Luftaufnahme des verschneiten Hohenems
APA/Dietmar Mathis Fotografie
Lawinengefahr bleibt

Nach dem Schnee kommt die Kälte

Nach den Rekordneuschneemengen scheint sich die Lage nun zu entspannen. Das Wetter wird ruhig, teilweise sonnig, vor allem aber: kalt. Die Aufräumarbeiten sind jedoch noch lange nicht vorbei, und auch in den Bergen ist weiterhin höchste Vorsicht geboten. Denn die Tage unmittelbar nach starken Schneefällen sind für Wintersportler die gefährlichsten.

Sonne, Pulverschnee und unverspurte Hänge – diese Kombination könne jetzt zur tödlichen Gefahr werden, warnen Experten. Die Statistik zeigt, dass nach starken Schneefällen am häufigsten Lawinen von Wintersportlern ausgelöst werden. Auch wenn sich die meisten an Warnschilder halten und die gesicherten Pisten nicht verlassen, gebe es immer auch einen kleinen Teil Unbelehrbarer, so Rudi Mair vom Lawinenwarndienst Tirol.

Besonders gefährdet seien unerfahrene Wintersportler, die in Skigebieten die Pisten verlassen, so Norbert Zobl, Leiter der Alpinpolizei in Tirol. Schon ein relativ kurzer Hang könne zur tödlichen Falle werden – mehr dazu in tirol.ORF.at. Verbreitet herrscht in sechs Bundesländern zudem weiterhin Lawinenwarnstufe vier der fünfteiligen Skala.

Skifahrer ignorierte Warnung

So musste in Lech am Arlberg am Dienstag etwa ein 28-jähriger Mann mit dem Hubschrauber aus dem freien Skigelände gerettet werden. Der deutsche Skifahrer verließ trotz Lawinenwarnstufe vier die gesicherte Piste und geriet in felsiges Gelände. Wegen grob fahrlässigen Verhaltens muss der 28-Jährige die Bergekosten selbst bezahlen – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Grafik zeigt Lawinengefahr in Österreich
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/lawinen.at

Ein seit Samstag im freien Skiraum von Lech am Arlberg vermisster Skifahrer ist am Mittwoch indes tot aus dem durchsuchten Lawinenkegel geborgen worden. Der 28-jährige Deutsche sei in einer Tiefe von zweieinhalb Meter gefunden worden, teilte die Polizei mit – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Woche geprägt von Kälte und Sonne

In den nächsten Tagen werden unterdessen nur noch geringe Neuschneemengen erwartet. Der Donnerstag soll den Prognosen zufolge größtenteils sonniges und mildes Wetter bieten. In Kärnten werden allerdings in der Nacht von Donnerstag auf Freitag rund 30 Zentimeter Neuschnee erwartet. Gegen Ende der Woche wird es zunehmend kälter, die Temperaturen schaffen am Freitag laut ORF-Wetterredaktion maximal minus vier bis plus vier Grad. In 2.000 Metern hat es minus 13 bis minus neun Grad. Am Alpen-Hauptkamm und im Osten bläst kräftiger Wind aus West bis Nordwest.

Fotostrecke mit 4 Bildern

Umgefallener Strommasten
Austrian Power Grid
Aufgrund der Neuschneemassen der vergangenen Tage kam es zu einem Ausfall der Leitung zwischen Kaprun und Salzburg
Verschneite Landschaft im Gebiet von St. Koloman bei Salzburg
APA/Barbara Gindl
In der Salzburger Gemeinde St. Koloman waren die Einwohner und Einwohnerinnen tagelang eingeschneit
Eine zugeschneite Bushaltestelle in St. Koloman
APA/Barbara Gindl
Ein Großteil der Schneemassen in St. Kolomann ist bereits weggeräumt
Helfer befreien ein Dach in St. Koloman
APA/Barbara Gindl
Freiwillige Helfer befreien ein Dach – ob und wie sie entschädigt werden, ist noch unklar

Das Wochenende bringt eine weitere Abkühlung, die Temperaturen erreichen höchstens plus drei Grad. Trotz ausgedehnter Wolkenfelder bleibt es aber trocken. Sonnig wird es vor allem in den Alpen. Ähnlich beginnt auch die nächste Woche: Am Montag kommt es zwar überall zu einigen Sonnenstunden, die Kälte aber bleibt. So hat es am Montag und auch am Dienstag höchstens zwei Grad – mehr dazu in wetter.ORF.at.

