Türkei erlässt Haftbefehl gegen Reporter Can Dündar

Der Istanbuler Generalstaatsanwalt hat einen Haftbefehl gegen den in Deutschland lebenden ehemaligen Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“, Can Dündar, erlassen. Das meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu gestern. Die Maßnahme stehe im Zusammenhang mit Ermittlungen zu den großen regierungskritischen Gezi-Protesten von 2013.

Can Dündar
APA/AFP/David Gannon

Dem Bericht zufolge sieht der Staatsanwalt es als erwiesen an, dass Dündar Verbindungen zum prominenten Zivilgesellschaftsaktivisten Osman Kavala hatte, den die Regierung für einen Mitorganisator der Gezi-Proteste hält. Kavala ist Vorsitzender des Kulturinstituts Anadolu Kültür, das auch mit dem Goethe-Institut zusammenarbeitet. Trotz scharfer internationaler Proteste sitzt Kavala seit mehr als einem Jahr ohne Anklageschrift in türkischer Untersuchungshaft.

„Chaos gestiftet“ und „Terroristen ermutigt“

Wie Anadolu weiter berichtete, soll Dündar mit Kavala zusammengearbeitet haben, um die Gezi-Proteste zu „organisieren“ und „auszuweiten“. „Konkrete Beweise“ zeigten, dass Dündar „Chaos gestiftet“ und „Terroristen ermutigt“ habe. Das Büro des Staatsanwalts verweise für Beweise auf seine Einträge in Sozialen Netzwerken und Telefongespräche mit Kavala.

Gegen Dündar läuft in der Türkei bereits ein Prozess wegen Terrorvorwürfen. Dabei geht es um „Cumhuriyet“-Artikel aus dem Jahr 2015, die Waffenlieferungen der türkischen Regierung an islamistische Rebellen in Syrien belegen sollen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte bei seinem Deutschland-Besuch Ende September die Auslieferung Dündars gefordert.