Autoverkehr in Wien
ORF.at/Christian Öser
Gefahren befürchtet

Rechtsabbiegen bei Rot wird getestet

Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) treibt das Thema Rechtsabbiegen bei Rot voran: Am Mittwoch wurden im Nationalrat erste Tests beschlossen. Die Regierungsparteien erhielten dabei Unterstützung von NEOS. An der Novelle gibt es aber viel Kritik: Mehr Unfälle vor allem von Kindern und Sehbehinderten werden befürchtet.

Es ändere sich eigentlich nicht viel, sagte der FPÖ-Abgeordnete Christian Hafenecker. Es werde nur die grüne Zusatzampel durch eine Tafel mit einem grünen Pfeil ersetzt. Minister Hofer sagte, das Projekt sei gewissenhaft vorbereitet worden. Es gebe viele Länder, in denen Abbiegen bei Rot gut funktioniere – etwa die USA, Kanada und Australien. Und das werde auch in Österreich der Fall sein.

Die Tests sollen an drei Linzer Kreuzungen erfolgen. Die Auswahl der Orte werde anhand eines Kriterienkatalogs erstellt, so ein Sprecher des Verkehrsministeriums zu ORF.at. Nicht jede Kreuzung eigne sich, hieß es. So kämen etwa Straßen nahe Schulen nicht in die Auswahl. Die Tests sollen Anfang April starten und ein Jahr dauern. Gelten wird die Regelung für Fahrzeuge bis zu 7,5 Tonnen, also auch für Fahrräder.

Ausgenommen werden Lkws und Busse. Die Kreuzungen würden entsprechend gekennzeichnet, zudem sei es ohnehin geboten, zunächst an der Kreuzung abzubremsen, bevor man abbiege. Kritik am Projekt verstehe man nicht: Die Fußgängerampel stehe ohnehin auf Rot, wenn das Rechtsabbiegen möglich sei. Daher seien Fußgängerinnen und Fußgänger nicht stärker gefährdet.

Sorge um Kindersicherheit

SPÖ und Jetzt sahen das am Mittwoch anders: Mit dieser Maßnahme werde die Verkehrssicherheit infrage gestellt, so das Argument. Vor allem Kinder und sehbehinderte Menschen würden gefährdet, so Ex-Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ). Zudem blieben viele Fragen unbeantwortet, so Stöger in einer Aussendung. Auch die Autofahrer würden sich mit den neuen Zusatztafeln schwertun. Die Klarheit bei den Verkehrsregeln gehe verloren.

Schon jetzt verunglücke alle drei Stunden ein Kind im Straßenverkehr, alle zwei Tage sterbe eines oder werde schwer verletzt, sagte Stephanie Cox (Jetzt). „Internationale Erfahrungen zeigen, dass diese Regelung Fußgänger, Radfahrer, aber speziell beeinträchtigte Personen und Kinder massiv gefährdet. So haben sich bei der Einführung dieser Regelung in den USA etwa die Unfälle mit Fußgängern und Radfahrern verdoppelt. Auch in Deutschland, wo es eine ähnliche Regelung gibt, wie sie jetzt in Österreich getestet werden soll, geht man eher wieder davon ab“, so Cox unlängst via Aussendung. Rechtsabbiegen bei Rot eigne sich aber für Radfahrerinnen und Radfahrer.

NEOS fordert Evaluierung

NEOS stimmte am Mittwoch mit ÖVP und FPÖ für die Versuche mit dem Abbiegen: Man könne hier einen ersten Schritt machen, so der Abgeordnete Douglas Hoyos. NEOS verlangte aber eine „ordentliche Evaluierung“ der Tests. Hofer hatte bereits im Vorjahr mit den Plänen zum Rechtsabbiegen aufhorchen lassen. Ein ursprünglich für ein Jahr anberaumter Pilotversuch hätte bereits am 1. Jänner starten sollen, wurde aber verschoben.

Im September endete damals dafür die Begutachtungsfrist, auch da gab es etliche Stellungnahmen mit Kritik. Abgelehnt wurde das Projekt etwa vom Blinden- und Sehbehindertenverband (BSVÖ). Sehbeeinträchtigte Menschen müssten sich darauf verlassen müssen, dass die Querung einer Kreuzung mit einer Ampelanlage bei Grün ein gefahrloses Auf-die-Straße-Treten bedeute, so der Verband damals.

Autofahrerclubs vorsichtig

Die Autoclubs ÖAMTC und ARBÖ begrüßten am Mittwoch das Vorhaben, Rechtsabbiegen bei Rot zuzulassen, grundsätzlich. ÖAMTC-Chefjurist Martin Hoffer gab allerdings zu bedenken, dass ohnehin die meisten Kreuzungen, wo das geht, bereits mit entsprechenden leuchtenden Spurensignalen ausgerüstet seien. Kritisch sah der ÖAMTC auch den Umstand, dass bei Fehlern oder Missverständnissen die Unfallgefahr allgemein und vor allem hinsichtlich jener Straßenbenützer, die Grün haben, durchaus steigen könne.

Auch der ARBÖ wog seine Beurteilung ab: Grundsätzlich würden Initiativen begrüßt, um den Individualverkehr zu beschleunigen. Sicherheit habe aber oberste Priorität. „Erst wenn garantiert ist, dass die Verkehrssicherheit in keinster Weise negativ beeinflusst wird, kann über eine Ausweitung des Projekts beziehungsweise einen möglichen Regelbetrieb nachgedacht werden“, so ARBÖ-Generalsekretär Gerald Kumnig in einer Aussendung. „Auch wenn die Untersuchung zu einem positiven Abschluss kommt, sprechen wir uns dennoch gegen eine generelle Möglichkeit aus, an Kreuzungen das Rechtsabbiegen bei Rot zu genehmigen. Der Kriterienkatalog muss strikt eingehalten werden und muss künftig im Einzelfall an jeder Kreuzung geprüft werden.“