Biomassekraftwerk
ORF.at/Michael Baldauf
SPÖ-Veto im Bundesrat

Ökostromnovelle vor Aus auf letzten Metern

ÖVP und SPÖ liefern sich derzeit einen Schlagabtausch über die Ökostromnovelle, mit der Biomassekraftwerke weiter gefördert werden. Im Jänner wurde die Novelle im Nationalrat mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit (ÖVP, FPÖ und NEOS) beschlossen. Scheitern könnte sie aber nun im Bundesrat an der SPÖ, die am Samstag mit ihrer Kritik nachlegte.

In der Novelle zum Ökostromgesetz geht es im Wesentlichen darum, die Förderungen für Biogas- und für Biomasseanlagen, die nach 13 Jahren seit 2017 nach und nach auslaufen, für weitere drei Jahre als Übergangslösung zu verlängern. Das Umweltministerium strebt zwar mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das 2020 das Ökostromgesetz ersetzen soll, eine große Reform der Förderung an. Bis dahin soll es aber die Übergangslösung geben, die laut Ministerium 50 Millionen Euro pro Jahr kostet, also 150 Mio. bis 2021. Die Förderung wird von Stromkunden gezahlt, einkommensschwache Haushalte sollen künftig befreit sein.

Die Kostenbefreiung sieht die SPÖ positiv. Allerdings sei die Novelle zum Ökostromgesetz völlig intransparent. Weder Berechnungen noch Folgenabschätzung lassen sich finden. Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) würde einen „Blankoschek“ in Höhe von 150 Millionen Euro erhalten. Was für die SPÖ fehlt: eine klare Aufteilung für die 134 Biomasseanlagen, die sich aktuell im gesamten Förderregime befinden. Allerdings sieht die Novelle für Biogasanlagen eine Verlängerung der bestehenden Förderung in Höhe von 11,7 Millionen Euro pro Jahr vor. Die Beträge für Biomasseanlagen sollen laut „Wiener Zeitung“ und „Kleiner Zeitung“ per Verordnung festgelegt werden.

SPÖ warnte Betreiber vor Aus

Am Samstag verwies SPÖ-Energiesprecherin Munar Duzdar noch auf eine andere Verordnung aus dem Ministerium, die bisher als Entwurf die Runde macht. Dieser zufolge würden die Nachfolgetarife für die Werke niedriger sein als bisher. Zudem würden künftig nur effiziente Anlagen die festgelegten Nachfolgetarife erhalten. Diese sind laut Verordnung nur dann zu gewähren, „wenn ein Brennstoffnutzungsgrad bzw. ein gesamtenergetischer Nutzungsgrad von mindestens 60% erreicht wird“. Mittels Gutachten ist die Effizienz nachzuweisen.

Nachfolgetarifverordnung

Bei einer Engpassleistung bis zwei MW erhalten Betreiber zehn Cent/kWh, von über zwei MW bis zehn MW neun Cent/kWh und von über zehn MW 8,50 Cent/kWh.

Laut Duzdar würde diese Verordnung das Aus für die Hälfte aller Anlagen bedeuten. Denn rund 50 Prozent der Biomassekraftwerke würden den erforderlichen Wirkungsgrad nicht erreichen. Und die anderen, die ihn erreichen, würden wegen der niedrigeren Tarife ein Drittel weniger bekommen als bisher. Duzdar ortet ein Tauziehen zwischen den Vertretern der Landwirtschaft und der Industrie sowie Wirtschaft, wobei Letztere höhere Tarife fürchten. Übrig bleiben würden am Ende die 47 Anlagebetreiber, denen die Regierung mit der Novelle nicht helfe, sondern „sie hinters Licht führt“, so Duzdar weiter.

