Mann trägt Pakete
APA/dpa/Britta Pedersen
Weihnachtspakete

Die Lieferdienste und der Stau

Die Weihnachtszeit steht bevor, und wie jedes Jahr erwarten die Lieferdienste auch heuer eine noch größere Menge an Paketen als im Jahr davor. Doch bis diese letztlich unter dem Christbaum liegen, ist es ein langer Weg – der erhebliche Verzögerungen mit sich bringen kann. Nicht nur in der Zustellung, sondern auch im Verkehr.

Alle Jahre wieder bringt das Weihnachtsgeschäft einen Paketrekord. In Summe erwartet der Postregulator Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) im „Weihnachtsquartal“ des Jahres mehr als 60 Millionen Pakete. Auch bei der Post merke man den durch den boomenden Onlinehandel getragenen Anstieg – bereits Ende Oktober, Anfang November wurden die Mengen mehr.

„Für uns ist die Vorweihnachtszeit bestimmt die stärkste Zeit im Jahr, da haben wir Hochsaison“, sagt Post-Sprecher David Weichselbaum im Gespräch mit ORF.at. Das bestätigt auch der deutsche Logistikexperte Florian Neuhaus: „In den Tagen vor Weihnachten ist das Paketvolumen doppelt so hoch wie an normalen Tagen. Die Situation bei den Zustellern ist angespannt“, sagt Neuhaus der Nachrichtenagentur AFP.

Paket liegt in Einfahrt
Getty Images/Jorge Villalba
Gar nicht geliefert, zu spät geliefert oder einfach vor der Haustür abgestellt – Pakete wie diese sorgen bei Kunden für Unmut

Verzögerte Lieferungen sorgen für Unmut

Dass der unaufhaltsame Anstieg der Paketsendungen nur noch schwer zu bewältigen sei, davon zeigt sich auch die RTR überzeugt. Mit ihren staatlich anerkannten Verbraucherschlichtungsstellen weiß sie um die Probleme der Kunden und Kundinnen Bescheid. Am häufigsten beträfen die Verfahren Zustellprobleme, so ein Sprecher. RTR geht davon aus, dass mit dem Zuwachs bei Paketsendungen auch die Zahl der Schlichtungsverfahren heuer höher ausfallen wird.

Stichtag 20. Dezember

Sowohl die Post als auch Amazon geben den 20. Dezember als Stichtag an, damit die Pakete pünktlich am 24. Dezember unter dem Christbaum liegen.

Für viel Unmut sorgen aber nicht nur zu spät gelieferte, sondern auch einfach vor der Tür abgelegte Pakete – wie es laut einem Bericht des „Standard“ bei dem Onlineversandhändler Amazon der Fall ist. Der Versandhändler verzichte auf eine schriftliche Empfangsbestätigung, da Pakete so schneller und effizienter zugestellt werden könnten. Amazon dürfte laut dem Standortberater RegioPlan im Dezember hierzulande einen Zusatzumsatz zwischen 60 und 70 Mio. Euro machen. Dennoch sind es aber immer noch heimische Christkindlmärkte, die am meisten am Weihnachtsgeschäft verdienen. Gemäß Prognose dürften diese 390 Mio. Euro lukrieren.

Verkehrschaos durch Zustellautos

Probleme stellt der Paketboom laut Experten auch für den Verkehr dar. „Zustellwagen verstopfen vor allem in der Vorweihnachtszeit die Straßen. Zudem tragen sie mit ihren Abgasen zur schlechten Luft bei“, so Neuhaus. Die deutsche Tageszeitung „Handelsblatt“ warnte kürzlich sogar vor einem drohenden Verkehrskollaps durch Paketdienste, da sich viele Zusteller zusätzliche Fahrzeuge besorgt hätten.

Dass es vor Weihnachten wirklich zu einer Vervielfachung des Verkehrsaufkommens komme, könne man nicht bestätigen, hieß es bei der Post. „Ich denke nicht, dass das so ist. Natürlich ist es im Moment ein heiß diskutiertes Thema, allerdings gibt es noch zu wenige Studien, um das richtig beurteilen zu können“, so Weichselbaum. Die Zusteller würden in dieser Zeit einfach mehr Pakete im Kofferraum haben, erklärte der Post-Sprecher.

Verpackungs- und Logistikzentrum von Amazon in Kent, Washington
Reuters/Lindsey Wasson
In der Vorweihnachtszeit ist das Paketvolumen doppelt so hoch und bringt nicht nur die Sortieranlagen an ihre Grenzen

Konkurrenz durch Amazon

Konkurrenz bei der Zustellung bekommt die Post seit diesem Jahr auch von Amazon. Anfang Oktober eröffnete der Onlineversandhändler sein erstes Verteilzentrum in Österreich. „Einige Millionen“ seien in das knapp 10.000 Quadratmeter große Verteilzentrum in Großebersdorf in Niederösterreich investiert worden, sagte Ralf Kleber, Chef von Amazon Deutschland und Österreich.

Da in der Nähe der Gemeinde aber auch die Post und DHL stationiert sind, komme es laut Melanie Erasim, Bezirksvorsitzende der SPÖ Mistelbach, zu einem „sehr hohen Verkehrsaufkommen, wenn die Autos aller drei Unternehmen zur selben Zeit ausfahren“. In dieser Hinsicht gebe es auch „Angst“ in der Bevölkerung, dass das den Verkehr zum Kollabieren bringen könne, so Erasim.

Drohnen und Roboter als Zusteller „unausgereift“

Mögliche Lösungen gibt es viele: Packstationen, Drohnen, eine stärkere Zusammenarbeit der Paketdienstleister auf der letzten Meile vom Paketzentrum zum Empfänger. Doch keine davon wird sich von allein durchsetzen, glaubt Neuhaus.

Selbstfliegende Drohnen seien laut Neuhaus derzeit noch zu groß und könnten nur relativ leichte Pakete transportieren. In den Städten fehle außerdem der Platz zum Landen – und viele Bürger und Bürgerinnen würden sich unsicher fühlen, wenn die ganze Zeit Drohnen um sie schwirren. Das bestätigt auch Weichselbaum. „Würde man das in Wien machen, wäre es den ganzen Tag finster.“ Für schwer erreichbare, ländliche Einsatzgebiete würden sich Drohnen sehr wohl eignen.

Retourengeschäft nach den Feiertagen

In der Innenstadt könnten sich stattdessen kleine Roboter durchsetzen, die Einkäufe auf dem Gehweg transportieren. Allerdings seien die Gehsteige noch nicht auf die Roboter ausgerichtet, zudem seien die aktuellen Modelle ziemlich langsam. Und autonome Fahrzeuge auf der Straße würden zwar das Problem des Fahrermangels lösen, nicht aber jenes der Staus.

Packstationen wiederum seien zu teuer, da die Pakete relativ lange lägen, bis die Verbraucher sie abholten. Solange könnten die Paketdienste den Platz nicht nutzen, was Kosten verursache. Zudem ist laut Neuhaus vielen Verbrauchern der Weg zur Packstation zu weit. Dass bei österreichischen Empfängern und Empfängerinnen der Wunsch der persönlichen Zustellung an die Wohnadresse an oberster Stelle steht, bestätigt auch der Transportservice DHL gegenüber ORF.at.

Die Paketdienste rechnen aber nicht nur vor den Weihnachtstagen mit höherem Sendungsaufkommen. Denn nach den Feiertagen beginnt das Retourengeschäft. Bis mindestens Mitte Jänner wird daher laut einem Sprecher des Hermes-Lieferdienstes der Personalbedarf höher als im Jahresdurchschnitt bleiben.