Raketenstart des russischen Militärs
picturedesk.com/Tass
Nach INF-Ausstieg

Moskau treibt Bau neuer Rakete voran

Wenige Tage nach dem Ausstieg aus dem INF-Abrüstungsvertrag hat Russland die Entwicklung neuer Raketen und Waffensysteme angekündigt. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu erklärte am Dienstag, heuer und 2020 müsse die landgestützte Variante des bisher von der russischen Marine eingesetzten Kalibr-Marschflugkörpers und des dazugehörigen Raketensystems entwickelt werden.

Im selben Zeitraum müsse Russland ein landgestütztes Raketensystem mit einer Langstreckenhyperschallrakete bauen. Verteidigungsminister Schoigu begründete diesen Schritt mit dem Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag, der seit 1987 in Kraft war und landgestützte Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500 Kilometern verbietet. Russland war am Samstag ebenfalls aus dem Abkommen ausgestiegen. Der Vertrag ist nun einstweilen ausgesetzt.

Bei einem Treffen mit Verteidigungsvertretern sagte Schoigu, die Kalibr-Marschflugkörper hätten sich in Syrien bewährt. Die russische Marine setzt die Kalibr-Marschflugkörper seit dem Herbst 2015 in Syrien ein. Von einem Kriegsschiff im Kaspischen Meer wurden 26 Raketen auf Stellungen syrischer Rebellen in einer Entfernung von 1.500 Kilometern abgefeuert.

Landgestützte Version soll bereits existieren

Die Weiterentwicklung der bisher von Schiffen oder Flugzeugen abgefeuerten Raketen zu landgestützten Versionen mache die Produktion deutlich schneller und günstiger, sagte Schoigu. Nach Einschätzung von US-Experten gibt es die landgestützte Version des Kalibr-Marschflugkörpers bereits.

Konkret werfen die Amerikaner und die NATO den Russen immer wieder vor, mit ihren Raketen vom Typ 9M729 (NATO-Code: SSC-8) gegen den INF-Vertrag zu verstoßen, weil sie weiter fliegen als erlaubt. Russland bestreitet das und sagt, die Marschflugkörper hätten eine Reichweite von maximal 480 Kilometern.

Raketenstart des russischen Militärs
picturedesk.com/Tass/Vadim Savitsky
Russischer Beschuss vom IS-kontrolliertem Territorium in Syrien

Bestehende Raketen sollen weiter fliegen

Russlands Verteidigungsminister gab darüber hinaus in Auftrag, die maximalen Reichweiten von bereits entwickelten Raketen zu erhöhen. Seine Pläne würden von Präsident Wladimir Putin unterstützt, betonte der Minister.

Weil bodengestützte Mittelstreckenraketen günstiger sind, könnte Russland nach Ansicht von Verteidigungsexperten theoretisch mehr von ihnen in Reichweite von europäischen Zielen aufstellen. Putin hatte am Samstag aber versichert, solche Raketen nicht „in Europa oder anderen Regionen der Welt“ zu stationieren, solange es die USA nicht täten.

Kreml will nicht auf USA zugehen

Putin sagte bei einem Treffen mit Außenminister Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Schoigu am Wochenende, weitere Verhandlungen mit den USA werde Russland zu dem Thema vorerst nicht suchen. Grundsätzlich sei Moskau zwar offen für den Dialog, dieser müsse aber von den USA angestoßen werden, sagte Putin. „Die Verantwortung für das Ende des Vertrages liegt zur Gänze bei den USA“, teilte das Moskauer Außenamt mit. „Falls Washington sein destruktives Vorgehen überdenkt, sind wir offen, über dieses Thema zu reden.“

Mögliches Signal für neues Wettrüsten

Der INF-Vertrag war 1987 vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan und dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow unterzeichnet worden. Die USA und Russland werfen sich gegenseitig vor, den Abrüstungsvertrag aus den Zeiten des Kalten Krieges zu verletzen. Experten sehen in der Aufkündigung des Abkommens ein mögliches Startsignal für ein neues Wettrüsten.