Theresa May
Reuters/Toby Melville
Abstimmung im Parlament

May schließt „Brexit“-Votum vor Jänner aus

Die von der britischen Premierministerin Theresa May vergangene Woche abgesagte „Brexit“-Abstimmung im britischen Parlament soll nun definitiv nicht mehr vor Weihnachten stattfinden, wie es die oppositionelle Labour-Partei gefordert hatte. Indes mehren sich die Forderungen nach einem zweiten Referendum.

May will erst in der dritten Jänner-Woche über den „Brexit“-Deal abstimmen lassen, wie sie am Montag im britischen Parlament erklärte. Das für den 11. Dezember geplante Votum war schon davor einmal verschoben worden, um eine Niederlage für May abzuwenden. Das britische EU-Austrittsgesetz setzt den 21. Jänner als Lostag auf dem Weg zum „Brexit“ fest.

Sollte es bis dahin keinen Deal geben, muss sich die britische Regierung innerhalb von fünf Tagen über ihr weiteres Vorgehen äußern. May hatte sich in den vergangenen Tagen bemüht, weitere Zugeständnisse von den EU-Partnern zu bekommen. Ein Aufschnüren des zuvor verhandelten Pakets hatte Brüssel aber kategorisch ausgeschlossen.

Brüssel will nichts mehr ändern

May hatte sich vor allem – vergeblich – bemüht, „Zusicherungen“ hinsichtlich der in London umstrittenen Garantie für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland im „Brexit“-Vertrag zu bemühen. Dieser „Backstop“ sieht vor, dass Großbritannien notfalls als Ganzes in einer Zollunion mit der EU bleibt, sollte keine bessere Lösung gefunden werden. Das würde Großbritannien Kritikern zufolge langfristig an die EU binden.

Junge Demonstranten in London
Reuters/Phil Noble
Die Forderungen nach einem zweiten „Brexit“-Referendum werden lauter

Eine parteiübergreifende Gruppe verstärkt indes ihre Forderung nach einem weiteren Referendum über den Ausstieg Großbritanniens aus der EU. Spekulationen, die Regierung bereite inzwischen selbst Pläne für eine zweite Volksabstimmung vor, dementierten Mitarbeiter der Premierministerin am Wochenende vehement.

May warnt vor zweitem Referendum

In der Rede im britischen Parlament warnte May vor der Durchführung eines zweiten Referendums. Das würde der Integrität der britischen Politik „irreparablen Schaden“ zufügen und das Land „weiter spalten“: „Lassen Sie uns den Briten gegenüber nicht Wort brechen, indem wir versuchen, ein weiteres Referendum abzuhalten.“

Aus Brüssel gibt es zu diesem Thema „absolut keinen Kommentar“, so ein Sprecher der EU-Kommission. Der erreichte Deal zwischen May und der EU sei „der beste und einzig mögliche“.

Die Kritik an May wird lauter. Zwar überstand sie vergangene Woche eine Vertrauensabstimmung in ihrer Fraktion. Doch mehr als ein Drittel der konservativen Abgeordneten hatte ihr das Misstrauen ausgesprochen. Auch im Kabinett rumort es. Wirtschaftsminister Greg Clark sprach sich am Montag dafür aus, den Abgeordneten die Wahl zu lassen, wie es weitergehen soll, wenn das Abkommen im Parlament abgelehnt wird.

Alternativer „Brexit“-Plan?

Sollte das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen vom Parlament abgelehnt werden, droht am 29. März 2019 ein ungeregelter „Brexit“ mit unabsehbaren Folgen für die Wirtschaft und Chaos in vielen Lebensbereichen. Eine kleine Gruppe von „Brexit“-Hardlinern in der konservativen Regierungsfraktion spricht sich offen für den „Brexit“ ohne Vertrag aus. Einem Bericht des „Telegraph“ zufolge könnte sich Entwicklungshilfeministerin Penny Mordaunt an die Spitze dieser Gruppe stellen und May mit einem alternativen „Brexit“-Plan herausfordern.

Corbyn will May mit Misstrauensvotum drohen

Der Chef der britischen Labour-Partei will May nach Medienberichten noch an diesem Montag mit einem Misstrauensvotum drohen. Das berichtete unter anderem der britische Sender ITV. Demnach werde Corbyn eine Vertrauensabstimmung im Parlament ankündigen, sollte May nicht „unmittelbar“ ein Datum für die verschobene Abstimmung über den „Brexit“-Deal mit der EU nennen. Stürzen kann die Opposition May durch das vorgesehene Verfahren den Berichten zufolge aber nicht.