Riksdag in Stockholm
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Schweden

Vergebliche Suche nach Regierung

Drei Monate nach der Wahl hat Schweden immer noch keine neue Regierung. Das Parlament lehnte am Freitag den Sozialdemokraten Stefan Löfven als Ministerpräsidenten ab. Zwar war das Ergebnis erwartet worden, weniger kompliziert macht das die Suche nach einer Regierung aber nicht.

Löfven wollte eigentlich mit den Grünen eine Minderheitsregierung bilden. In den vergangenen Wochen war es ihm aber nicht gelungen, andere Parteien zu einer Zusammenarbeit zu bewegen. Löfven selbst war bei der Abstimmung am Freitag nicht anwesend, weil er am EU-Gipfel teilnahm.

Löfven ist seit 2014 Regierungschef in Schweden. Seit seiner Wahlniederlage am 9. September hat er das Amt aber nur noch geschäftsführend inne. Seine rot-grüne Koalition bekam nur knapp 33 Prozent der Stimmen. Auch das bürgerliche Lager hat keine Mehrheit im Parlament. Moderaten-Chef Ulf Kristersson wurde zuvor ebenfalls vom Reichstag als Ministerpräsident abgelehnt.

Keine konkreten Regierungsverhandlungen

Kristerssons bürgerliche Allianz aus vier Parteien war auseinandergebrochen, weil die Liberalen und die Zentrumspartei nicht an einer Regierung beteiligt sein wollten, die von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten gestützt wird. Doch auch mit den Sozialdemokraten konnten Liberale und Zentrum keine Einigung finden. Die Vorsitzende der Zentrumspartei, Annie Lööf, sagte am Montag, ihre Partei werde nicht mit den Sozialdemokraten zusammenarbeiten.

Stefan Löfven
APA/AFP/TT News Agency/Henrik Montgomery
Löfven wurde vom schwedischen Parlament als Ministerpräsident bisher abgelehnt

„Bei einer Ministerpräsidentenwahl werden wir gegen Löfven stimmen“, kündigte Lööf bereits zuvor an. Die Sozialdemokraten seien nicht bereit gewesen, die Forderungen ihrer Partei zu erfüllen. „Wir waren konstruktiv und kompromisswillig, aber andere Parteien halten an ihren Positionen fest“, bedauerte sie. „Nun müssen die Sozialdemokraten und die Moderaten die Verantwortung übernehmen, damit Schweden eine Regierung bekommt.“ Lööf schloss nicht aus, dass es Neuwahlen geben wird. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es also keine konkreten Regierungsverhandlungen.

Parlamentspräsident Andreas Norlen hatte aber angekündigt, nach der Abstimmung erneut mit den Parteichefs reden zu wollen. Er kann nun zwei weitere Abstimmungen ansetzen. Erst nach vier ergebnislosen Wahlen kann es eine vorgezogene Parlamentswahl geben. Diese sei für ihn aber nicht wünschenswert, sagte Norlen kürzlich bei einer Pressekonferenz. Neuwahlen seien für ihn ein Zeichen des Scheiterns, so der Parlamentspräsident noch vor ein paar Tagen.

Neuwahl zunehmend wahrscheinlicher

Doch nun scheint auch Norlen langsam der Geduldsfaden zu reißen. „Die Parteien drängen auf eine Neuwahl“, so der Parlamentspräsident in einem Statement: „Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschlossen, die nötigen Schritte für die Vorbereitung zu ergreifen.“ Wie die Nachrichtenagentur Reuters analysiert, soll diese Drohung aber in erster Linie die Parteien dazu bringen, sich doch noch auf einen Kompromiss zu einigen.

Sollte es zu Neuwahlen kommen, wäre das weder für den Mitte-links- noch für den Mitte-rechts-Block förderlich. Als wahrscheinlich gilt Umfragen zufolge, dass sich das Wahlergebnis nicht um viele Sitze ändern würde. Ein mögliches Szenario ist laut Reuters außerdem, dass eine Neuwahl die Schwedendemokraten stärken könnte, was beide großen Blöcke tunlichst vermeiden wollen.

Möglich ist laut Reuters, dass Parlamentspräsident Norlen noch einmal Kristersson, den Chef der Moderaten, für eine Abstimmung im Reichstag nominiert und, falls dieser die Abstimmung verliert, noch einmal Löfven eine letzte Chance geben würde.

Belgiens Koalition gescheitert

Schweden ist nicht das einzige Land in der EU, in dem sich die Regierungsbildung schwierig gestaltet. Weil der belgische Premier den UNO-Migrationspakt billigte, trat die flämische Nationalistenpartei N-VA am Sonntag aus Protest zurück. Premierminister Charles Michel von der liberalen Reformbewegung begab sich danach zum belgischen König, um eine Umbildung der Regierung ohne die drei Minister und zwei Staatssekretäre der N-VA anzukündigen.

Michel wird nun stattdessen eine Minderheitsregierung seiner frankophonen Reformbewegung anführen. Doch im Mai 2019 steht in Belgien schon die nächste reguläre Parlamentswahl an. Wie Michel bis dahin Mehrheiten im Parlament finden will, ist unklar.