Türkei lehnt Freilassung von Kurdenpolitiker Demirtas ab

Ein türkisches Gericht hat die Freilassung des Kurdenpolitikers Selahattin Demirtas abgelehnt, obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) seine fortdauernde Inhaftierung als politisch motiviert verurteilt hatte. Das sagte ein Vertreter von Demirtas’ Demokratischer Partei der Völker (HDP) heute der Nachrichtenagentur AFP. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte nach dem Beschluss des EGMR erklärt, die Türkei sei durch das Urteil nicht gebunden.

Das Straßburger Gericht hatte am 20. November die Türkei aufgefordert, „alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Untersuchungshaft des Antragstellers zu beenden“. Zudem solle Ankara Demirtas 10.000 Euro Entschädigung für seine mehr als zweijährige Inhaftierung zahlen und ihm Kosten in Höhe von 15.000 Euro erstatten. Die Dauer und die Umstände seiner Untersuchungshaft seien politisch motiviert, urteilte der EGMR.

Wegen „Terrorpropaganda“ verurteilt

Insbesondere sei es „ein unrechtmäßiger Eingriff in die freie Meinungsäußerung des Volkes“, dass der frühere HDP-Vorsitzende während des umstrittenen Verfassungsreferendums von April 2017 und der Präsidentschaftswahl von Juni 2018, bei der er kandidierte, inhaftiert gewesen sei, erklärte das Gericht. Das diene dem Ziel, „den Pluralismus zu ersticken und die Freiheit der politischen Debatte zu begrenzen“, hieß es.

Der frühere Vorsitzende der prokurdischen Oppositionspartei steht in mehreren Prozessen vor Gericht. Im September wurde er in erster Instanz wegen „Terrorpropaganda“ zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, doch ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, da er Berufung eingelegt hat. Demirtas und seine Partei sehen seine Inhaftierung als unzulässigen Versuch Erdogans, einen unliebsamen Kritiker und Konkurrenten zum Schweigen zu bringen.