„Die Weiden“: Jubel für Uraufführung an Staatsoper

Ein Warnschrei, getarnt als Groteske: Mit der Uraufführung von „Die Weiden“ von Johannes Maria Staud und Durs Grünbein Samstagabend hat die Wiener Staatsoper eine bitterböse Abrechnung mit der „conditio austriaca“ und damit zugleich ein Lehrbuchexemplar eines österreichischen Theatermahnmals herausgebracht.

Das Stück, in dem Nationalismus, Hetze und Fremdenhass mit dickem Pinselstrich und einer dringend notwendigen Portion Absurdität an den Pranger gestellt werden, erzählt anhand einer Flussreise, die unschwer erkennbar an der Donau in Ostösterreich angesiedelt ist, vom Versinken einer Gesellschaft im braunen Strom, verziert mit pseudointellektuellen Bierzeltreden und vollendet durch die Verwandlung von Menschen in hässliche, gleichförmige Karpfen.

Ö1 bietet die Uraufführung von „Die Weiden“ zum Nachhören in seinem Player.

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Ungeschminkte Gegenwartsparabel

Regisseurin Andrea Moses inszenierte die ungeschminkte Gegenwartsparabel mit viel Pragmatismus, setzt ein bisschen gar viel auf Filmeinspielungen und sorgt mit Sinn für beiläufige Pointen für eine ganze Reihe starker Szenen.

Stauds charakteristische Tonsprache, die Elektronisches beinahe gleichwertig in ihre Textur integriert, reich an Zitaten und Collagen ist und sich über weite Strecken auf den gesprochenen statt gesungenen Text verlässt, sorgt für hohe Spannung und vermittelt emphatisch die Dringlichkeit einer nur noch knapp zu vereitelnden Katastrophe.

„Die Weiden“
Wiener Staatsoper GmbH/Michael Pöhn

Lang anhaltender Beifall

Das Libretto von Grünbein verwebt Zitate aus dem aktuellen politischen Diskurs geschickt in ein düsteres Sprachpanorama am schmalen Grat zwischen Heimat und Hass, zwischen Verdrängtem und Hervorbrechendem. Der laut hörbaren, warnenden Botschaft wird dabei jedoch meist das Primat vor dem Poetischen eingeräumt.

Von einigen fest entschlossenen Buhrufern abgesehen zeigte sich das Publikum einverstanden und spendete den Protagonisten und Machern langen Applaus. Rachel Frenkel, die sich wegen einer Stimmbandentzündung Nachsicht erbeten hatte, wurde für ihre Hauptrolle als kritische Fremde Lea gefeiert, Tomasz Konieczny für seine kraftstrotzende Darstellung des heimkehrenden Peter.