Poller vor dem Bundeskanzleramt
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Rechnungshof

Baustopp verteuerte Kanzleramt-Poller

Die politische Debatte rund um die Schutzmauern bzw. Poller für das Bundeskanzleramt war für die Steuerzahler teuer. Insgesamt kosteten die Maßnahmen knapp 800.000 Euro, berichtet der Rechnungshof (RH). Ein Drittel davon, 243.000 Euro, entfiel allein auf den kurzfristigen Baustopp.

Der RH fand in dem gesamten Prozess einiges zu beanstanden, und zwar nicht nur im langwierigen Entscheidungsprozess und in den Planungen des damals von der ÖVP geführten Innenministeriums, sondern auch wegen der letztlichen Umgestaltung. Fazit der Prüfer: „Der RH konnte für die Verhängung des Baustopps durch das Bundeskanzleramt keine wirtschaftlichen oder technischen Gründe feststellen.“

Neben einer Verlängerung der Bauzeit (von 81 auf 136 Kalendertage), die Mehrkosten von 45.000 Euro verursachte, mussten im Zuge der Neuplanung Umbauarbeiten um 41.000 Euro durchgeführt werden. Der verlorene Aufwand an bereits errichteten Schutzmauerteilen belief sich auf 143.000 Euro, hinzu kommen noch einige tausend Euro, weil das Personal der Baufirma nicht planmäßig eingesetzt werden konnte. Die insgesamt 243.000 Euro entsprechen 30 Prozent der Gesamtkosten.

Poller werden vor dem Bundeskanzleramt errichtet
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Der Bau der Sicherheitsmaßnahmen vor dem Bundeskanzleramt startete im Juli 2017 und wurde im Herbst gestoppt

Das Kanzleramt hatte laut RH schließlich die teuerste Variante gewählt, nämlich die Sicherung durch 42 fixe und zwei hydraulische Poller beim Bundeskanzleramt sowie elf fixen und vier hydraulischen bei der Präsidentschaftskanzlei, wodurch die Gesamtkosten bei rund 799.000 Euro lagen.

Mauern geplant, Poller schließlich gebaut

Der ursprüngliche Plan sah vor, dass im Regierungsviertel am Ballhausplatz, konkret vor Kanzleramt und Präsidentschaftskanzlei, fünf 80 cm hohe und jeweils rund acht Meter lange Mauerblöcke für Sicherheit gegen Aufprallangriffe sorgen sollen. Die Gesamtkosten für die Sicherheitsmaßnahmen und Umbauten vor dem Bundeskanzleramt wurden im März 2015 mit 422.612,22 Euro taxiert.

800.000 Euro für Poller

Der Rechnungshof zerpflückt die Anti-Terror-Maßnahmen auf dem Ballhausplatz in Wien. Die dort 2017 aufgestellten Poller kosteten fast 800.000 Euro.

Mitten im Nationalratswahlkampf 2017 machten jedoch Boulevardmedien, allen voran die „Kronen Zeitung“, Stimmung gegen die Pläne. Es kam zu einem veritablen Regierungsstreit zwischen SPÖ und ÖVP über Auftragserteilung und Optik, denn niemand wollte die Verantwortung übernehmen. Schließlich veranlasste das vom damaligen SPÖ-Chef Christian Kern geführte Kanzleramt eine Umgestaltung mit Pollern.

Streit über Verantwortung

Zum Zeitpunkt des Baustopps waren die Fundamente für die Schutzmauern bereits fertiggestellt. „Die zur Zeit der Medienberichte sichtbaren Fundamente waren wesentlich massiver, als die Schutzmauer nach ihrer Fertigstellung an der Oberfläche optisch gewirkt hätte“, heißt es im RH-Bericht. Laut RH gab es noch 2017 Mängel in den Planungen des Innenministeriums, etwa die „mangelnde Schutzwirkung des Anprallschutzes“.

Poller vor dem Bundeskanzleramt
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Die Poller vor Bundeskanzleramt und Präsidentschaftskanzlei sollen Schutz vor Terrorangriffen bieten

Im Vorfeld des Baustopps gab es einige Debatten darüber, wer die Mauer tatsächlich in Auftrag gegeben hatte. Laut RH reichen die Pläne bis zum März 2015 zurück, laut Angaben des Innenministeriums von 2017 sogar bis ins Jahr 2014. Weil über die Verteilung der Kosten laut RH offenbar lange keine Einigung herrschte – sie erfolgte demnach durch das Bundeskanzleramt erst im Juni 2017 – wurde der Baubeginn laut RH verzögert.

RH-Empfehlungen an das Innenministerium

Weniger auszusetzen hatte der RH an den Anti-Terror-Maßnahmen der Stadt Wien. Er nahm die geplanten Maßnahmen zum Schutz vor mehrspurigen Fahrzeugen am Rathausplatz, in der Kärntner Straße und in der Mariahilfer Straße positiv zur Kenntnis, diese seien ehestmöglich nach den ersten derartigen Terrorangriffen in Europa angestrebt worden. Kritisch merkte der RH an, dass teils sicherheitsrelevante Informationen an einen breiten Empfängerkreis verteilt wurden.

Dem Innenministerium und dem Kanzleramt empfahl der RH auch noch, Kooperationsvereinbarungen mit Betreibern kritischer Infrastruktur voranzutreiben sowie bei fehlender Kooperationsbereitschaft auf eine zweckmäßige gesetzliche Regelung hinzuwirken. So verweigerten sechs Unternehmen mit strategischer Bedeutung die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Eine gesetzliche Verpflichtung dazu besteht derzeit eben nicht.

Eine weitere Empfehlung des RH an das Innenministerium lautet, eine Gesetzesvorlage zu erstellen, wonach die verfassungsmäßigen Einrichtungen das BVT bei der Erstellung von Sicherheitskonzepten beiziehen müssen und das BVT diese Konzepte auch regelmäßig evaluieren muss.