Wartende Passagiere am Flughafen Gatwick in London
AP/Tim Ireland
Wegen Drohnen

Flugchaos hält London in Atem

Seit Monaten hat es in London immer wieder Vorfälle mit Drohnen in der Nähe der Flughäfen gegeben. Nun ist der Ernstfall eingetreten: Mehrere Drohnen im Start- und Landebereich sorgten dafür, dass der Flughafen Gatwick völlig lahmgelegt wurde. Und dann tauchte eine weitere Drohne auf.

Wenige Tage vor Weihnachten hatte London-Gatwick alle Starts und Landungen absagen müssen. Seit Mittwochabend ist der Flugverkehr wegen einer Drohne gestoppt, Tausende Reisende sind seither auf dem Flughafen gestrandet. Das Chaos hat auch Auswirkungen auf den internationalen Reiseverkehr, Österreich inklusive.

In Wien waren Reisende der Fluglinien British Airways, Level und easyJet durch Verspätungen betroffen. In Salzburg hob ein Flugzeug mit Verspätung in Richtung London ab. Ein weiterer Flug wurde gestrichen. Auf dem Innsbrucker Flughafen fielen mindestens zwei Flüge nach und zwei Flüge von London-Gatwick aus.

Armee hilft bei Suche nach Drohnenlenker

Die Polizei setzte, britischen Medienberichten zufolge, Scharfschützen und einen Helikopter ein, um die Verantwortlichen ausfindig zu machen. „Wir setzen unsere Suche nach den Betreibern fort“, twitterte die Polizei in der Region Sussex. Auch die britische Armee hat am Donnerstag die Suche nach dem Drohnenlenker unterstützt. „Wir werden die Streitkräfte einsetzen, um die Lage in den Griff zu bekommen“, sagte Verteidigungsminister Gavin Williamson dem Fernsehsender Sky News.

„Wir sind zur Unterstützung dort und tun, was wir können.“ Was genau die Aufgabe der Armee sein sollte, sagte er nicht. Laut Willamson hatte die Polizei die Streitkräfte um Unterstützung bei der Suche nach dem Drohnenlenker gebeten. Dutzende Polizisten waren an der Suche beteiligt. Die Polizei ging von einer absichtlichen Störung des Flugverkehrs aus.

„Erst, wenn es sicher ist“

Eine Wiederöffnung des Flugbetriebs wurde am frühen Nachmittag verzögert, als erneut eine Drohne in der Nähe des Flughafens gesichtet wurde. Auf dem Airport rechnet man mittlerweile mit einer Beeinträchtigung des Flugverkehrs bis Freitag. „Es ist klar unsere Absicht, den Flughafen zu öffnen, aber erst, wenn es sicher ist“, so Flughafenchef Chris Woodroofe.

Mittlerweile ist Londons zweitgrößter Flughafen mehr als zwölf Stunden geschlossen. 110.000 Passagiere waren laut Angaben des Flughafens im Sender BBC betroffen. Die Zahl dürfte weiter steigen: Eigentlich sollten am Donnerstag 115.000 Passagiere auf dem Flughafen Gatwick abgefertigt werden.

„Keine Drohne von der Stange“

Am Mittwoch gegen 21.00 Uhr Ortszeit (22.00 Uhr MEZ) wurden erstmals zwei Drohnen gesichtet. Daraufhin wurden Starts und Landungen wegen der Kollisionsgefahr untersagt. Am Donnerstag um 3.00 Uhr Ortszeit konnte der Flugbetrieb kurz wieder aufgenommen werden, doch nach weiteren Berichten über Drohnen musste er bereits nach 45 Minuten wieder eingestellt werden. Erst wenn die Polizei Entwarnung gibt, kann der Flughafen wieder öffnen.

Bei einer der Drohnen handelt es sich laut Woodroofe um ein professionelles Gerät. „Es ist definitiv keine Standarddrohne von der Stange“, sagte er BBC Radio. Nach der Wiederaufnahme des Flugbetriebs werde es mehr als 24 Stunden dauern, bis sich der Betrieb normalisiere.

Tipps für Reisende

Europas siebentgrößter Flughafen hat die Passagiere aufgerufen, nicht anzureisen, ohne sich vorher bei ihrer Airline zu versichern, dass ihr Flug auch tatsächlich stattfindet.

Für Polizei vorsätzliche Handlung

Die Polizei sprach von einem vorsätzlichen Eingriff in den Flugverkehr. Mehr als 20 Polizeieinheiten suchten nach dem Verursacher. Der Sprecher von Premierministerin Theresa May sprach von einem unverantwortlichen und inakzeptablen Akt. Nach britischem Recht ist es verboten, im Umkreis von einem Kilometer um einen Flughafen eine Drohne aufsteigen zu lassen. Bei Verstößen drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis.

Kein ähnlicher Fall in Österreich

Einen ähnlichen Drohnenvorfall wie in London-Gatwick gab es laut Markus Pohanka, Pressesprecher der Austro Control, in Österreich bisher nicht. Allerdings kam es auf Linienflügen in wenigen Fällen zu Sichtungen von Drohnen in großem Abstand. „In so einem Fall nimmt der Pilot per Funk Kontakt mit der Austro Control auf. Wir setzen uns dann mit der Polizei in Verbindung, die versucht, den Drohnenpiloten ausfindig zu machen“, so Pohanka.

Prinzipiell herrscht in der Nähe von Flughäfen ein absolutes Flugverbot für Drohnen. Eine Ausnahme besteht für genehmigte Drohnen, die nach Rücksprache mit dem Kontrollturm in einem sicheren Bereich gesteuert werden. Käme es tatsächlich zu einer gefährlichen Drohnensichtung in Flughafennähe, würde dem Innenministerium, dem Verkehrsministerium und der Austro Control eine etwaige formale Luftraumsperre obliegen.

Ruf nach strengeren Regeln

„Operativ würde die Austro Control rasch eingreifen, indem sie Flüge auf die andere vorhandene Piste in Schwechat umleiten würde“, sagte Pohanka. Johannes Schwarcz, Vorsitzender des Fachbereichs Luftfahrt in der Gewerkschaft vida, forderte in einer Aussendung strengere Regeln für Drohen in Österreich. „Drohnen sind für Hobbypiloten vielleicht ein Freizeitspaß, in diesen Laienhänden bergen sie aber ein enormes Gefahrenpotenzial“, warnte Schwarcz.