Porta Nuova business center in Mailand
AP/Luca Bruno
In Rezession gerutscht

Italien bleibt Sorgenkind der Euro-Zone

Das Versprechen der im Vorjahr angetretenen Koalition aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtspopulistischen Lega, wieder neuen Schwung in Italiens Wirtschaft zu bringen, hat am Donnerstag einen deutlichen Dämpfer bekommen. Nach Angaben der italienischen Statistikbehörde (ISTAT) ist die Wirtschaftsleistung der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone auch im Schlussquartal 2018 geschrumpft – Italien rutschte damit in die Rezession.

Analysten haben bereits im Vorfeld vor dieser konjunkturellen Entwicklung gewarnt – der Rückgang der Wirtschaftsleistung ist nun allerdings größer als prognostiziert. Den ISTAT-Zahlen zufolge beträgt das Minus im letzten Quartal des Vorjahres im Vergleich zum Vorquartal 0,2 Prozent. Erwartet wurde wie im dritten Quartal ein Rückgang von 0,1 Prozent. Bei zwei Quartalen in Folge mit einer sinkenden Wirtschaftsleistung sprechen Experten von einer „technischen Rezession“.

Wegen der anhaltenden Konjunkturflaute, vor allem aber wegen des Streits mit der EU-Kommission über das Defizitziel für 2019 sorgt Italien bereits länger verstärkt für Schlagzeilen. Dazu kommen weitere Konjunkturdaten, die wenig Anlass für Optimismus gaben. Zuletzt drosselten etwa die italienischen Unternehmen unerwartet kräftig ihre Produktion, nur leichte Entspannung gibt es zudem bei Italiens noch immer bei über zehn Prozent liegender Arbeitslosenquote. Anfang des Jahres ortete ISTAT zudem ein weiter sinkendes Unternehmensvertrauen und damit die Fortsetzung eines bereits seit Juli anhaltenden Trends.

Conte glaubt an baldige Erholung

Dennoch zeigte sich Finanzminister Giovanni Tria Mitte Jänner noch verhalten optimistisch und sagte gegenüber der Zeitung „Corriere della Sera“, dass er zwar eine Phase der Stagnation, aber keine Rezession erwarte. Noch vor Veröffentlichung der ISTAT-Quartalszahlen deutete Premier Giuseppe Conte schließlich am Mittwoch auf einer Konferenz in Mailand die nun auch offiziell bestätigte Rezession an.

Wie Conte in Folge mitteilte, werde Italien auch „in den ersten Monaten dieses Jahres noch zu kämpfen haben“, es seien aber alle Voraussetzungen für eine Besserung gegeben. Für das zweite Halbjahr 2019 rechne er jedenfalls wieder mit einer Belebung der Konjunktur. Dann würden auch die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums Resultate zeigen.

Laut Conte befinde Italien sich derzeit noch in einer Übergangsphase, wobei der parteilose italienische Premier vor allem externe Faktoren für die sinkende Wirtschaftsleistung verantwortlich machte. Conte verwies hier etwa auf den Zollstreit zwischen den USA und China, der sich auf ein exportorientiertes Land wie Italien negativ auswirke.

„Sie stürzen Italien in die Rezession“

In italienischen Medien war dennoch von einer „kalten Dusche“ die Rede. Wenig verwunderlich hagelte es von Oppositionsseite auch scharfe Kritik. „Endlich hat es die Regierung geschafft. Nach 14 Quartalen kontinuierlichen Wachstums haben die Koalitionsparteien Lega und Fünf-Sterne-Bewegung ihr erstes Resultat erreicht: Sie stürzen Italien in die Rezession“, kritisierte etwa der Fraktionschef der oppositionellen Sozialdemokraten (PD) im italienischen Senat, Andrea Marcucci.

Von Forza Italia kam zudem die Befürchtung, dass die Regierung Italien in den Bankrott treibe. „Die Rezession ist die vergiftete Frucht einer Regierung, die unvorbereitet auf die Verschlechterung der internationalen Konjunktur reagiert und nur auf zusätzliche Ausgaben setzt, um die Wirtschaft wieder in Bewegung zu bringen“, sagte die Fraktionschefin von Forza Italia im italienischen Senat, Anna Maria Bernini.

Forza-Italia-Chef Silvio Berlusconi ortete zudem bei der Fünf-Sterne-Bewegung die größte Gefahr für das Land und stellte seine Partei gleichzeitig als Alternative in die Auslage. Konkret rief Berlusconi Lega-Chef und Vizepremier Matteo Salvini dazu auf, die Koalition zu beenden und mit Forza Italia ein neues, von abtrünnigen Parlamentariern aus den Reihen der Fünf-Sterne-Bewegung unterstütztes Regierungsbündnis zu schließen.

Monatelanges Gezerre um Budget

Fünf-Sterne-Chef und Vizepremier Luigi Di Maio verwies unterdessen auf die noch junge Amtszeit der aktuellen italienischen Regierung. Die aktuelle Entwicklung sei die Folge der von Di Maio kritisierten Politik der Vorgängerregierungen. So wie der von der Fünf-Sterne-Bewegung zum Regierungschef erkorene Conte zeigte sich auch Di Maio von einer baldigen Erholung überzeugt. Die bisherige Wachstumsprognose von einem Prozent im Jahr 2019 werde halten, so Di Maio, der gleichzeitig den von der Fünf-Sterne-Lega-Regierung eingeschlagenen Weg verteidigte.

Italiens Regierung hatte erst nach Weihnachten ihren überarbeiteten Haushaltsplan für 2019 durch das Parlament gebracht. Hintergrund waren ein drohendes EU-Defizitverfahren, aber auch koalitionsinterner Streit. Die EU-Kommission und Italien vereinbarten erst nach monatelangem Gezerre, dass Rom die Neuverschuldung von eigentlich geplanten 2,4 auf 2,04 Prozent der Wirtschaftsleistung reduziert.

Beobachtern zufolge kommt das einem Abschied von der zuvor noch verfolgten Sparpolitik gleich. Ungeachtet eines Schuldenbergs von mehr als 130 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) setzt die Regierungskoalition in Rom auf die Umsetzung teurer Wahlversprechen wie ein Grundeinkommen und eine Senkung des Renteneintrittsalters. Kritiker werfen der Regierung in Rom zudem vor, sie habe durch den monatelangen Haushaltsstreit mit Brüssel die Lage noch verschärft, da das Vertrauen der Märkte gelitten habe und die Finanzierungskosten des Staates nach oben getrieben worden seien.

Euro-Zone auf Wachstumskurs

Im Gegensatz zu Italien gib es für die Euro-Zone auch im vierten Quartal 2018 ein leichtes Wachstum. Wie das Europäische Statistikamt (Eurostat) zuletzt bekanntgab, legte das BIP um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu. Für das Gesamtjahr 2018 geht die Behörde laut der vorläufigen Schnellschätzung von einem Wachstum von 1,8 Prozent aus. In Italien ist es laut ISTAT hingegen lediglich ein Prozent.

So wie vom Internationalen Währungsfonds (IWF) bezweifelt offenbar die EU-Kommission schließlich auch die Wachstumsprognosen der italienischen Regierung für 2019. Nach einem Bericht der Zeitung „La Repubblica“ will die Brüsseler Behörde den prognostizierten BIP-Anstieg von bisher 1,2 auf 0,6 Prozent senken. Die von der Zeitung kolportierten Angaben sind noch nicht offiziell – ob es tatsächlich zu dieser drastischen Senkung kommt, wird sich Anfang Februar klären.