EU-Fahnen
AP/Frank Augstein
Brexit

May will Deal in letzter Minute retten

Großbritanniens Premierministerin Ministerin Theresa May läuft die Zeit davon: Schon am Dienstag stimmt das britische Unterhaus über den mit der EU ausgehandelten Brexit-Vertrag ab. Am Montag warb sie noch einmal für das Abkommen – und warnte, dass es bei einer Ablehnung zu gar keinem Ausstieg aus der EU kommen könnte.

Im Falle einer Ablehnung ihres Brexit-Abkommens hält May einen Stopp des EU-Austritts für wahrscheinlicher als einen Ausstieg ohne Deal. Das berichtete die britische Nachrichtenagentur PA Montagfrüh unter Berufung auf ein ihr vorliegendes Redemanuskript Mays.

May sprach Montagmittag zu Fabriksarbeitern in Stoke-on-Trent, einer Stadt, die mehrheitlich für den Brexit ist. In ihrer Rede sagte sie, dass sie die Abgeordneten ermahnen werde, dass es ihre Pflicht sei, das Ergebnis des Referendums umzusetzen. Wenn das nicht geschehe, werde das Vertrauen in Politiker katastrophal geschädigt.

May appelliert an Gewissen vor Abstimmung

„Es gibt einige in Westminster, die den Brexit verzögern oder sogar stoppen wollen und die jedes ihnen zur Verfügung stehende Mittel nutzen werden, um das zu tun“, so May in ihrer Rede. Die Abgeordneten seien eindringlich aufgerufen, „die Folgen ihres Handelns für den Glauben des britischen Volkes an unsere Demokratie zu berücksichtigen“. Sie glaube nun, dass es wahrscheinlicher sei, dass die Abgeordneten den Brexit vereitelten, als ein Austritt ohne Abkommen.

Am Nachmittag wird sich May einem Bericht des Senders Sky zufolge auch vor dem Unterhaus zu ihrem Brexit-Abkommen äußern. Dabei soll es vor allem um den „Backstop“ gehen, der eine Notfallregelung darstellt, sollte es nicht rechtzeitig zu einer Lösung der irischen Grenzfrage kommen.

Schreiben zu „Backstop“ reicht DUP nicht

Montagmittag veröffentlichte die EU einen Brief zur Frage des „Backstop“. Darin wird unter anderem betont, dass man sich bemühen werde, bis 2020 ein Handelsabkommen zu erreichen, um den „Backstop“ nicht aktivieren zu müssen. Sollte das doch notwendig werden, solle die Regelung nur befristet in Kraft bleiben.

Der Brief macht aber auch deutlich, dass es keine Neuverhandlung des „Backstop“ geben werde. Die nordirische DUP sagte, dass das Schreiben der EU nicht ausreiche. Das ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil die DUP mit ihren zehn Abgeordneten die Tory-Minderheitsregierung Mays unterstützt.

Minister: „No-Deal kein nationaler Selbstmord“

Die Abstimmung über die Brexit-Vereinbarung zwischen London und den 27 anderen Mitgliedsstaaten ist am Dienstag geplant. Vieles deutet nach Auffassung von Beobachterinnen und Beobachtern auf eine Niederlage für May hin. Die Folge könnte ein ungeregelter Brexit zum Austrittsdatum am 29. März ohne Übergangsregeln sein, der zu Chaos führen könnte.

Im Gegensatz zu May geht Handelsminister Liam Fox davon aus, dass Großbritannien bei einer Ablehnung des Deals die EU ohne Abkommen verlassen werde. Die britische Regierung wolle zwar einen Deal, bereite sich aber auch auf den gegenteiligen Fall vor, sagte Fox der BBC. „Ich betrachte einen No-Deal nicht als nationalen Selbstmord.“

Emotionaler Brief von EU-Abgeordneten an Briten

In einem emotionalen Brief baten unterdessen mehr als hundert Abgeordnete des EU-Parlaments die Britinnen und Briten, in der EU zu bleiben. „Wir bitten darum, im Interesse der nächsten Generation den Austritt zu überdenken“, heißt es im Entwurf des Schreibens, das Anfang der Woche in Großbritannien veröffentlicht werden soll.

„Jede britische Entscheidung, in der EU zu bleiben, würde von uns sehr begrüßt, und wir würden mit Ihnen zusammenarbeiten, um die Europäische Union zu reformieren und zu verbessern“, zitierte die deutsche Funke-Mediengruppe aus dem Schreiben. „Wir haben den enormen Einfluss der britischen Politiker und Bürger in den vergangenen 40 Jahren sehr geschätzt. Wir würden das außergewöhnliche Know-how unserer britischen Kollegen vermissen.“

Der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer wollte mit seiner Initiative an die britische Bevölkerung „die Hände noch einmal ausstrecken“. 130 EU-Abgeordnete der EVP, der Sozialdemokraten, der ALDE und der Grünen haben den Wunsch unterzeichnet, dass Großbritannien doch in der EU bleibe.