Venezuelas Gegenpräsident will Druck auf Maduro erhöhen

Im Machtkampf zwischen der Regierung und der Opposition in Venezuela hat der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaido seine Anhänger zur Geschlossenheit aufgerufen. „Das Regime will Zweifel säen und einen Keil zwischen uns treiben, aber wir sind stärker als jemals zuvor“, sagte er gestern bei einer Kundgebung in Caracas.

Einen „falschen Dialog“ mit Staatschef Nicolas Maduro lehnte er ab. Maduro hatte gestern erklärt, er sei offen für Gespräche, um die Krise im Land zu beenden, und bereit, Guaido zu treffen. Der Parlamentschef hatte sich am Mittwoch selbst zum Übergangsstaatschef erklärt und Maduro die Legitimation abgesprochen. Die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder erkannten den Gegenpräsidenten umgehend als legitimen Staatschef an.

EU will Neuwahlen fordern

Allerdings kann Maduro noch auf die Streitkräfte zählen. Guaido rief das Militär gestern dazu auf, die Opposition zu unterstützen. „Soldaten, stellt euch auf die Seite des venezolanischen Volkes.“

Die EU will nun den Druck auf Maduro erhöhen und sofortige Neuwahlen fordern. Nach Angaben von EU-Diplomaten wurde in Brüssel eine entsprechende gemeinsame Erklärung der 28 Mitgliedsstaaten abgestimmt.

Auch Österreich unterstützt die demokratisch gewählte Nationalversammlung Venezuelas, wie das Außenministerium gestern nach einer Sitzung der für Außen- und Sicherheitspolitik zuständigen EU-Botschafter in Brüssel klarstellte. „Ziel muss ein friedlicher demokratischer Prozess im Einklang mit der venezolanischen Verfassung sein“, hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

Venezuela in tiefer Krise

Venezuela, das rund 30 Millionen Einwohner hat, steckt seit Langem in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Viele Regierungsgegner sitzen in Haft oder leben im Exil. Wegen eines Mangels an Devisen kann das einst reiche Land kaum noch Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs importieren. Rund drei Millionen Venezolaner sind schon ins Ausland geflohen.

Die Lage in Venezuela hatte sich seit einem gescheiterten Aufstand von Nationalgardisten am Montag kontinuierlich verschärft. Bei Protesten gegen Maduro wurden laut der Nichtregierungsorganisation Beobachtungsstelle für soziale Konflikte seit Wochenbeginn 26 Menschen getötet. Mehr als 350 Menschen wurden zudem in dieser Woche festgenommen, wie die UNO-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet in Genf mitteilte.

Söldner aus Russland zum Schutz von Maduro

Russland kritisierte unterdessen erneut die Haltung Washingtons in der Venezuela-Krise. Außenminister Sergej Lawrow verurteilte die „zerstörerische“ Politik der USA in Venezuela und „vielen anderen Ländern“. Insidern zufolge sind auch Söldner aus Russland zum Schutz Maduros im Einsatz.

Die Vertreter privater Sicherheitsunternehmen seien in den vergangenen Tagen in das südamerikanische Land geflogen, sagten Personen aus dem Umkreis der Kämpfer der Nachrichtenagentur Reuters. Heute findet eine von den USA beantragte Krisensitzung des UNO-Sicherheitsrats statt.

Pompeo beauftragt umstrittenen Diplomaten

US-Außenminister Mike Pompeo hat für den Umgang mit der Krise in Venezuela den Diplomaten Elliott Abrams als Sonderbeauftragten benannt. Der 71 Jahre alte Abrams ist ein altgedienter US-Diplomat, der allerdings zweifelhaften Ruhm in mehreren schwerwiegenden außenpolitischen Affären in den 1980er Jahren unter Präsident Ronald Reagan erlangt hatte.

Abrams hatte etwa Berichte über ein Massaker in El Salvador im Jahr 1981 heruntergespielt. Später hatte er sich wegen seiner Rolle in der Iran-Contra-Affäre schuldig bekannt und war zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Von dem Putschversuch gegen Venezuelas damaligen Staatschef Hugo Chavez soll Abrams vorab gewusst und diesen abgenickt haben, wie damals der britische „Observer“ recherchiert hatte.