Szene des Films „Womit haben wir das verdient?“
Mona Film Produktion GmbH/Felipe Kolm
Austrokomödie

Hilfe, ein Kopftuch!

Was geschieht, wenn die Teenagertochter einer feministischen Atheistin eines Tages ihre Religiosität kundtut? Eva Spreitzhofers Spielfilmdebüt „Womit haben wir das verdient?“ erzählt genau das – und verleiht der Kopftuchdebatte frischen Schwung in eine ganz neue Richtung.

Sie ist erfolgreiche Oberärztin, hat zwei gelungene Kinder, einen wunderbaren Partner, versteht sich gut mit ihrem Ex-Mann Harald (Simon Schwarz) und auch mit allen anderen in der Patchworkfamilie: Das Leben von Wanda (Caroline Peters) ist im Gleichgewicht. Zwar ist ihre 16-jährige Tochter Nina mitten in der Pubertät, aber das wird schon, immerhin hat Wanda ihr mit einer liberalen, aufgeklärten Erziehung das beste Handwerkszeug mitgegeben, um den Widersprüchen im Leben mit Mitgefühl und Logik beizukommen.

Und dann kommt Nina (Chantal Zitzenbacher) eines Tages in die akut einberufene Familientherapiesitzung mit Kopftuch. Wanda fällt aus allen Wolken: „Ist das so eine Art Witz jetzt?“ Nein, Nina ist tatsächlich zum Islam übergetreten. Aber das kann doch nicht sein, dass sie das ernst meint. Und was, wenn doch? Ist das jetzt gefährlich? Und wie soll sich Wanda zu einer Entscheidung ihres Kindes respektvoll verhalten, die sie selbst völlig verkehrt findet?

Szene des Films „Womit haben wir das verdient?“
Mona Film Produktion GmbH/Felipe Kolm
Familientherapie als Schocktherapie für die Eltern – links Chantal Zitzenbacher, rechts Emily Cox

„Womit haben wir das verdient“ ist der erste Spielfilm der Schauspielerin und „Schnell ermittelt“-Erfinderin Spreitzhofer. Es ist nicht ihr erstes Drehbuch, aber dasjenige, das sie unbedingt selbst verfilmen wollte. „Diese Geschichte hätte ich nie aus der Hand gegeben“, sagt sie im Gespräch mit ORF.at, zu leicht wäre es da gewesen, sich in der Tonlage zu vergreifen, zu genau hatte Spreitzhofer selbst recherchiert, was sie erzählen wollte.

„Was ist dein Scheißproblem, Mama?“

Eine Situation berichtet Spreitzhofer besonders gern von den Dreharbeiten. Sie hatte der Darstellerin von Wandas Tochter Nina ins Drehbuch den Dialogsatz geschrieben: „Was ist dein Scheißproblem, Mama?“ Doch Zitzenbacher habe den Satz nur zögerlich vorgebracht. Da holte Spreitzhofer ihre eigene Tochter ans Set und ermunterte sie: „Beschimpf mich so, wie du es damals immer gemacht hast!“

Dieser Tonfall, womöglich allen Pubertierenden weltweit eigen, unendlich genervt von der Verständnislosigkeit und Gestrigkeit des Elternteils, ist nun im Film zu hören. Es ist nur einer von ganz vielen Momenten, in denen das Fingerspitzengefühl von Spreitzhofer als Regisseurin zum Tragen kommt, denn vor allem geht es ihr um den Spaß im Kino. Der aber steht auf politisch wachen, gut recherchierten Beinen.

Szene des Films „Womit haben wir das verdient?“
Mona Film Produktion GmbH/Felipe Kolm
Simon Schwarz und Caroline Peters als besorgte Eltern

Religionskritik war nie so witzig

„Die Linken haben das Thema Religionskritik den Rechten überlassen, wie man jetzt an den Kopftuchdebatten sieht“, sagt Spreitzhofer. „Dabei bekämpfen einander die Islamisten und die Rechten zwar, aber im Grunde wollen sie alle Frauen unsichtbar machen im öffentlichen Raum.“ Frauen- und Kinderrechte müssten immer über Religionsrechten stehen, aber „auf einmal können in den Moscheen die ärgsten Sachen gesagt werden, und man sagt: ‚Darum sollen die sich selber kümmern.‘ Bei den Kirchen haben wir das nie gesagt, wenn es um Hetze oder Missbrauch geht.“

Szene des Films „Womit haben wir das verdient?“
Mona Film Produktion GmbH
Verschiedene Versionen, ein Frauenbild

Um zu verstehen, womit sich Filmtochter Nina beschäftigt, hat Spreitzhofer lange recherchiert und mit Islamexpertinnen ebenso gesprochen wie mit Jugendberaterinnen, mit alevitischen Wissenschaftlerinnen und schiitischen Hausmeisterinnen. „Mir war wichtig, dass es alles wirklich gibt, was im Film vorkommt. Und ja, es gibt Moscheen, in denen gepredigt wird, dass man keine Tampons verwenden darf.“

Großstadtkomödie: Teenager auf Abwegen

„Womit haben wir das verdient“ handelt vom Pubertieren in der Großstadt aus Sicht einer liberal-aufgeklärten Feministin und Mutter.

Das Gelächter eint

Die katholische Kirche, so viel sei verraten, kommt im Film übrigens auch nicht besser weg, und über das moderne Patchworkfamilien-Dasein gibt es sowieso die meisten Witze, allesamt treffsicher, weil selbst erlebt. „Das Lustige vereint die Leute, da lacht die Katholikin an einer anderen Stelle als die Muslima, und beide haben das Gefühl, es ist ihr Film. Das ist das Schöne.“