VIG-Chefin Elisabeth Stadler
Reuters/Heinz-Peter Bader
Neun von 186

Weniger Frauen in heimischen Vorständen

Der Frauenanteil in den Vorstandsetagen heimischer börsennotierter Unternehmen ist im Vorjahr von 6,0 auf 4,8 Prozent zurückgegangen. Von 186 Vorständen sind nur neun Frauen, zwei weniger als im Jahr davor. Der Beratungskonzern EY warnt vor negativen Folgen für Österreich.

Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten stieg dagegen von 18,8 auf 23,2 Prozent. Jeder vierte Aufsichtsrat erfüllt die Quote nicht, erhob das Prüf- und Beratungsunternehmen EY. Nur in sieben von 58 börsennotierten Unternehmen findet sich überhaupt ein weibliches Vorstandsmitglied. Nur ein Unternehmen, die Vienna Insurance Group (VIG), hat mehr als eine Frau in der Chefetage – nämlich drei. Drei der neun Frauen in den Vorstandsetagen leiten das Unternehmen auch: Herta Stockbauer bei der BKS Bank, Karin Trimmel beim Kräuterlikörhersteller Gurktaler und Elisabeth Stadler bei der VIG. Fünf Frauen stehen dem Finanzressort vor.

In Österreich zeige sich mit dem rückläufigen Frauenanteil eine entgegengesetzte Entwicklung zu Deutschland, wo der Frauenanteil in Vorständen börsennotierter Unternehmen erneut gestiegen sei, nämlich von 7,3 auf 8,6 Prozent, so die Wirtschaftsprüfer anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen „EY Mixed Leadership Barometers“.

VIG-Chefin Elisabeth Stadler
Reuters/Heinz-Peter Bader
Elisabeth Stadler ist die erste Frau an der Spitze der Vienna Insurance Group

„Keine Fortschritte“

„In Österreich gibt es weiterhin keine Fortschritte auf dem Weg zu einem ausgewogenen Verhältnis von Frauen und Männern in den Chefetagen“, kommentierte Helen Pelzmann, Partnerin und Verantwortliche für die Initiative „Women. Fast Forward“ bei EY Österreich, die Ergebnisse. Die heimischen Unternehmen würden es nicht schnell genug schaffen, talentierte Frauen in die oberste Etage zu bringen.

Weniger Innovationskraft

Das könnte ein Problem für den Wirtschaftsstandort Österreich werden, nämlich dann, wenn dadurch die Innovationsfähigkeit der Unternehmen beeinträchtigt werde, so Pelzmann. Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Sichtweisen, Ideen und Fähigkeiten führe oft zu neuen Lösungen, zu mehr Innovationskraft und werde so auch ein wichtiger Faktor für den Unternehmenserfolg. Zudem würden Unternehmen, die keine Frauen in Führungspositionen setzen, für Frauen immer unattraktiver und verlören daher den Kampf um die besten Köpfe.

Die meisten Frauen sind momentan in den Chefetagen von Handelsunternehmen anzutreffen, wo ihr Anteil bei 14 Prozent liegt. An zweiter und dritter Stelle folgen die IT- (elf Prozent) und die Finanzbranche (zehn Prozent). Keine einzige Vorständin gibt es in sechs Branchen: Automobil, Energie, Immobilien, Rohstoffe, Telekommunikation und Transport.

Karin Peschka (BKS-Bank-Publikumspreis) mit BKS Vorständin Herta Stockbauer
APA/Gert Eggenberger
BKS-Chefin Herta Stockbauer (r.) überreicht der Schriftstellerin Karin Peschka den BKS-Bank-Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb (2017)

Gesetzliche Quote bei Aufsichtsräten wirkt

Seitdem am 1. Jänner 2018 die gesetzliche Frauenquote in Aufsichtsräten (30 Prozent) in Kraft getreten ist, ist der Frauenanteil in den Kontrollgremien der an der Wiener Börse notierten Unternehmen von 18,8 auf 23,2 Prozent gestiegen. Von den derzeit 544 Aufsichtsratsmitgliedern sind 126 Frauen. Der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder stieg zum dritten Mal in Folge, in 59 Prozent der Unternehmen sind inzwischen mindestens zwei Aufsichtsräte Frauen.

