Zentrale der Statistik Austria
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Sorge um Unabhängigkeit

Zwist um Statistik Austria geht weiter

Die Ungereimtheiten rund um die Statistik Austria gehen weiter. Am Sonntag bekräftigte die Opposition die Forderung, die Unabhängigkeit der Institution sicherzustellen, indem sie direkt dem Nationalrat unterstellt werden sollte. Das Kanzleramt äußerte sich dazu nicht, jedoch erklärte ÖVP-Klubobmann August Wöginger, er halte nichts vom Vorschlag der Opposition.

Das Kanzleramt betonte am Sonntag, dass weder die Statistik Austria noch deren Kommunikation in das Kanzleramt übergehen soll. Diese Behauptungen der Opposition seien „unwahr“, man verwies in einer schriftlichen Stellungnahme auf am Donnerstag veröffentlichte Arbeitsgruppenunterlagen.

Auf den Inhalt des Oppositionsantrags zur direkten Anbindung der Statistik Austria an den Nationalrat wollte das Kanzleramt nicht eingehen. SPÖ, NEOS und Jetzt unterstützen nämlich Statistik-Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer in seinem Bemühen, die Unabhängigkeit seiner Institution sicherzustellen. Diese Unabhängigkeit sollte verfassungsrechtlich verankert und dem Nationalrat unterstellt werden, so lautet ein Entschließungsantrag.

Statistik-Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer
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Pesendorfer wandte sich mit einem offenen Brief an Kanzler Kurz

ÖVP-Klubobmann gegen Anbindung an den Nationalrat

Wöginger hält nichts von der Anbindung der Statistik Austria an das Parlament. „Es macht keinen Sinn, Verwaltungseinheiten dem Nationalrat zu unterstellen. Es werden auch nicht Gerichte dem Nationalrat unterstellt, um deren Unabhängigkeit zu gewährleisten“, sagte er in einer Aussendung.

In anderen EU-Staaten wie Frankreich oder Spanien seien die nationalen Statistikämter nicht einem Gesetzgebungsorgan, sondern einem obersten Verwaltungsorgan zugeordnet. Obwohl die SPÖ „stets kräftig“ bei Postenbesetzungen mitgemischt habe, habe die Arbeit der Statistik 20 Jahre lang gut funktioniert, merkte Wöginger an.

Opposition wirft Kurz „Message Control“ vor

Pesendorfer hatte seine Forderungen zuvor in einem offenen Brief an Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und den Nationalrat deponiert, nachdem angebliche Umbaupläne der Regierung inklusive Absetzung Pesendorfers kolportiert worden waren. Die Opposition stellt sich nun mit einem gemeinsamen Antrag an Pesendorfers Seite.

„Eine Instrumentalisierung der Statistik Austria für die Message Control von Kanzler Kurz ist inakzeptabel. Das Erheben, Auswerten und Veröffentlichen von Statistiken und Datensätzen muss unabhängig und im Rahmen demokratischer Grundsätze passieren“, sagte der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried, warum man die Forderungen des Statistik-Chefs unterstützt.

Scherak: „Es geht Kurz immer nur um Macht“

Für den stellvertretenden NEOS-Klubchef Niki Scherak wäre es auch „hochproblematisch“, die Statistik Austria an die Kommunikation des Kanzleramts zu binden. „Es geht Kurz immer nur um Macht – und dass alles unter Kontrolle gebracht werden soll“, kritisierte er den Bundeskanzler scharf.

Deshalb wollen Leichtfried, Scherak und Liste-Jetzt-Klubchef Bruno Rossmann auch, dass die Statistik Austria dem Parlament zugeordnet wird. Wie beim Rechnungshof sollte der Präsident dem Nationalrat zur Rechenschaft verpflichtet sein und einmal jährlich ein Jahresprogramm vorlegen. Der Präsident sollte überdies nach Ausschreibung und Hearing mit Zweidrittelmehrheit vom Nationalrat gewählt werden. Außerdem wünscht sich die Opposition einen objektiven und neutralen Statistischen Dienst der Statistik Austria für die Abgeordneten.

Wechsel an Spitze offenbar fix

Der „Standard“ berichtete zuerst diese Woche über eine großangelegte Reformierung der Agentur. Eine Reformgruppe unter Leitung von Dieter Kandlhofer, Generalsekretär im Kanzleramt, solle demnach „das Bundesstatistikgesetz überarbeiten und die Weichen für eine Neuorganisation der Statistik stellen“.

Fix soll dem „Standard“-Bericht zufolge ein Wechsel in der Führungsetage sein. Der Vertrag Pesendorfers soll nach seinem Auslaufen im Jahr 2019 nicht verlängert werden. Pesendorfer war Mitarbeiter im Kabinett von Ex-Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und wurde von diesem 2010 an die Spitze der Agentur bestellt.

Die Agentur wurde bereits 2000 aus der Bundesverwaltung ausgegliedert, die Aufsicht übernimmt seither jedoch das Bundeskanzleramt. Pesendorfer hatte in seiner Amtszeit die Außenkommunikation gestärkt und statistische Daten in einen gesellschaftspolitischen Kontext gestellt.