Brent McGurk
AP/Susan Walsh
Syrien-Abzug

Weiterer US-Offizieller wirft das Handtuch

Nach dem angekündigten Rückzug von US-Verteidigungsminister Jim Mattis zieht nun ein zweiter hochrangiger US-Offizieller Konsequenzen aus dem US-Rückzug aus Syrien. Mit Ende des Jahres werde Brett McGurk ausscheiden, wurde am Samstag vom Außenministerium bestätigt. Er war seit 2015 Sonderbeauftragter für die US-geführte Internationale Allianz gegen den Islamischen Staat (IS).

Zuvor hatte der Sender CBS berichtet, McGurk habe seinen Rücktritt am Freitag eingereicht. Es ist wohl ein Schritt mit Signalwirkung – wie auch Mattis war er mit dem von US-Präsident Donald Trump verfügten Abzug der US-Truppen aus Syrien nicht einverstanden, wie aus Regierungskreisen verlautete.

Die nun abziehenden US-Soldaten unterstützten im Bürgerkriegsland den Kampf gegen die Terrormiliz IS, die nun nach Meinung des US-Präsidenten besiegt sei. McGurk habe laut CBS „starke Differenzen“ mit Trump hinsichtlich dessen überraschender Entscheidung gehabt. Damit kommt er dem Ablauf seines Mandats im Februar kommenden Jahres zuvor.

Irritationen und Unverständnis ausgelöst

Auch Mattis ließ in seinem Rücktrittsschreiben ähnliche Beweggründe erkennen. Er schrieb, Trump habe das Recht, sich einen Verteidigungsminister auszusuchen, dessen Meinungen mehr auf einer Linie mit den Positionen des Präsidenten lägen. Es sei für ihn deswegen „richtig“, von seinem Amt zurückzutreten.

Jim Mattis
AP/Pablo Martinez Monsivais
US-Verteidigungsminister Mattis verlässt die Trump-Regierung

Die Nachricht von Mattis’ Rückzug kam einen Tag nach Trumps Ankündigung, die US-Soldaten aus Syrien abzuziehen – was national wie international Irritationen und Unverständnis auslöste. Nach Darstellung des Senders CNN und anderer US-Medien hatte Trump den Abzug gegen den ausdrücklichen Rat von Mattis wie auch von Außenminister Mike Pompeo und Sicherheitsberater John Bolton beschlossen.

Trump änderte Wortwahl

Am Samstag änderte Trump infolge heftiger Kritik schließlich seine Wortwahl: Der IS sei „weitgehend besiegt“, schrieb Trump auf Twitter. Andere Länder in der Region, darunter die Türkei, könnten nun problemlos mit dem fertig werden, was noch von der Terrororganisation übrig sei.

Die „Washington Post“ berichtete, Trump habe seinen Beschluss zum Truppenabzug aus Syrien, mit dem er schon länger geliebäugelt hatte, bei einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor gut einer Woche gefasst. Erdogan habe sein Unverständnis über das fortdauernde US-Engagement in Syrien geäußert, daraufhin habe Trump gesagt, die USA zögen sich zurück.

Dutzende Personalwechsel

Bereits im September war über einen Austausch des Pentagon-Chefs, der seit rund zwei Jahren im Amt war, spekuliert worden. Damals hatten mehrere Zeitungen berichtet, er werde in den kommenden Wochen aus der Regierung ausscheiden. Der Journalist Bob Woodward hatte in seinem Enthüllungsbuch „Fear“ geschrieben, Mattis habe sich mehrfach herablassend über Trump geäußert. Mattis hatte die Berichte damals zurückgewiesen, und Trump selbst erklärte, Mattis werde noch lange im Amt bleiben.

USA in Syrien

Offiziell sind die 2.000 US-Soldaten mit der Ausbildung und Ausrüstung von syrischen Oppositionsmilizen betraut. Sie besetzen aber auch Spähposten und sichern Landepisten. Die USA griffen auch von außen in Syrien ein, etwa als Trump im April 2017 einen Luftwaffenstützpunkt Assads hatte beschießen lassen.

Mattis Rückzug folgte auch auf diverse Personalwechsel in Trumps Kabinett in den vergangenen Wochen. Zuletzt erst hatte Trump angekündigt, seinen Stabschef John Kelly sowie Innenminister Ryan Zinke auszuwechseln. Seit Trump im Weißen Haus regiert, hat es Dutzende Personalwechsel gegeben – zu den aufsehenerregendsten gehörte die angeblich per Twitter erfolgte Entlassung von Außenminister Rex Tillerson im März.

Erst im November hatte Trump seinen Justizminister Jeff Sessions zum Rücktritt gedrängt. Frühere Mitarbeiter des Weißen Hauses haben in Insiderberichten ein Bild von chaotischen Zuständen gezeichnet. Trumps Weißes Haus verzeichnete laut dem Thinktank Brookings Institution die höchste Fluktuation von leitenden Angestellten der letzten fünf Präsidenten.

Applaus aus Moskau

Indes verteidigte Trump zuletzt wiederholt seine Entscheidung zum Truppenabzug aus Syrien: „Wollen die USA der Polizist im Nahen Osten sein?“, schrieb er auf Twitter. „Sollen wir ewig dort bleiben?“ Die Präsenz bringe den USA nichts, koste aber das Leben von Soldaten sowie Billionen Dollar für den Schutz anderer. Nach dem angekündigten Truppenabzug setzt die US-Luftwaffe vorerst ihre Angriffe in Syrien jedoch fort.

Grafik: Karte von Syrien zeigt die Konfliktparteien mit kontrollierten Gebieten, sowie die isherige Präsenz von US-Truppen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/BBC/IHS Conflict Monitor

Russlands Präsident Wladimir Putin bezeichnete Trumps Schritt als „korrekte“ Entscheidung. Er teile auch Trumps Einschätzung, dass der IS in Syrien weitgehend besiegt sei, sagte Putin am Donnerstag. Internationale Experten sehen Russland neben der Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und dem Iran als größte Nutznießer von Trumps Kommando zum Rückzug der US-Präsenz.

Gerüchte um Truppenabzug aus Afghanistan

Laut Putin gibt es bisher noch keine Anzeichen für einen US-Abzug. Auch aus Afghanistan sei mehrmals der völlige Abzug angekündigt worden. Trotzdem seien weiterhin US-Truppen dort. Laut zwei amerikanischen Vertretern denkt Trump jedoch intensiv über eine deutliche Reduzierung der Truppen in Afghanistan nach. Tausende Soldaten könnten in ihre Heimat zurückgeschickt werden, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen am Donnerstag. Derzeit sind 14.000 in Afghanistan stationiert. Das Verteidigungsministerium wollte sich nicht dazu äußern.

Es sehe so aus, als ob Trump jegliche Geduld in Bezug auf die US-Präsenz in Afghanistan verloren habe, sagten zwei andere Insider. Erst am Mittwoch habe er im privaten Kreis darüber geschimpft und die Frage aufgeworfen, warum die Truppen nach so vielen Jahren immer noch dort seien. Trump hatte noch 2017 einer Aufstockung der Zahl der US-Militärs in dem Land zugestimmt, dies nach eigenen Angaben aber widerwillig getan.

US-Soldaten sind seit 17 Jahren in Afghanistan, mehr als 2.400 von ihnen kamen bei dem Einsatz ums Leben. Vertreter des Verteidigungsministeriums haben allerdings wiederholt erklärt, ein voreiliger Rückzug aus dem Land würde es Militanten erlauben, neue Anschläge gegen die USA vergleichbar mit denen vom 11. September 2001 zu verüben.