Aufräumarbeiten nach dem Dauerschneefall

Nach dem Schneechaos der vergangenen Tage sind nun etliche Straßensperren aufgehoben und abgeschnittene Orte wieder erreichbar – mehr dazu in salzburg.ORF.at, tirol.ORF.at und vorarlberg.ORF.at. Doch obwohl der Dauerschneefall vorüber ist, geht in den von den Schneemassen betroffenen Gebieten die Arbeit weiter. Denn die lange Phase des Schneefalls hat für viele Probleme gesorgt – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Auch in Salzburg waren Tausende freiwillige Helfer und Helferinnen fast zwei Wochen lang im Einsatz. Sie schaufelten Dächer ab, befreiten Straßen von umgestürzten Bäumen und bargen Fahrzeuge – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

In der Steiermark laufen die Aufräumarbeiten nach einem Lawinenabgang indes noch auf Hochtouren – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Zudem werden die Gefahrenzonenpläne adaptiert, das Land plant zusätzliche Schutzbauten, und der Bund sichert mehr Geld für den Lawinenschutz zu – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

SPÖ fordert für Helfer Geld aus Katastrophenfonds

Die SPÖ forderte angesichts der Schneemengen mehr Unterstützung für freiwillige Helfer. All jenen, die sich Urlaub nehmen, um gegen die Schneemassen zu kämpfen, soll ihr Verdienstentgang zur Gänze direkt aus dem Katastrophenfonds ersetzt werden, schlug SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner vor. Zudem bekräftigte Rendi-Wagner auch die Forderung nach fünf Tagen Sonderurlaub und einer besseren arbeitsrechtlichen Absicherung für freiwillige Helfer.

Lawinensprengung des österreichischen Bundesheeres am Grimming in der Steiermark
APA/Bundesheer/Ertl
Lawinensprengung des Bundesheeres auf dem Grimming in der Steiermark

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) will den Verdienstentgang allerdings nicht aus Mitteln des Bundes ersetzen und verwies gegenüber der „Wiener Zeitung“ auf die Zuständigkeit der Länder. Diese seien gefordert, für einen „flächendeckenden umfassenden Anspruch auf Verdienstentgang der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im freiwilligen Katastrophen- und Rettungsdienst gegenüber den Ländern bzw. Gemeinden zu sorgen“. Sie erinnerte an Regeln in einigen Feuerwehrgesetzen der Länder und sprach sich für eine Lösung in ganz Österreich aus.

Sonderurlaub nur für Bundesheer

Einem Sonderurlaub steht die Ministerin mit Skepsis gegenüber. Arbeitgebern sollten keine Zusatzkosten entstehen. Gegen die gesetzliche Festlegung einer bezahlten Dienstfreistellung spreche, dass sich das „mitunter als Einstellungshemmnis“ für Arbeitnehmer erweisen könne. Einer einvernehmlichen Lösung in Unternehmen sei „der Vorzug zu geben“.

Sonderurlaub gibt es hingegen für rund 1.700 Soldaten und Soldatinnen, die zuletzt bei der Beseitigung der Schneemassen im Einsatz waren. Sie sollen nach Abschluss der Arbeiten Sonderurlaub bekommen, so Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) am Mittwoch nach dem Ministerrat. Er und auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nutzten die Gelegenheit, sich bei allen Helfern und Helferinnen für ihren Einsatz zu bedanken.

Neue Rekorde bei Schneemengen

In Oberösterreich, Salzburg, Tirol und der Steiermark wurden laut der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) bei den Schneemengen neue Rekordwerte erreicht. Bereits bestätigt wurden dabei Rekordwerte der 15-tägigen Neuschneesumme für Hochfilzen (451 Zentimeter), Seefeld (283 Zentimeter), Bad Mitterndorf (270 Zentimeter), Lofer (263 Zentimeter), Abtenau (240 Zentimeter) und Kufstein (168 Zentimeter).

Verantwortlich für die enormen Mengen war die seit Ende Dezember anhaltende Nordströmung, die immer wieder feuchte Luftmassen nach Österreich brachte. An den Alpen wurde die feuchte Luft wie an einer Mauer aufgehalten und an der Nordseite der Alpen, im Nordstau, schneite und regnete es stark.

Versicherungen rechnen mit hohen Schäden

Alleine in Salzburg waren 26 Gemeinden laut Landesmedienzentrum auf dem Straßenweg nicht erreichbar, am Höhepunkt waren 17 Orte gleichzeitig „eingeschneit“. Mit 53.800 Personen hatte ein Zehntel der Salzburger Bevölkerung keinen Verkehrsanschluss. 29 hochrangige Straßen wurden wegen Lawinengefahr gesperrt, 2.800 Haushalte waren zeitweise ohne Strom.

Die Versicherungen erwarten hohe Schäden. Man könne es mit dem Jahr 2006 vergleichen, „wo die österreichische Versicherungswirtschaft bei einem ähnlichen Schneedesaster rund 260 Millionen Euro an Zahlungen für Schneedruck und Schäden aus dem Schneedruck leistete“, sagte der Präsident des Versicherungsverbandes und Uniqa-Österreich-Chef Kurt Svoboda im Mittagsjournal. Die ersten Schadensbegutachtungen werden in den nächsten Tagen stattfinden. Das gesamte Ausmaß der Schäden wird aber erst Ende März abschätzbar sein.