Lavaströme fließen vom Anak Krakatau Rakata (Indonesien)
Reuters
Nervenkitzel

Vulkantouristen werden zum Problem

Vulkane üben auf viele Menschen eine eigene Faszination aus. Einige wagen sich allerdings immer häufiger zu weit an rauchende und spuckende Krater heran. Viele dieser Vulkantouristen seien sich allerdings absolut nicht bewusst, welcher Gefahr sie sich aussetzen. Diese kommt von allen möglichen Seiten, Praxistipps wie „Wenn es stinkt, besser umkehren“ sind auch keine wirkliche Versicherung.

Vulkanologen können diese Faszination durchaus nachvollziehen, warnen aber davor, dass sich mehr und mehr Vulkantouristen auf der Suche nach dem Nervenkitzel in Lebensgefahr bringen und mitunter auch noch Einsatzkräfte behindern. Zuletzt befasste sich die britische Royal Geographic Society (RGS) in einem Bericht mit dem Thema, das etwa besonders in Island aktuell ist.

Diese Abenteurer verstünden den Ernst der Lage, in die sich begeben, nicht, heißt es darin. Dasselbe Verständnis fehle dafür, dass sich auch Rettungskräfte oft in große Gefahr begeben müssen, um verunglückte Touristen zu bergen. Die „Vulkanophilen“ wagten sich nämlich auch ins Gelände, wenn Vulkane ausbrechen – oder besonders dann. Sie wollten das „Naturspektakel“ körperlich spüren und mit allen Sinnen wahrnehmen, zitierte die BBC am Donnerstag aus dem Bericht.

Der Mount Soputan in Nordsulawesi (Indonesien) spuckt heiße Asche
Reuters/Antara Foto Agency
Besonders Indonesien ist ein Land voller Vulkane. Im Bild: Eruption des Soputan auf der Insel Sulawesi vor wenigen Tagen.

„Vulkanophil“: Die Faszination der Urgewalt

Diese Menschen seien von der „elementaren Kraft“ der Vulkane fasziniert, schreibt die Autorin, die Geografin Amy Donovan von der britischen Universität Cambridge, darin. Es sei die „intensive Erfahrung“ aus der Nähe, welche sie anziehe. „Man kann das Gas riechen, die Geräusche hören, die der Boden macht. Sie wollen näher sein, um die Kraft der Erde zu spüren.“ Die „Vulkanophilen“ stünden am Ende des Spektrums, so Donovan. Sie seien rund um die Welt auf der „Jagd“ nach gerade explodierenden Vulkanen. Das Smartphone sei an der zunehmenden Zahl der „Vulkantouristen“ nicht ganz unbeteiligt, so die Studienautorin.

Der Mount Merapi in Indonesien bei einem Ausbruch im November 2010
AP
Der Gunung Merapi auf Java spuckt Asche (2010)

Posieren mit dem ausbrechenden Vulkan ist offenbar ein beliebtes Motiv. Immer wieder würden Menschen schwer verletzt, es gab auch schon Tote. Schaulustige würden von Lavabomben getroffen, viele wüssten nicht, dass die „Feuerfontänen“ bei Eruptionen giftige Gase freisetzen.

Risiko oft kaum berechenbar

Die Vulkanabenteurer seien sich auch nicht bewusst, wie rasch sich die Lage ändern kann, selbst Geologen könnten das nicht immer einschätzen. Gegen den leichtsinnigen Tourismus vorgehen könne man kaum, so Donovan. „Die Menschen brechen Sicherheitsvorschriften. Sie können Vulkane nicht über Nacht bewachen.“ Einige Länder werben aber auch aktiv mit der Schönheit ihrer „Feuerberge“. Gleichzeitig stehen sie dann vor dem Problem, dass Touristen oft leichtsinnig sind.

Touristen machen Fotos vom Ausbruch des Kilauea in Hawaii
AP/Jae C. Hong
Besucher machen Fotos von einer Eruption des Kilauea auf Hawaii (Mai 2018)

Viele Vulkane weltweit, aktiv und erloschen, sind beliebte Ziele von Trekkingtouren: von Ätna, Stromboli und Vesuv, alle aktiv, in Italien über den Fuji in Japan, den Kilauea auf Hawai bis zu Rinjani, Batur und Merapi in Indonesien. Letzterer gilt als einer der gefährlichsten Vulkane der Welt. Er brach in den letzten Jahren mehrfach aus. Auch der Kilauea ist einer der aktivsten Vulkane der Welt. Der isländische Eyjafjallajökull lockt Besucher an, seit er 2010 durch einen Ausbruch den Luftverkehr über weiten Teilen Europas lahmlegte.

Eruption des Eyjafjallajökull als Initialzündung

Nichts spricht prinzipiell gegen eine Besteigung von Vulkanen, aber zur richtigen Zeit und bei den richtigen Bedingungen. Vulkantourismus ist auch keine Modeerscheinung des Jahres 2018. Vor allem die Eruption des Gletschervulkans Eyjafjallajökull rückte das Thema ins Licht der Öffentlichkeit, ein entscheidender Impuls für die Popularität des Vulkantourismus. „Wie gefährlich ist Vulkantourismus?“, fragte 2010 die „Süddeutsche Zeitung“ und interviewte dazu einen Vulkanologen, der die unter anderem die Unberechenbarkeit der Berge betonte.

„Wenn es stinkt“, ist es schon gefährlich

Im deutschen „Focus“ (Onlineausgabe) hieß es im gleichen Jahr praxisnah: „Wenn es stinkt, besser umkehren.“ In dem Bericht ging es auch um die „unsichtbare Gefahr“ vulkanischer Gase. Wenn es nach faulen Eiern riecht, sind Schwefelwasserstoffe in der Luft. Diese können ein Indiz für andere, viel gefährlichere vulkanische Gase sein. Oft kündigen sich diese aber nicht so deutlich an.

Touristen machen Fotos vom Ausbruch des Mount Agung in Bali
Reuters/Johannes Christo
In bestimmten Situationen ist ein Sicherheitsabstand die bessere Wahl

Laut Schätzungen kamen, berichtete die BBC im Mai, seit dem Jahr 1500 etwa 280.000 Menschen durch Vulkane ums Leben, 170.000 davon allein bei sechs Eruptionen. 2.000 Personen seien es seit dem Jahr 2000 gewesen. „Vulkanophile“ mit Hang zum Nervenkitzel blieben dabei in der absoluten Minderheit, auch in den letzten Jahren. Sehr oft ist die unmittelbare Umgebung von Vulkanen trotz ihrer Aktivität dicht besiedelt – wie etwa auf der indonesischen Insel Java mit dem Merapi. Für die Bewohner ist sie Alltag. Weltweit dürften etwa 800 Mio. Menschen in weniger als 100 Kilometer Entfernung zu einem der rund 1.500 aktiven Vulkane in 81 Ländern leben.

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