Chemie in Nahrung: EU-RH mit kontroversem Vorschlag

Der Europäische Rechnungshof macht mit einem kontroversen Vorschlag auf sich aufmerksam: Nationale Lebensmittelbehörden sollten bei der Kontrolle bestimmter Chemikalien in Lebensmitteln künftig enger mit Industrie und Herstellern zusammenarbeiten.

Während staatliche Stellen gezielt nach Rückständen etwa von Antibiotika und Spritzmitteln in Nahrungsmitteln suchten, komme die Überprüfung von Farbstoffen, Geschmacksverstärkern und Enzymen oft zu kurz, lautet das Fazit eines heute veröffentlichten Berichts des EU-RH.

Geld und Personal fehlt

Die EU-Regeln seien „überfrachtet“, die EU-Staaten mit den Lebensmittelkontrollen überfordert, hieß es. Die Regeln seien so umfangreich, dass es den nationalen Prüfstellen nicht gelinge, alle ihre Aufgaben zu erfüllen.

Die EU hat eine Fülle von Rechtsvorschriften für den Einsatz von Chemikalien in Lebensmitteln erlassen. Sie regulieren den Gebrauch von rund 8.000 Stoffen, von Pestiziden, über Futtermittelzusätze bis hin zu Lebensmittelaromen.

Dabei seien gerade Grenzwerte für Farbstoffe oder Geschmacksverstärker, wie sie die EU-Kommission vorgibt, ernst zu nehmen, sagt Janusz Wojciechowski, polnisches Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. Es sei unklar, ob die Substanzen langfristig gesehen dem Körper schaden. Für strengere Kontrollen fehle es aber an Personal und Geld.

Heikles Unterfangen

Der Rechnungshof schlägt daher vor, die öffentlichen Stellen sollten sich mit privaten zusammentun. „Lebensmittelunternehmer haben zum Schutz ihres guten Rufs und aus ökonomischen Gründen ein großes Interesse daran, die Sicherheit der von ihnen verkauften Lebensmittel zu gewährleisten“, heißt es dazu im Bericht des Rechnungshofes.

Auf der anderen Seite ist das Unterfangen heikel, wie auch Wojciechowski gegenüber dem ORF in Brüssel einräumte: „Das Risiko besteht, dass Hersteller nicht objektiv prüfen“ und wirtschaftliche Gründe über die Lebensmittelsicherheit stellen könnten – mehr dazu in oe1.ORF.at.

Gutes Zeugnis für EU-Kontrollsystem

Insgesamt stellt der Rechnungshof dem europäischen Kontrollsystem ein gutes Zeugnis aus. Europa sei Vorbild, was die Überprüfung von Chemikalien in Lebensmitteln betreffe. Auch die UNO-Weltgesundheitsorganisation (WHO) bewertet die Lebensmittelkontrollen in der EU als die besten weltweit.