Karfreitag: Experte warnt vor zusätzlichem Urlaubstag

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach die derzeitige Feiertagsregelung des Karfreitags eine Diskriminierung wegen der Religion darstellt, steht die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung unter Druck. Der EuGH entschied, dass die Gewährleistung eines bezahlten Feiertags nur für Angehörige der evangelischen Kirchen AB und HB sowie dreier weiterer gleichheitswidrig ist. Bis 19. April muss eine neue EU-rechtskonforme Regelung her.

Zuletzt schlug der Arbeitsrechtler Martin Risak von der Uni Wien im „Standard“ vor, allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen zusätzlichen Urlaubstag zu gewähren. Menschen, die evangelisch sind, könnten dann den Karfreitag freinehmen, und Atheisten würden einen normalen Urlaubstag dazubekommen. Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker findet diesen Vorschlag gut.

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Extra Urlaubstag plus Karfreitag frei?

Der Sozial- und Arbeitsrechtler Franz Marhold von der Wirtschaftsuni Wien warnte hingegen vor einem zusätzlichen Urlaubstag, um die „Karfreitagsproblematik“ zu lösen. Denn, so Marhold im Gespräch mit ORF.at heute, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben laut Angestelltengesetz bereits Anspruch auf eine Lohnfortzahlung, wenn sie ihre Arbeit aus „wichtigen die Person betreffenden Gründen“ nicht erbringen können.

Unter solchen Gründen würden auch religiös motivierte verstanden, so Marhold, der seine Einschätzung auf einen Entscheid des Obersten Gerichtshofs (OGH) zum jüdischen Totengebet Kaddisch aus dem Jahr 1996 zurückführt. „Religiöse und familiäre Verpflichtungen“ könnten ein Fernbleiben vom Arbeitsplatz rechtfertigen, heißt es etwa.

„Wird nun der Karfreitag als Feiertag gestrichen und erhalten alle Arbeitnehmer zum Ausgleich einen Urlaubstag mehr, wird wohl auf diese Bestimmungen zurückgegriffen werden, um zumindest teilweise am Karfreitag freizubekommen“, sagt der Experte. Den zusätzlichen Urlaubstag würde man dann „nach eigenem Gutdünken" nehmen. Das bedeute, so Marhold, dass ein zusätzlicher Urlaubstag geschaffen werde und am Karfreitag weiterhin die Möglichkeit bestehe, für seine „Verpflichtungen“ eine gewisse Zeit freizunehmen.

Marhold schlägt Abtausch mit 26. Dezember vor

Auch im Fall des jüdischen Feiertags Jom Kippur, der im Generalkollektivvertrag verankert ist und an dem Juden und Jüdinnen Anspruch auf einen freien Tag haben, würde ein zusätzlicher Urlaubstag problematisch sein. „Egal wie der Generalkollektivvertrag aufgehoben wird, er wirkt nach seinem Erlöschen für alle nach, die zuvor von ihm erfasst wurden“, so Marhold.

Am Ende könne der zusätzliche Urlaubstag konsumiert werden, und für die Freizeit am Jom-Kippur-Fest stützt man sich auf die Nachwirkung des erloschenen Kollektivvertrages. „Darüber hinaus hat man noch weiterhin eine Diskriminierung nach der Religionszugehörigkeit“, warnte der Arbeitsrechtler.

Vorstellbar ist für Marhold ein anderer Abtausch als bisher vorgeschlagen. Bisher war die Rede davon, den Karfreitag gegen den Pfingstmontag als gesetzlichen Feiertag für alle zu tauschen. Nach Ansicht Marholds wäre der 26. Dezember, der Stephanitag, aber besser dafür geeignet: „Er ist nicht im Konkordat verankert, er fällt wie der Karfreitag in die Ferienzeit, und für Schulen wird sich nichts ändern. Außerdem sollte für Tourismusbetriebe Kostenneutralität bei der Feiertagsentlohnung bestehen.“