Eine Frau cremt sich das Gesicht ein
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Luxusmarken

Die Wende in der Kosmetikbranche

Die Kosmetikkonzerne haben traditionell den Großteil ihres Geschäfts mit Make-up und anderen Schminkutensilien gemacht. Das galt insbesondere für Luxusmarken. Doch im vergangenen Jahr gab es eine Trendwende.

Erstmals haben Marken wie Estee Lauder und L’Oreal nun mehr Gewinn mit Produkten für die Hautpflege gemacht als mit jenen für Make-up. Und das kräftige Wachstum in diesem Segment wird wohl noch eine Weile weitergehen, berichtete zuletzt das Onlinemagazin Quartz.

Anfang des Monats gab Estee Lauder etwa einen Umsatz im zweiten Geschäftsquartal von mehr als vier Milliarden Dollar (3,6 Mrd. Euro) bekannt. Der Konkurrent L’Oreal übertraf zuletzt die Erwartungen der Analysten und erzielte das beste Umsatzergebnis in mehr als zehn Jahren.

Die stärksten Umsatzbringer

L’Oreal und Estee Lauder sind zwei der sieben weltweit führenden Kosmetikkonzerne. Für beide war die Hautpflegesparte mit Lotions, Feuchtigkeitscremes, Reinigern, Tonern und Masken der größte Umsatzbringer. Estee Lauder verzeichnete bei Hautprodukten im letzten Quartal ein Plus von 16 Prozent. Der steile Anstieg verdankte sich den ausgezeichneten Umsätzen von Marken wie Clinique, La Mer und Estee Lauder. Geschäftsführer Fabrizio Freda bezeichnete die Sparte als „die weltweit am stärksten wachsende Kategorie“.

Auch L’Oreal machte den Großteil seines Umsatzes nach eigenen Angaben mit L’Oreal Luxe (dazu gehören Luxushautpflegeprodukte) und Active Cosmetics. Auch L’Oreal-Chef Jean-Paul Agon betonte, das Jahresergebnis seines Konzerns sei „von der Performance der Hautpflegeprodukte getrieben“. Active Cosmetics habe das höchste Wachstum in mehr als zehn Jahren erzielt.

Make-up entthront

Traditionell hatte stets die Make-up-Sparte die Kosmetikbranche dominiert, insbesondere in den USA. In den vergangenen Jahren hatte Hautpflege aber immer mehr an Bedeutung gewonnen. Das US-Marktforschungsinstitut NPD Group hatte im Herbst festgestellt, dass im Jahresvergleich der Umsatz mit Hautpflegeprodukten um 16 Prozent stieg – jener mit Make-up nur um drei Prozent.

Auch global hat Hautpflege mittlerweile Make-up als Umsatzbringer überholt. Besonders ertragreich sind dabei Anti-Aging-Produkte der Luxuskategorie, wie das Marktforschungsunternehmen Euromonitor ebenfalls im Vorjahr betonte.

Alles dreht sich um gesunden Lebensstil

Und der Plafond ist bei der Hautpflege offenbar noch nicht erreicht. Euromonitor liefert auch eine Erklärung für den Umbruch in der Kosmetikbranche: Für Konsumentinnen und Konsumenten wird ein gesunder Lebensstil immer wichtiger – das zeige nicht zuletzt der Wellnessboom, so Euromonitor. Auch junge Make-up-Marken erweitern daher ihr Angebot. So hat Instagram-Star und Kardashian-Clan-Mitglied Kylie Jenner, die mit ihrer Make-up-Firma im Vorjahr 900 Mio. Dollar umsetzte, bereits im Herbst mehrere Hautpflegepatente angemeldet.

Trotz ständiger Krisengerüchte sind China und insgesamt der südostasiatische Markt weiter auch für die Kosmetikbranche der größte Wachstumsmotor. Estee-Lauder-Chef Freda betonte laut „Wall Street Journal“, dass trotz mancher Konjunkturrisiken die Nachfrage nach „Kosmetikprestigeprodukten“ weiter stark sei. Kosmetikprodukte sind grundsätzlich weniger anfällig für wirtschaftlichen Abschwung. Sie gehören zu den vergleichsweise leistbaren Luxusgütern – und da sie permanent nachgekauft werden, ist der Umsatz weniger gefährdet. Dazu kommt, dass in China die Jungen mehr Geld für Kosmetik ausgeben als ihre Eltern.

Cremes als Psychostütze?

Bestimmend aber ist der seit Jahren anhaltende Bewusstseinswandel, der sich immer stärker im Konsumverhalten durchschlägt: die Pflege der Haut – und dabei des gesamten Körpers – als Teil eines gesunden Lebensstils. Das Magazin „New Yorker“ hatte die Grundlage dafür schon 2017 definiert: Es sei ein wichtiger Teil von Sich-selbst-Umsorgen – und Hautpflege damit zu einem „Bewältigungsmechanismus“ geworden.