USA forderten Europa überdies auf, die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Die europäischen Staaten müssten mehr tun, um die Ukraine zu unterstützen, erklärte das Außenministerium in Washington am Dienstag. So müsse auch die Unterstützung für die Gaspipeline „Nordstream 2“ überdacht werden. Der Bau der Ostsee-Pipeline durch russische und europäische Firmen unter Führung des russischen Gaskonzerns Gasprom ist den USA seit Langem ein Dorn im Auge, weil sie ihr Flüssiggas nach Europa verkaufen möchten. Auch die Ukraine ist strikt gegen die Pipeline, weil sie den Verlust von Transiteinnahmen fürchtet.

Nachdenken über weitere EU-Sanktionen

Die österreichische EU-Ratspräsidentschaft hat angesichts des russischen Vorgehens weitere Sanktionen gegen Moskau ins Spiel gebracht. Allerdings müsse zunächst geklärt werden, was genau am Sonntag vorgefallen sei, sagte Außenministerin Karin Kneissl. Derzeit stehe bezüglich der Konfrontation „Aussage gegen Aussage“.

Die „Welt“ berichtete unter Berufung auf EU-Diplomaten, Deutschland und Frankreich hätten sich bei einem Treffen in Brüssel gegen eine Verschärfung der Sanktionen ausgesprochen. Bei einer geheimen Sitzung des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees (PSK) hätten Diplomaten beider Länder argumentiert, es sei jetzt wichtig „vertrauensbildende Maßnahmen“ zu ergreifen. Sanktionen gehörten nicht dazu.