Timmermans führt Sozialdemokraten in EU-Wahl

Die Europäischen Sozialdemokraten haben gestern den früheren niederländischen Außenminister Frans Timmermans zum Spitzenkandidaten für die Europawahl 2019 bestimmt. Die rund 1.000 Delegierten des Parteitags in Lissabon bestätigten ihn per Akklamation.

Frans Timmermans und Antonio Costa
APA/AFP/Patricia de Melo Moreira

Der 57-Jährige ist Vizepräsident der EU-Kommission und will dem Luxemburger Jean-Claude Juncker (EVP) als Chef der mächtigen Behörde nachfolgen. Damit ist er Rivale des CSU-Politikers Manfred Weber, der den Posten für die Europäische Volkspartei erobern will.

Viel Erfahrung

Die beiden Kandidaten sind durchaus unterschiedlich: Anders als der 45-jährige Weber hat Timmermans Erfahrung in vielen Spitzenämtern. Er war niederländischer Diplomat, Abgeordneter, Europa- und Außenminister und ist seit 2014 unter Juncker erster Vizepräsident der EU-Kommission.

Dort ist er unter anderem für Nachhaltigkeit zuständig und profilierte sich mit einem Plan gegen Plastiktrinkhalme und Wegwerfgeschirr. Vor allem aber kümmerte er sich um das heikle Thema Rechtsstaatsverfahren gegen Polen und verwies immer wieder auf die Gefahren, die er als Folge der Justizreformen der rechtsnationalen Regierung in Warschau sieht. Die warf dem Sozialdemokraten daraufhin Parteilichkeit vor, was Timmermans aber nicht weiter schreckte.

Als Sohn eines niederländischen Diplomaten zog Timmermans durch halb Europa. Er lebte in Paris, Brüssel und Rom. Später studierte er französische Literatur-und Sprachwissenschaft in den Niederlanden und im französischen Nancy Europarecht, Politik und französische Literaturwissenschaften. Als Diplomat war er unter anderem in Moskau. Er spricht – anders als Weber, der neben seiner Muttersprache nur Englisch beherrscht – sieben Sprachen fließend, darunter Deutsch und Russisch.

Soziales als Schicksalsfrage

Auch politisch leben Weber und Timmermans in verschiedenen Welten. Der CSU-Politiker pocht sehr auf Sicherheit, Schutz der Außengrenzen und dauerhafte Lösungen gegen illegale Migration. Timmermans hingegen erklärt das Soziale zur Schicksalsfrage für Europa. „Bei der Sozialfrage müssen wir wirklich nachlegen, da haben wir wirklich eine Riesenaufgabe“, sagte er in Lissabon. Zu viele Europäer fühlten sich abgehängt. Wenn man nicht gemeinsam eine Lösung finde, „dann wird Europa scheitern, dann werden sich die Leute von Europa abwenden, das darf uns nicht passieren“.