Carlos Ghosn
AP/Michel Euler
Nissan und Renault

Zwist der Allianzpartner im Fall Ghosn

Die Affäre um den in Japan inhaftierten Automanager Carlos Ghosn hat zwischen Renault und Nissan offenbar größere Unstimmigkeiten ausgelöst. Der französische Autobauer kritisierte einem Zeitungsbericht zufolge das Vorgehen seines japanischen Allianzpartners bei internen Ermittlungen. Renault warf Nissan „Entgleisungen“ vor.

Die Zeitung „Le Journal du Dimanche“ zitierte am Sonntag aus einem Schreiben der Anwälte von Renault, in dem diese „ernsthafte Bedenken über die eingesetzten Methoden“ von Nissan äußerten. „Renault hat genügend Beweise gesammelt, um zu verstehen und zu bedauern, welche Methoden von Nissan und seinen Anwälten eingesetzt wurden, um zu erwirken, dass Beschäftigte von Renault durch die japanische Staatsanwaltschaft befragt werden“, heißt es in dem Brief. Er ist auf den 19. Jänner datiert.

Der ehemalige Renault-Chef Carlos Ghosn war am 19. November überraschend in Japan festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er habe jahrelang ein zu niedriges Einkommen bei Nissan deklariert und persönliche Verluste auf den Autobauer übertragen. Ghosn bestreitet die Vorwürfe.

Keine Absprache mit dem Partner

Der einstige Vorzeigemanager trat im Jänner als Chef von Renault zurück. Zuvor hatten bereits Nissan und Mitsubishi den 64-Jährigen als Vorsitzenden des Verwaltungsrats entmachtet. Die Festnahme von Ghosn hatte Risse zwischen Nissan und Renault gezeigt, die ihr Dreierbündnis mit Mitsubishi Motors eigentlich vertiefen wollen.

Nissan und Renault
Reuters/Christian Hartmann
Ghosn gilt als Architekt der Autoallianz aus Renault, Nissan und Mitsubishi

Laut den Anwälten von Renault habe Nissan in Frankreich nach belastenden Hinweisen gegen Ghosn gesucht, ohne die Franzosen vorher überhaupt zu konsultieren, zitierte die Zeitung weiter aus dem Schreiben. Auch habe Nissan versucht, die Appartements von Ghosn in Brasilien, im Libanon und in den Niederlanden zu durchsuchen, ohne Renault darüber zu informieren.

Rücktritt erst nach Druck der Regierung

Ein Nissan-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Anwälte des japanischen Autobauers hätten auf das Schreiben bereits mehrfach mündlich und schriftlich geantwortet. Der Vorgang spiegle nicht den „derzeitigen Zustand der Gespräche“ wider. Nissan habe sich immer für einen „offenen und direkten Austausch mit seinen Partnern ausgesprochen, um relevante Fakten aufzudecken“.

Der gebürtige Brasilianer Ghosn ist Architekt der Dreierautoallianz. Zunächst hatte Renault an Ghosn als Konzernchef festgehalten. Auf Druck auch seitens der französischen Regierung trat Ghosn schließlich zurück. Der Staat ist bei Renault mit 15 Prozent der Anteile beteiligt und hat ein gehöriges Wort mitzureden.

Pompöse Hochzeit wirft Fragen auf

Renault selbst prüft ebenfalls Vorwürfe gegen den inhaftierten Manager und hatte zuletzt die Justiz eingeschaltet. Ghosn habe nämlich zu seinem „persönlichen Vorteil“ von einem Sponsoring-Vertrag mit dem Schloss Versailles profitiert – es gehe um eine Summe von 50.000 Euro, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Laut der Zeitung „Le Figaro“ hätten Ghosn und seine Frau Carole im Oktober 2016 im Schloss Versailles ihre Hochzeit gefeiert. Die Kosten für den Mietvertrag seien jedoch über den Sponsoring-Vertrag mit Renault abgerechnet worden.

„Die bisher gesammelten Elemente erfordern zusätzliche Prüfungen“, hieß es nun von Renault. Daher habe man entschieden, die Justizbehörden davon in Kenntnis zu setzen. Das Schloss Versailles teilte am Donnerstag mit, dass 2016 mit Renault ein Sponsoring-Vertrag in Höhe von 2,3 Millionen Euro abgeschlossen wurde. Der Vertrag ermöglicht Versailles, eine Reihe von Restaurierungen über Renault zu finanzieren. Im Gegenzug profitiert das Unternehmen von Dienstleistungen.

Nach Angaben von Ghosns Anwalt handelt es sich bei den Vorwürfen rund um die Finanzierung der Hochzeit um ein Missverständnis. „Das große Problem dieser überlasteten Menschen, die die Welt bereisen und sowohl Nissan als auch Renault regieren, besteht darin, dass ihnen die Details ihrer privaten Angelegenheiten entgehen“, sagte Ghosns Anwalt Jean-Yves Le Borgne am Freitag dem Sender Franceinfo. Ghosn sei bereit, die fraglichen 50.000 für die Raumnutzung zurückzuzahlen. Er habe damals keine Rechnung erhalten.