L train in Williamsburg, Brooklyn, New York
APA/AFP/Getty Images/Spencer Platt
„L-Train Apocalypse“

New York entkommt dem U-Bahn-Chaos

Ein Tunnel der New Yorker U-Bahn-Linie L, die Manhattan mit Brooklyn verbindet, hätte ab Ende April für 15 Monate wegen dringlicher Reparaturarbeiten gesperrt werden sollen. Hunderttausende Menschen im Einzugsgebiet wären betroffen gewesen, die „L-Train Apocalypse“ wurde vorausgesagt. Nun wurde diese überraschend abgewendet.

Gouverneur Andrew Cuomo sagte die Sperre am Donnerstag kurzfristig wieder ab. Dank einer „neuen Technologie aus Europa“ könnten die Reparaturarbeiten nun ohne Komplettschließung durchgeführt werden. Nur nachts und am Wochenende werde es Einschränkungen geben. Für die Bevölkerung sei das ein „phänomenaler Vorteil“.

Die L-Linie ist eine der meistgenützten der Stadt. Sie führt durch Viertel wie Williamsburg und Bushwick, die Anziehungspunkt für junge Leute, hippe Geschäfte und stark frequentierte Restaurants und Bars sind. Besucher aus anderen Stadtteilen würden durch die Sperre ausbleiben, fürchtete man dort, Gastronomie und Handel müssten mit herben Einbußen rechnen.

L train in Williamsburg, Brooklyn, New York
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Williamsburg ist eine der Hipster-Hochburgen New Yorks

Tunnel elf Kilometer lang überflutet

Grund für die ursprünglich geplante Sperre waren durch den Hurrikan „Sandy“ 2012 verursachte Schäden am Canarsie-Tunnel durch den East River. Gleise, Signale, Weichen, Kabel für Strom, Anzeigen und Kommunikation sowie Lichter und Gemäuer harren einer Reparatur oder einer Erneuerung, nachdem im Zuge von „Sandy“ ein elf Kilometer langer Teil der Bahntunnel überflutet worden war. Die Arbeiten könnten keinesfalls vermieden werden, ließ Thomas Prendergast, Vorsitzender der Verkehrsgesellschaft MTA (Metropolitan Transportation Authority), wissen.

Der ursprüngliche Plan, den die MTA nach langer öffentlicher Debatte geschmiedet hatte, sah die vollständige Schließung eines Teils der L-Linie vor. Eine beschädigte Betonwand, die den Tunnel auskleidet und Stromkabel umschließt, sollte abgerissen und neu aufgebaut werden. Nun ist geplant, Kabel entlang der Innenseite der Tunnel auf Gestellen zu installieren und die alten Kabel dort zu belassen, wo sie sind. Die alte Betonwand soll auch stehen bleiben, wenn nötig mit schützendem Material umhüllt werden.

Hinweistafeln zum U-Bahn-Umbau
AP/Mary Altaffer
Die Komplettsperre der L-Linie wurde kurzfristig abgesagt

Nach Ankündigung der Änderung machte sich bei den vielen Betroffenen Erleichterung breit – alternative Verkehrsrouten, die das MTA vorgeschlagen hatte, waren ohnehin in Zweifel gezogen worden. New Yorks Bahnen und Busse gelten als unberechenbar, auf andere Linien auszuweichen kostet wegen des hohen Andrangs und langer Gehwege oft viel Zeit, teils ist Umsteigen gar keine Option. Für andere kam die Kehrtwende allerdings zu spät: Sie hatten sich bereits um neue Wohnungen oder Arbeitsstätten bemüht, um dem Pendlerchaos zu entgehen.

Skepsis bleibt

Andere hegen allerdings Zweifel an dem Projekt: „Der Plan des Gouverneurs mag funktionieren oder nicht, aber Skepsis ist angebracht. Es ist fraglich, ob eine über Weihnachten überlegte Hau-ruck-Aktion tatsächlich besser ist als das, was die MTA jahrelang geplant hat“, zitierte die „New York Times“ John Raskin, Chef der Riders Alliance, die Pendlerinteressen vertritt.

Und auch bei New Yorks Stadtchef Bill de Blasio wollte vorerst keine Euphorie aufkommen. „Wenn diese neue Strategie echt ist, dann denkt der Bürgermeister, dass das sehr gute Nachrichten für die Fahrgäste der Linie L sind“, ließ er über seinen Sprecher ausrichten. Die MTA habe allerdings dringenden Erklärungsbedarf, wie der plötzliche Sinneswandel zustande gekommen sei.