Für die ÖVP sind die von der SPÖ vorgebrachten Zahlen nicht nachvollziehbar, wie ÖVP-Energiesprecher Josef Lettenbichler am Samstag mitteilte. Ein Großteil der Anlagen könne mit dieser Effizienzregelung gerettet werden. „Gerade die SPÖ, die immer hohe Effizienzkriterien fordert und damit argumentiert, kritisiert diese jetzt. Das ist absurd“, so Lettenbichler. Die „Panikmache“ bei den Betreibern der Anlagen komme jetzt als „letzter Rundumschlag der SPÖ“. Wichtig sei, dass man Fördertarife überhaupt möglich mache. Dazu brauche es die Zustimmung der SPÖ-Bundesräte, so der ÖVP-Mandatar.

ÖVP: Schlechter Zeitpunkt für „Muskelspiele“

Das wird allerdings etwas schwierig. Denn die SPÖ drohte bereits mit einem Veto im Bundesrat. Auch Inge Posch-Gruska, SPÖ-Fraktionsvorsitzende im Bundesrat, nannte als Hauptkritikpunkte fehlende Transparenz und einen Mangel an Information. Im Gesetz stehe nicht, welche Anlagen und mit welchen Betrag diese gefördert würden, dazu finde sich keine einzige Zahl, stellte Posch-Gruska fest: „Die Betreiber der Anlagen wissen nicht, ob sie überhaupt mit dieser Förderung, die sie bekommen würden, überleben könnten oder nicht.“

Die SPÖ-Fraktionsvorsitzende zeigte sich zudem darüber verärgert, dass der Entwurf per Initiativantrag eingebracht worden sei: Die Regierung habe geglaubt, sie könne dieses Gesetz so durchpeitschen. „Das wird nicht gehen. Wir sind als überzeugte Demokraten ein Arbeiten gewöhnt, wo zuerst begutachtet wird“, sagte sie am Freitag. ÖVP-Energiesprecher Lettenbichler ließ daraufhin wissen: „Es ist der denkbar schlechteste Zeitpunkt, jetzt im Bundesrat die Muskeln spielen zu lassen.“ Er hoffe „auf die Vernunft der SPÖ-Bundesräte“, schließlich gehe es auch um sehr viele Arbeitsplätze.

Könnte Novelle im Bundesrat scheitern?

Interessantes Detail am Rande: Falls die SPÖ am kommenden Donnerstag bei der nächsten Sitzung des Bundesrats gegen die von ÖVP, FPÖ und NEOS beschlossene Novelle stimmt, wäre es das erste Mal, dass der Bundesrat ein Gesetz komplett verhindert. Die SPÖ hält mit 21 mehr als ein Drittel der Sitze in der Länderkammer (insgesamt 61). Aber um die Ökostromnovelle durchzubringen, brauchen die Regierungsparteien auch im Bundesrat, der nach den Ergebnissen der Landtagswahlen zusammengesetzt wird, eine Zweidrittelmehrheit.

SPÖ-Veto gegen Ökostromgesetz

Die SPÖ will im Bundesrat gegen die Novellierung des Ökostromgesetzes stimmen. Damit würde erstmals ein im Nationalrat beschlossenes Gesetz vom Bundesrat verhindert werden.

Aber fix ist freilich noch nichts. Denn wie die „Presse“ (Freitag-Ausgabe) berichtete, werden sogar die zwei Grünen-Bundesräte dem ÖVP-FPÖ-Initativantrag zustimmen. Damit würde es in der Länderkammer 40 zu 61 stehen. Eine Stimme würde dann für die Zweitdrittelmehrheit, die es bei Materien, die Länderinteressen direkt betreffen, braucht, fehlen. Die Grünen wollen die Initiative nicht „leichtfertig“ blockieren, das sei aus „sozialer Sicht“ nicht hinnehmbar. „Wenn ein SPÖ-Bundesrat nicht da ist oder gerade nicht dort sitzt, ist die Sache beschlossen“, wurde der Bundesrat David Stögmüller (Grüne) zitiert.