Annegret Kramp-Karrenbauer
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Kramp-Karrenbauer

Merkel-Vertraute mit viel Politerfahrung

Annegret Kramp-Karrenbauer ist die neue Bundesvorsitzende der CDU in Deutschland. Die Delegierten des Parteitags in Hamburg wählten die bisherige CDU-Generalsekretärin am Freitag in Hamburg mit knapp 52 Prozent der Stimmen zur Nachfolgerin von Angela Merkel, die aber deutsche Bundeskanzlerin bleiben wird.

Die neue CDU-Chefin hatte wie ihre zwei Konkurrenten, Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und Gesundheitsminister Jens Spahn, ein Mammutprogramm absolviert, um für sich zu werben. Dabei kämpfte die frühere saarländische Ministerpräsidentin vor allem gegen den von Gegnern genährten Eindruck, sie sei eine „Mini-Merkel“ und stehe für ein „Weiter so“. Dabei gilt Kramp-Karrenbauer als Merkel-Vertraute.

Sie hält dagegen, dass sie ihr eigenes Profil habe. Sie setzte andere Akzente und demonstrierte etwa in der Flüchtlingspolitik Härte, indem sie die Abschiebung von Straftätern nach Syrien in Erwägung zog. Aber sie setzte sich bewusst nicht von Merkel ab, die beim Parteitag zum Abschied als CDU-Chefin minutenlange Standing Ovations erhielt.

Reichlich persönliche Erfolge

Ihre politische Karriere begann sie im Stadtrat ihres Heimatorts Püttlingen. Und immer, wenn sie gerufen wurde, machte sie ihre Sache so gut, dass irgendwann unvermeidlich der nächste Ruf kam. „Es gibt keine Aufgabe, die man Annegret nicht anvertrauen kann“, sagte schon der frühere Saarland-Regierungschef Peter Müller (CDU), als er Kramp-Karrenbauer 2000 als erste Innenministerin in Deutschland in sein Kabinett berief.

Angelobung von Annegret Kramp-Karrenbauer zur Ministerpräsidentin von Saarland im Jahr 2011
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Kramp-Karrenbauer 2011 bei ihrer Angelobung zur saarländischen Ministerpräsidentin

Sie führte das Ressort bis 2007. Anschließend leitete sie das Bildungsministerium, das Arbeits- und Familienressort sowie das Justizministerium. 2011 wurde sie Ministerpräsidentin im Saarland. Keine fünf Monate später sorgte Kramp-Karrenbauer für einen Paukenschlag und beendete am 6. Jänner 2012 die Jamaika-Koalition wegen interner Personalquerelen bei den Liberalen. Sie verkündete den Rauswurf ausgerechnet am Tag des Dreikönigstreffens der FDP – und formte danach eine Große Koalition mit der SPD.

Vor allem aber seit ihrer Wiederwahl im März 2017 trägt sie den Nimbus einer Siegerin. Denn Kramp-Karrenbauer war die Erste, die dem scheinbar unaufhaltsamen Siegeszug des damals umjubelten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz einen Dämpfer versetzte. Sie holte bei der Landtagswahl überraschend 40,7 Prozent für die CDU und konnte ihre Große Koalition an der Saar fortsetzen. Die AfD schaffte es anders als in anderen Bundesländern nur auf 6,2 Prozent.

Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel im Jahr 2017
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Angela Merkel gratulierte Kramp-Karrenbauer zu ihrer Wiederwahl im März 2017

CDU-Generalsekretärin seit Februar

Nach den langwierigen Koalitionsverhandlungen im Bund entschied sich Kramp-Karrenbauer Anfang dieses Jahres, als CDU-Generalsekretärin nach Berlin zu wechseln. Bei einem Parteitag am 26. Februar wurde sie mit überragenden 98,9 Prozent der Stimmen in dieses Amt gewählt. Spätestens seitdem galt sie als mögliche Nachfolgerin von Merkel.

Wie viele saarländische CDU-Politiker wird Kramp-Karrenbauer eher dem linken Flügel der Partei zugerechnet. Die Mutter von drei Kindern zeichnet ein unprätentiöser Pragmatismus aus. Ihren Vorteil gegenüber ihren Mitbewerbern beschrieb sie selbst mit den Worten: „Profunde Kenntnis der Partei, 18 Jahre Regierungserfahrung, Erfahrung in schwierigen Wahlkämpfen und wie es sich anfühlt, mit 40 Prozent zu gewinnen.“

Auseinandersetzung mit ihren Konkurrenten scheute sie nicht. Die Äußerung von Merz, die CDU habe den Aufstieg der Rechtspopulisten achselzuckend hingenommen, kritisierte sie scharf. Unter anderem sprach sie sich für einen Dieselbußgeldfonds aus. Zudem entfachte sie eine Debatte mit der Forderung, in der Ukraine-Krise europäische und amerikanische Häfen für russische Schiffe aus der Krim-Region zu schließen.

Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel im Jahr 2012
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Kramp-Karrenbauer hat die besten Chancen, nächste Kanzlerkandidatin der CDU zu werden

Befürworterin von Merkels Flüchtlingspolitik

In der Flüchtlingspolitik gehört Kramp-Karrenbauer mit ihrer Erfahrung im Grenzland zu Frankreich zu den Befürwortern der Politik Merkels und warnte vor Grenzschließungen innerhalb des Schengen-Raums. Die klar proeuropäisch ausgerichtete Saarländerin ist zudem gegen eine völlige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe. Immer wieder zitiert wurden in jüngster Zeit ihre Äußerungen aus dem Jahr 2015. Damals hatte sie zur Begründung gegen die Gleichstellung gesagt, dass dann auch Forderungen nach einer „Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen“ nicht ausgeschlossen werden könnten. Vor allem Mitbewerber Spahn, der mit einem Mann verheiratet ist, zeigte sich von den Bemerkungen persönlich verunglimpft.

Dass Kramp-Karrenbauer gut mit einer Kanzlerin Merkel zusammenarbeiten wird, ist zu erwarten. Gleichwohl hat sie angekündigt, dass sie an der Spitze der Partei ein neues Kapitel aufschlagen will. So hat sie den Mitgliedern der CDU etwa größeren Einfluss auf die Regierungsarbeit versprochen. Zu oft seien in den vergangenen Monaten politische Entscheidungen gefallen, die anschließend von der Partei mit mehr oder weniger Widerstand akzeptiert worden seien.