Van der Bellen: EU-Wahl ist richtungsweisend

Bundespräsident Alexander Van der Bellen sieht die EU-Wahl im Mai als richtungsweisend an. Es gehe darum, welchen Kurs Europa künftig einschlagen werde, sagte Van der Bellen gestern bei einem Pressegespräch in Wien. Eine geeinte EU sei wichtig für die Wirtschaft, aber auch um gegen Großmächte wie USA und Russland bestehen zu können, die an einem starken Europa gar nicht interessiert seien.

Die Europawahl mit der anschließenden Bildung einer neuen EU-Kommission werde eine Antwort bringen, so Van der Bellen: „Gehen wir in Richtung Nationalismus und Abschottung und schwächen uns damit selbst? Oder erkennen wir, dass das gemeinsame Europa die einzig richtige Antwort auf die Entwicklung auf der Welt insgesamt ist?“ Letztere sei unter anderem davon gekennzeichnet, dass „einige Nachbarn“ diesseits und jenseits des Atlantiks „kein Interesse“ hätten, dass sich die EU stark präsentiere.

„Österreich an Neutralität gebunden“

Die USA oder Russland würden sich mit einzelnen kleinen Ländern ja „leichter tun“, meinte Van der Bellen. Irritiert zeigte sich Van der Bellen insbesondere von der US-Regierung unter Präsident Donald Trump. Diese sei unberechenbar geworden. Zudem habe Trump offenbar das „Interesse an Westeuropa“ verloren. Das zeige sich auch in Trumps Zugang zur NATO.

Dadurch könnte auch die Situation in Europa schwieriger werden, so Van der Bellen im Zusammenhang mit der Frage, ob er sich eine gemeinsame EU-Armee vorstellen könnte. „Österreich ist laut Verfassungstext an die Neutralität gebunden“, sagte der Bundespräsident. Das habe aber auch bisher schon nicht ausgeschlossen, dass es bei Auslandseinsätzen mit NATO-Verbänden kooperiere.

USA „wie frühere Kolonialmächte“

Zudem würden beispielsweise die USA mitunter wie frühere Kolonialmächte auftreten, befand Van der Bellen und brachte als Beispiel den Atomdeal mit dem Iran. Da sei die EU bei allen Vorbehalten der Meinung gewesen, dass sich der Iran an den Vertrag halte, Trump habe aber nicht nur in einem Alleingang neue Sanktionen gegen Teheran erlassen, sondern auch noch „Secondary Sanctions“, die es europäischen Unternehmen „mit Erfolg“ verbieten, mit dem Iran Handel zu betreiben. „Geht das nicht zu weit?“, fragte Van der Bellen.

Eine starke und geeinte EU ohne Grenzen sei aber nicht nur für die Politik wichtig, sondern vor allem für die Wirtschaft, meinte der Bundespräsident. Bezüglich der EU-Wahl gebe es noch „100 Fragezeichen“, resümierte der Bundespräsident. Doch habe er den Eindruck, dass der Brexit-Entscheid „unserer britischen Freunde“ vielen Menschen die Augen geöffnet habe. Es habe sich ein Bewusstsein entwickelt, dass die EU tatsächlich zerfallen könnte.