Innenminister Herbert Kickl
ORF.at/Roland Winkler
„Sicherungshaft“

Kickl-Vorstoß sorgt für Debatte

Als Reaktion auf die tödliche Messerattacke auf den Sozialamtsleiter in Dornbirn in Vorarlberg möchte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) eine „Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber“ einführen. Dafür braucht er die Zustimmung von SPÖ oder NEOS. Die Opposition hält wenig von Kickls Vorstoß und sieht darin ein „Ablenkungsmanöver“.

Mit großer Skepsis reagierte auch der Verfassungsjurist Heinz Mayer auf den Vorschlag einer vorbeugenden Haft. Diese Maßnahme sei „nicht sinnvoll“, so Mayer im Ö1-Mittagsjournal – Audio dazu in oe1.ORF.at. „Das ist eine äußerst gefährliche Maßnahme, weil sie zu Missbrauch einlädt“, kritisierte Mayer. Außerdem müsse man klären, ab wann eine Person als Gefährder definiert wird und wer das entscheidet.

Mayer: „Das müsste wohl ein Gericht entscheiden, das würde wohl die Menschenrechtskonvention verlangen.“ Zudem wäre es in einem Fall wie in Dornbirn möglich gewesen, Schubhaft zu verhängen. Der Jurist sieht in Kickls Vorstoß eher einen „Versuch, den Fall Dornbirn zum Anlass zu nehmen, eine symbolische Maßnahme zu treffen, um zu zeigen, dass man für die Sicherheit alles zu tun bereit ist“.

ÖVP steht hinter Kickl

Vonseiten der ÖVP kann Kickl auf Unterstützung zählen. ÖVP-Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler, begrüßte den Vorstoß des Innenministers im Ö1-Mittagsjournal und hoffte auf eine Verfassungsmehrheit im Nationalrat. „Der Fall in Vorarlberg hat gezeigt, dass wir keine Möglichkeit gehabt hätten, über den Antragsteller irgendeine Form der Verwahrungshaft zu verhängen.“

Staatssekretärin Karoline Edtstadler
APA/Herbert Pfarrhofer
Edtstadler sieht ebenfalls die Notwendigkeit einer Verfassungsänderung

Es brauche deshalb eine Verfassungsänderung, um diese gesetzliche Lücke zu schließen. Auch der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und der Vorarlberger FPÖ-Chef Christof Bitschi wollen die „Sicherungshaft“ schnellstmöglich im Parlament umgesetzt wissen – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Zweidrittelmehrheit notwendig

Für die Einführung einer „Sicherungshaft“ für Asylwerber müsste im Artikel über den Schutz der persönlichen Freiheit im Bundesverfassungsgesetz eine zusätzliche Ziffer aufgenommen werden. Dadurch sollte eine von der Schubhaft zu unterscheidende „fremdenrechtliche Haft“ wegen der Gefährdung der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung ermöglicht werden, geht laut einem Bericht der APA aus dem Papier des Innenministeriums hervor. Schon beim Asylantrag solle eine „Gefährdungsprognose“ erstellt werden.

Der Innenminister erwartet sich nun einen „Schulterschluss im Parlament“, um die für die Gesetzesänderung notwendige Zweidrittelmehrheit zu bekommen. „Wer die Änderung nicht mitträgt, zeigt klar, dass ihm der Schutz der Bevölkerung vor kriminellen Asylwerbern kein wahrhaftiges Anliegen ist“, so Kickl.

SPÖ sieht „Versagen der Behörde“

Die Opposition erteilt dem Innenminister allerdings eine klare Absage. „Kickl soll als Innenminister endlich seine Arbeit machen“, meinte der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried in einer Aussendung. Klar sei zwar, dass alles getan werden muss, um derartige Vorfälle wie in Vorarlberg zu verhindern.

Der tragische Fall sei aber „ein Versagen der Behörde des Innenministers“, eine Schubhaft wäre auch nach derzeitiger Rechtslage schon möglich und notwendig gewesen. Kickl schöpfe seine bestehenden rechtlichen Möglichkeiten nicht aus, so Leichtfried.

„Nicht mit Schnellschüssen herumpfuschen“

Auch NEOS will „sicher nicht mit Schnellschüssen in der Verfassung herumpfuschen“, so Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. „Anstatt Ablenkungsmanöver zu starten soll der Innenminister prüfen, ob seine Behörden nicht anders hätten handeln müssen oder zumindest können.“ Auch Jetzt verlangt von Kickl, bereits bestehende gesetzliche Möglichkeiten auszuschöpfen. „Bevor die Verfassung geändert werden soll, verlange ich eine umgehende Prüfung und Aufklärung des Falles“, so Abgeordnete Alma Zadic.

Reaktionen auf Kickl-Vorschlag

Der Verfassungsjurist Heinz Mayer nennt den Vorschlag Kickls „gefährlich“. Die Opposition erteilt Kickl eine Absage.

FPÖ-Abgeordneter Walter Rosenkranz widerspricht der Auffassung, dass der Täter von Dornbirn in Schubhaft genommen hätte werden können. Das sei gesetzlich nur möglich, wenn eine Außerlandesbringung verfügt worden wäre, so Rosenkranz. Mit den im September 2018 in Kraft getretenen Änderungen des Fremdenrechts ist eine Schubhaft für Asylwerber und -werberinnen, von denen eine Gefahr für Mitmenschen ausgeht, ermöglicht worden.