Auch wenn Quoten nicht das Allheilmittel sein könnten, zeige diese Quote Wirkung: „Eine diverse Zusammensetzung des Aufsichtsrats kann für jedes Unternehmen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein, weil sich komplexe Herausforderungen nur mit vielfältigen Kompetenzen und Perspektiven bewältigen lassen“, so Pelzmann. Es gebe aber noch Aufholbedarf. Mehr als jedes vierte verpflichtete Unternehmen erfülle die Frauenquote noch nicht.

Am höchsten ist der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder derzeit in der Telekommunikationsbranche (33 Prozent), aus der allerdings nur ein Unternehmen, die Telekom Austria, an der Wiener Börse notiert ist. Ähnlich hoch ist der Anteil in der Finanz- (30 Prozent), Energie- (28 Prozent) und Transportbranche (26 Prozent).

Bogner-Strauß will Maßnahmen besprechen

Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) reagierte besorgt auf die Studie. „Der Rückgang des Frauenanteils in den Vorstandsetagen heimischer börsennotierter Unternehmen ist eine äußerst beunruhigende und negative Entwicklung“, so die Ministerin am Montag in einer Aussendung.

Es sollte für alle ein Weckruf sein, „dass es beim Thema Frauen in Führungspositionen noch sehr viel Arbeit zu leisten gibt, um im 21. Jahrhundert anzukommen“, so Bogner-Strauß. Die Unternehmen in Österreich sollten sich ein Beispiel an der Bundesverwaltung nehmen. So sei der Anteil von Frauen in Führungsfunktionen im Bundesdienst von 18 Prozent 2011 auf 30 Prozent bis Ende 2017 gestiegen. Wie stark Frauen in Führungspositionen vertreten sind, sei besonders für die Gleichberechtigung in der Arbeitswelt eine zentrale Frage.

Um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, sei ein regelmäßiger Austausch zwischen Unternehmen im Hinblick auf erfolgreiche Maßnahmen zur Frauenförderung wichtig. Die Frauenministerin will sich in den nächsten Wochen mit Vertreterinnen und weiblichen Führungskräften von österreichischen Topunternehmen im Bundeskanzleramt treffen, um mögliche Maßnahmen zu einer Verbesserung zu besprechen.

SPÖ kritisiert Frauenministerin

Von der oppositionellen SPÖ kommt Kritik: „Die zahn- und mutlose Ankündigung der Frauenministerin, Gesprächsrunden zum Thema Frauenförderung führen zu wollen, wird am Rückgang der Frauen in Vorstandsetagen jedenfalls nichts ändern“, so die Frauenvorsitzende der SPÖ, Gabriele Heinisch-Hosek, in einer Aussendung. „Was mehr Frauen bringen würde, ist bekannt, wird aber von ÖVP und FPÖ seit Jahren ignoriert: Quoten. Damit werden nicht nur Frauen bewusst an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft gehindert, sondern auch die Wirtschaft wird um bessere Ergebnisse gebracht.“ Die SPÖ fordere daher Quoten auch für Vorstände.

Auf Druck der SPÖ sei im Vorjahr auch eine Quote für Aufsichtsräte großer Unternehmen eingeführt worden, und dort sei der Frauenanteil gestiegen. Für Vorstände gibt es eine derartige Regelung nicht, hier gebe es auch deutlich weniger Frauen. Im Bundesdienst gebe es für Führungspositionen schon seit Jahren eine Quote, daher seien in diesem Bereich auch besonders viele Frauen, derzeit 30 Prozent, in den höchsten Funktionen.