Selbst ernannter venezuelischer Interimspräsidenten Juan Guaido
APA/AFP/Yuri Cortez
Venezuela

Guaido darf nicht mehr ausreisen

In Venezuela geht der Machtkampf zwischen dem selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaido und Staatschef Nicolas Maduro in die nächste Runde. In der Nacht auf Mittwoch (Ortszeit) verhängte der Oberste Gerichtshof des Landes eine Ausreisesperre gegen Guaido. Außerdem wurden seine Konten eingefroren.

Der bisherige oppositionelle Parlamentspräsident habe widerrechtlich das Amt von Staatschef Maduro an sich gerissen, begründete der Präsident des Gerichts, Maikel Moreno, den Schritt. Deshalb werde gegen ihn ermittelt. Den entsprechenden Antrag hatte Generalstaatsanwalts Tarek William gestellt.

In Venezuela tobt seit geraumer Zeit ein Machtkampf zwischen Regierung und Opposition. Der von den USA unterstützte Guaido hatte sich vergangene Woche zum Übergangspräsidenten erklärt und will den sozialistischen Staatschef Maduro aus dem Amt drängen.

Angebliches Gesprächsangebot Maduros

Maduro soll laut russischen Medienberichten von Mittwochfrüh der Opposition Gespräche angeboten haben. „Ich bin bereit, mich mit der Opposition an den Verhandlungstisch zu setzen, damit wir über das Wohl Venezuelas sprechen können“, wurde er zitiert. Dazu forderte der Staatschef allerdings die Mitwirkung internationaler Mediatoren. Es gehe um den Frieden und die Zukunft seines Landes, sagte Maduro der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA. Berichte, wonach er auch Neuwahlen unterstütze, wurden wieder dementiert. Die „Imperialisten“ müssten bis 2025 warten, wurde Maduro zitiert.

„Einzige Antwort Verfolgung und Unterdrückung“

Maduro sprach bisher von einem Staatsstreich gegen seine Regierung. Zwar erfährt Guaido international breite Unterstützung, aber es fehlt ihm im Land selbst an einer echten Machtposition. Das Militär hält bisher treu zu Maduro. Guaido sagte zu den Ankündigungen des Generalstaatsanwalts, er sehe die Gefahr einer Inhaftierung: „Das ist nichts Neues. Die einzige Antwort dieses Regimes ist Verfolgung und Unterdrückung.“

Für Mittwoch hat Guaido zu weiteren Massenprotesten aufgerufen. Bei den Demonstrationen soll vor allem das Militär dazu aufgerufen werden, sich auf die Seite der Opposition zu stellen und humanitäre Hilfe ins Land zu lassen. Das von der Opposition kontrollierte, aber machtlose Parlament hat ein Amnestiegesetz verabschiedet, das Soldaten Straffreiheit zusichert, wenn sie sich an der „Wiederherstellung der demokratischen“ Ordnung beteiligten.

Europäische Staaten stellen Ultimatum

Mehrere europäische Staaten hatten Maduro zuletzt ein Ultimatum gestellt. Ruft er bis zum Wochenende keine freien und fairen Wahlen aus, wollen unter anderem Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien Guaido als legitimen Interimspräsidenten anerkennen.

USA erlassen Sanktionen gegen Venezuelas Ölsektor

Die USA verhängen Sanktionen gegen den staatlichen Ölkonzern Venezuelas. Diese Maßnahme soll den amtierenden Präsidenten Maduro dazu zwingen, die Macht zu übergeben.

„Wer mit Kugeln und Verhaftungen dem Streben nach Freiheit begegnet, ist kein Sozialist. Er ist ein Tyrann“, sagte etwa der spanische Regierungschef Pedro Sanchez bei einer Sitzung des Rats der Sozialistischen Internationalen in der Dominikanischen Republik über Maduro. „Freiheit und Gleichheit sind nicht verhandelbar.“

Ruf nach Sanktionen

Guaido appellierte an die EU-Staaten, nach dem Vorbild der USA Sanktionen gegen die Regierung seines Landes zu verhängen. Auf eine entsprechende Frage danach sagte er: „Ja, absolut, wir brauchen weitere Sanktionen aus der EU, so wie sie ja auch von den USA beschlossen wurden. Wir sind hier in einer Diktatur, und es muss Druck geben. Es werden immer mehr Menschen ermordet. Außerdem ist es eindeutig, dass das Regime absolut korrupt ist.“

Der Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, hatte Maduro zuletzt eindringlich davor gewarnt, Guaido „etwas zuleide zu tun“. Das hätte „ernste Konsequenzen“, sagte er. Russland und China unterstützen weiterhin Maduro, der sich bisher auch noch auf den Rückhalt der Armee und der Justiz verlassen kann.

Spekulationen über US-Militärpläne

Spekulationen gab es zuletzt über mögliche US-Pläne für einen Militäreinsatz. Allerdings hielt sich der amtierende US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan dazu bedeckt. Man beobachte die Lage sehr genau, sagte er bei einer Pressekonferenz im Pentagon.

Notizblock von Sicherheitsberater John Bolton
AP/Evan Vucci
Eine Notiz auf Boltons Notizblock sorgte am Dienstag für Spekulationen

Für Spekulationen hatte zuvor Bolton mit Notizen auf einem Block gesorgt. Darauf war der handgeschriebene Vermerk „5.000 Soldaten nach Kolumbien“ zu lesen – ein möglicher Hinweis auf einen Einsatz des US-Militärs. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump wollte militärische Schritte bisher explizit nicht ausschließen. Trump sagte: „Alle Optionen sind auf dem Tisch.“

Trump und Guaido haben sich in einem Telefonat auf einen regelmäßigen Austausch verständigt. Dadurch solle „Venezuelas Kampf für eine Rückkehr zur Demokratie“ unterstützt werden, teilte das Präsidialamt in Washington mit. Guaido sagte, Trump habe ihn seiner Unterstützung bei den Bemühungen um Demokratie versichert. Trump habe erneut humanitäre Hilfe versprochen.

Mindestens 26 Tote in drei Tagen

In Venezuela kamen bei den jüngsten Unruhen nach Informationen des UNO-Menschenrechtsbüros innerhalb von drei Tagen mindestens 26 Menschen ums Leben. Die Regierungsgegner seien nach glaubwürdigen Berichten zwischen 22. und 25. Jänner von der Armee oder bewaffneten Regierungsanhängern erschossen worden, berichtete ein Sprecher der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte in Genf.