He Jiankui
APA/AP/Mark Schiefelbein
Gentech-Baby

Laut Forscher weitere Frau schwanger

Der chinesische Forscher He Jiankui sorgt mit seinen Ankündigungen weiter für Aufregung. Der Biotechnologe, der Anfang der Woche behauptet hatte, dass die ersten gentechnisch veränderten Babys auf die Welt gekommen seien, sprach am Mittwoch bei einem Kongress von einer möglichen zweiten Schwangerschaft. Seine Versuche will He vorläufig aussetzen.

Der Andrang bei der Konferenz in Hongkong war enorm: He, der erst am Montag in einem YouTube-Video die angebliche Geburt der ersten genmanipulierten Babys unter den Pseudonymen „Lulu“ und „Nana“ verkündete, musste sich zahlreichen Fragen stellen. Bei einer Podiumsdiskussion wurde er gefragt: „Gibt es derzeit Schwangerschaften mit Embryos, die im Rahmen ihrer Versuche gentechnisch verändert wurden?“

He bejahte das: „Es gibt eine weitere mögliche Schwangerschaft.“ Nach Rückfrage des Moderators ergänzte er, dass sich die Schwangerschaft noch in einer sehr frühen Phase befinde, es sei eine „chemische Schwangerschaft“ – die zwar bei der Untersuchung des Blutbilds, nicht aber per Ultraschall erkannt wird.

Forscher wollte „Millionen“ helfen

Seine Studie habe ursprünglich acht Paare umfasst, von denen eines aber ausgestiegen sei. Voraussetzung für die Teilnahme sei gewesen, dass der Vater HIV-positiv und die Mutter HIV-negativ getestet seien. Der DNA-Eingriff soll nach Angaben Hes die Kinder resistent gegen Aids machen.

He sagte, er habe zuvor erfolgreich Versuche an Mäusen und Affen durchgeführt. Bei den menschlichen Embryonen hatte er nach eigenen Angaben den CCR5-Rezeptor von Zellen deaktiviert – das Haupteinfallstor für das HI-Virus. „Millionen Menschen“ könne geholfen werden, wenn die Technologie schneller verfügbar gemacht werde, argumentierte He. Ihm gehe es nicht um die Schaffung von Designerbabys, sondern um Heilung von Krankheiten.

Experten: „Inakzeptable Entwicklung“

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz übten jedoch scharfe Kritik an dem bisher weitgehend unbekannten Forscher. „Das ist eine wirklich inakzeptable Entwicklung“, sagte etwa Jennifer Doudna von der University of California-Berkely und eine der Entwicklerinnen der „Genschere“ CRISPR/Cas9. „Ich bin dankbar, dass er heute hier aufgetreten ist, aber ich glaube nicht, dass wir Antworten gehört haben. Wir müssen die Motivation dahinter erst noch verstehen“, so Doudna.

Ähnlich sah das auch ein Forscher des MIT: „Ich bin beunruhigter als davor“, so David Liu. „Es ist ein fürchterliches Beispiel, was man mit einer vielversprechenden Technologie nicht tun soll. Ich hoffe, dass das nie wieder passiert.“ Auch andere warfen He in Hongkong vor, mit seinen „intransparenten“ Versuchen den Ruf der gesamten Genomforschung gefährdet zu haben.

Versuche vorerst gestoppt

Nach der weltweiten Empörung über die Experimente kündigte He an, seine Studie vorerst auszusetzen. Die klinischen Versuche seien „aufgrund der aktuellen Situation“ gestoppt worden, sagte er auf dem Wissenschaftsgipfel. Dennoch verteidigte er seine Arbeit gegen die geäußerte Kritik. „Dieser Fall erfüllt mich mit Stolz, mit ganz besonderem Stolz“, so He.

Eine unabhängige Bestätigung des angeblichen medizinischen Durchbruchs gibt es weiterhin nicht. Die Ankündigung rief aber die chinesischen Behörden auf den Plan: Die Nationale Gesundheitskommission kündigte eine „minutiöse Untersuchung“ an. Der Vizeminister für Wissenschaft und Technologie, Xu Nanping, bezeichnete das Experiment als illegal. Die angeblich an dem Experiment beteiligte Klinik in Shenzhen schaltete die Polizei ein.